30 Jahre Partnerschaft auf Augenhöhe - Partnerschaft Ruanda
30 Jahre Partnerschaft auf Augenhöhe - Partnerschaft Ruanda
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Ministerpräsident Kurt Beck<br />
mit dem damaligen Staatsse-<br />
kretär und heute zuständigen<br />
Minister Roger Lewentz (links<br />
im Bild) <strong>auf</strong> einer <strong>Ruanda</strong>reise.<br />
nicht berücksichtige zerstöre den Willen<br />
und die Fähigkeit zur Selbsthilfe. Er forderte<br />
daher Paten- und <strong>Partnerschaft</strong>en zwischen<br />
vielen gesellschaftlichen Akteuren wie Unternehmen,<br />
Gewerkschaften, Gemeinden,<br />
Schulen und Vereinen.<br />
Die <strong>Partnerschaft</strong> Rheinland-Pfalz – <strong>Ruanda</strong><br />
wollte beispielhaft diese Grundsätze in die<br />
Praxis umsetzen. So sollten Projekte grundsätzlich<br />
von den jeweiligen Partnern in eigener<br />
Verantwortung vereinbart und durchgeführt<br />
werden. In Rheinland-Pfalz sollte sich<br />
jede Gruppe, Institution und Organisation<br />
beteiligen können. In der Tat gelang es, eine<br />
Vielzahl von Gruppen und Institutionen für<br />
die <strong>Partnerschaft</strong> zu gewinnen. Es entstanden<br />
<strong>Partnerschaft</strong>en der Gemeinden, von<br />
Pfarreien, Jugendorganisationen, Sozialeinrichtungen<br />
und besonders von Schulen.<br />
Im Prinzip sollte die Initiative für gemeinsame<br />
Vorhaben von den ruandischen Partnern<br />
ausgehen und die Einzelheiten dann zwischen<br />
ihnen und den rheinland-pfälzischen<br />
Partnern vereinbart werden. Für die Verwirklichung<br />
der Vorhaben war der ruandische<br />
Partner verantwortlich, er sollte nennenswerte<br />
Eigenleistungen (Grund und Boden,<br />
vorhandene Einrichtungen, Genehmigungen<br />
durch die Verwaltung und Arbeitsleistung)<br />
erbringen, während die Sachmittel<br />
durch Spenden von rheinland-pfälzischen<br />
Partner <strong>auf</strong>gebracht werden sollten.<br />
Bürgerkrieg und Genozid<br />
Ein großer Rückschlag war der nicht vorhersehbare<br />
ruandische Bürgerkrieg von 1990-<br />
94, der im Genozid endete, die folgende<br />
schwierige Wieder<strong>auf</strong>bauzeit, in der vor allem<br />
die autonome Gemeindestruktur in Frage<br />
gestellt war und wohl auch noch ist. Die<br />
Verwaltungsinstanzen der Partnerregierung<br />
müssen bereit sein, der <strong>Partnerschaft</strong> den<br />
nötigen Freiraum zu lassen. Das war in den<br />
politischen Wirren, die <strong>Ruanda</strong> seit 1990<br />
erschütterten, nicht immer leicht zu erreichen.<br />
Mein Eindruck ist, dass sich in dieser<br />
Hinsicht bis heute nicht viel geändert hat.<br />
Was also hat die <strong>Partnerschaft</strong> bewirkt?<br />
Durch die <strong>Partnerschaft</strong> konnte mit großem<br />
persönlichem und relativ geringem finanziellem<br />
Einsatz die Lebenssituation vieler<br />
Menschen verbessert werden und ihnen<br />
Hoffnung <strong>auf</strong> eine bessere Zukunft vermittelt<br />
werden.<br />
Ein Problem blieb es, vor allem nach 1994,<br />
nicht nur soziale und karitative Vorhaben<br />
zu verfolgen, sondern auch produktive und<br />
strukturverändernde Projekte anzupacken.<br />
Hier konnte die <strong>Partnerschaft</strong> wohl kaum<br />
ihre anfänglichen Zielsetzungen und die in<br />
sie gesetzten Erwartungen erfüllen.<br />
Durch die immer zahlreicher werdenden<br />
persönlichen Begegnungen konnte jedoch<br />
der Gefahr der Entpersönlichung der Zusammenarbeit<br />
begegnet werden. Es ist in<br />
den dreißig <strong>Jahre</strong>n ein dichtes Netz persönlicher<br />
Beziehungen entstanden. In Rheinland<br />
Pfalz hat die <strong>Partnerschaft</strong> zur entwicklungspolitischen<br />
Bewusstseinsbildung<br />
beigetragen. Über sie ist das Verständnis für<br />
die Probleme der Dritten Welt und die Bereitschaft<br />
zu einem positiven Engagement<br />
wesentlich gewachsen. Die <strong>Partnerschaft</strong><br />
hilft, den Graben zwischen den Menschen<br />
in der Dritten Welt, für die die Ruander stellvertretend<br />
stehen, und den Menschen in<br />
Rheinland-Pfalz zu überbrücken.<br />
<strong>Partnerschaft</strong>liche Zusammenarbeit verdient<br />
ihren Namen allerdings nur dann,<br />
wenn beide Partner in ihrer Entscheidung<br />
über die gemeinsam zu realisierenden Projekte<br />
autonom sind. Nur so können sich<br />
auch die positiven Wirkungen der <strong>Partnerschaft</strong>,<br />
nämlich die Weckung der eigenen<br />
Verantwortung und Initiative entfalten. Der<br />
Respekt vor der Eigenverantwortung des<br />
Partners ist die eigentliche Kernfrage dieser<br />
Hilfe, vor allem dann, wenn es sich um<br />
Partner <strong>auf</strong> der primären, untersten Ebene<br />
handelt. Hier steht die <strong>Partnerschaft</strong> auch<br />
nach <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong>n vor einer ständigen Herausforderung.<br />
Es ist in den dreißig<br />
<strong>Jahre</strong>n ein dichtes Netz<br />
persönlicher Beziehungen<br />
entstanden. In<br />
Rheinland Pfalz hat die<br />
<strong>Partnerschaft</strong> zur entwicklungspolitischen<br />
Bewusstseinsbildung<br />
beigetragen.<br />
Zur Person<br />
Prof. Dr. Peter Molt war von 1982 bis<br />
1992 Leiter des Referats Entwicklungszusammenarbeit<br />
im Ministerium<br />
des Innern und für Sport<br />
Rheinland-Pfalz und ist heute auch<br />
Ehrenmitglied des <strong>Partnerschaft</strong>svereins<br />
Rheinland-Pfalz / <strong>Ruanda</strong>.<br />
Er ist seit 1992 Honorarprofessor für<br />
Vergleichende Regierungslehre der<br />
Entwicklungsländer und Entwicklungspolitik<br />
an der Universität Trier.<br />
RUANDA REVUE · 01/2012 11