30 Jahre Partnerschaft auf Augenhöhe - Partnerschaft Ruanda
30 Jahre Partnerschaft auf Augenhöhe - Partnerschaft Ruanda
30 Jahre Partnerschaft auf Augenhöhe - Partnerschaft Ruanda
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Plädoyer<br />
Und sonst so? oder : Stärkung der<br />
zivilgesellschaftlichen Komponente<br />
von Michael Kettel und Saskia Scholten, ejo-connect –<br />
das junge Team der <strong>Partnerschaft</strong> Rheinland-Pfalz / <strong>Ruanda</strong> e.V.<br />
Wir müssen und<br />
sollen nicht Vorbild<br />
sein, aber vielleicht<br />
können wir inspirieren<br />
für eine Zivilgesellschaft<br />
„made by<br />
<strong>Ruanda</strong>“.<br />
Ganztagsschule, Praktika, gute Leistungen in<br />
der Schule – denn ohne sehr guten Numerus<br />
Clausus kann man sich den gewünschten<br />
Bachelor-Studiengang direkt abschminken.<br />
Ach ja, möglichst noch vier Sprachen<br />
sprechen können und schon mit 16 <strong>Jahre</strong>n<br />
wissen, wo man mit 67 in Rente gehen will.<br />
Und sonst? Bleibt ja nicht mehr viel Zeit, Gott<br />
sei Dank gibt es soziale Netzwerke online,<br />
wo wir schnell mal in der Bahn direkt all unseren<br />
Freunden gleichzeitig unser aktuelles<br />
Befinden über die Statusmeldung mitteilen<br />
können. Bloß keine Zeit verschwenden, wo<br />
doch so viel zu tun ist!<br />
Und sonst so?<br />
In diesen Zeilen spiegelt sich das Lebensgefühl<br />
einer Generation wieder, die lernt, dass<br />
nur die individuelle Leistung zählt und dass<br />
rausfliegt, wer die Geschwindigkeit nicht<br />
halten kann. Das führt dazu, dass keine Zeit<br />
bleibt, nach links oder rechts zu schauen.<br />
Was das mit <strong>Partnerschaft</strong> zu tun hat? Könnte<br />
es sein, dass sich diese Entwicklung in unserer<br />
<strong>Partnerschaft</strong> wiederspiegelt? Wir „entwickeln“<br />
im Eiltempo: wir bezuschussen,<br />
bauen, fördern, lassen Wirtschaftskooperationen<br />
entstehen und jetten nach <strong>Ruanda</strong>,<br />
um unsere Erfolge anzusehen.<br />
Und sonst so?<br />
Vereinzelt ein Austausch von Schüler/innen<br />
oder <strong>Partnerschaft</strong>svereinen: Möglichst eine<br />
Begegnung <strong>auf</strong> Augenhöhe eingebettet<br />
in das Eintauchen in unterschiedliche Kulturzusammenhänge.<br />
Dabei eröffnen sich<br />
Möglichkeiten, den eigenen Horizont zu<br />
erweitern, Vorurteile abzubauen, die Grenzen<br />
zu verwischen und Vielfalt bewusst zu<br />
erleben. Darüber hinaus kann (inter-) kulturelle<br />
Bildung Chancengleichheit und eine<br />
Stärkung des Bewusstseins bedeuten. In<br />
Schulnoten oder Projektzahlen sind diese<br />
Erfahrungen sicherlich nicht messbar, wollen<br />
wir deshalb dar<strong>auf</strong> verzichten?<br />
Man kann sich hier natürlich die Frage des<br />
Kosten-Nutzen Verhältnisses stellen: Bringt<br />
ein Austausch einen vergleichbaren Nutzen<br />
wie die Investition in Strukturen (Bau/Renovierung/Erhaltung<br />
von Schulgebäuden)? –<br />
Vorausgesetzt man kann den Nutzen von<br />
Schulbauten messen... Sind Spendengelder<br />
nicht sinnvoller für ein Gebäude mit einem<br />
Schild eingesetzt, das auch den Spender/<br />
innen ein Beweis für die Kraft der einzelnen<br />
Spende ist?<br />
Kosten-Nutzen Verhältnisse brauchen gleiche<br />
Basiswerte. Der Vergleich von strukturfördernden<br />
Projekten mit (inter-) kulturellen<br />
Begegnungen ist schlichtweg unmöglich.<br />
Als würde man versuchen, „Äpfel mit Birnen“,<br />
„Ziegelsteine mit Persönlichkeitsentwicklung“,<br />
„Dachpfannen mit Spaß“ und „Toiletten<br />
mit Freundschaften“ zu vergleichen.<br />
Doch kann nicht gerade die Vielfalt der<br />
partnerschaftlichen Methoden in der Diversität<br />
der <strong>Partnerschaft</strong> verschmelzen?<br />
Und sonst so?<br />
Gerade in einer zivilen <strong>Partnerschaft</strong>, in<br />
der das Engagement der Bürger/innen die<br />
Verbindung mit Leben füllt, gilt es selbst<br />
Gastgeber/in und Gast zu sein. Ruandische<br />
Schüler/innen, die Zukunft des Landes,<br />
könnten beispielsweise in Rheinland-Pfalz<br />
unsere Art der Zivilgesellschaft miterleben.<br />
Wir müssen und sollen nicht Vorbild sein,<br />
aber vielleicht können wir inspirieren für<br />
eine Zivilgesellschaft „made by <strong>Ruanda</strong>“.<br />
Umgekehrt könnte das ruandische Miteinander<br />
anstoßen, unsere Leistungs(druck)<br />
gesellschaft zu re-sozialisieren!<br />
82 RUANDA REVUE · 01/2012