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Erst Jubel, dann Schock: Das Medaillen- drama von Athen - Euroriding

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Foto: Beate Uhlenbrok<br />

Deutschland als Olympiasieger Military<br />

auf der Anzeigetafel<br />

mit lediglich einem Abwurf und zwei Strafpunkten<br />

für Zeitüberschreitung ins Ziel.<br />

Der bis dato führende Franzose Nicolas<br />

Touzaint zeigt Nerven: Vier Abwürfe und<br />

drei Strafpunkte für Zeitüberschreitung<br />

werfen ihn auf Platz neun zurück. <strong>Das</strong> bedeutet<br />

Einzelgold für Bettina Hoy mit<br />

41,60 Fehlerpunkten. Eklat am Rande: Als<br />

sie den Franzosen zum Team-Silber gratulieren<br />

will, verweigern diese ihr den Handschlag.<br />

Die deutsche Nationalhymne bei der Siegerehrung<br />

ist noch nicht verklungen, da<br />

drehen sich hinter den Kulissen schon die<br />

juristischen Räder. Frankreich, Großbritannien<br />

und die USA beschließen, die Siege<br />

vor dem Internationalen Sportgerichtshof<br />

(CAS) anzufechten. Drei Tage dauert<br />

das juristische Tauziehen, <strong>dann</strong> kommt<br />

das Urteil: Kein Gold für Deutschland, die<br />

<strong>Medaillen</strong> sind wieder zurück zu geben!<br />

Die Begründung lautet, dass das FEI-<br />

Schiedsgericht, das den Deutschen die<br />

Goldmedaille zugesprochen hatte, für diese<br />

Frage nicht zuständig gewesen wäre.<br />

Damit erhielt die Entscheidung der<br />

Ground Jury, die Bettina Hoy nachträglich<br />

14 Zeitstrafpunkte im Springen angerechnet<br />

hatte, erneut Gültigkeit. Was bleibt,<br />

ist der bittere Nachgeschmack, dass sich<br />

mit anwaltlicher Hilfe Olympia-<strong>Medaillen</strong><br />

erstritten wurden, die auf sportlichem<br />

Wege nicht zu erzielen waren, und eine<br />

riesige Sympathiewelle für die deutschen<br />

Vielseitigkeitsreiter.<br />

Dressur mit Überraschungen<br />

Zum fünften Mal in Folge gewann die<br />

deutsche Dressurequipe den Mannschaftswettbewerb<br />

bei Olympischen Spielen.<br />

Dennoch bot der Wettbewerb zahlreiche<br />

Überraschungen. Heike Kemmer als erste<br />

Reiterin der deutschen Mannschaft im<br />

Grand Prix bot mit dem elfjährigen Han-<br />

noveraner Wallach Bonaparte einen guten<br />

Olympia-Einstand (71,292 Prozent). Hubertus<br />

Schmidt mit Wansuela Suerte erhielt<br />

<strong>von</strong> den fünf Richtern Dr. Dieter<br />

Schüle (Deutschland), Marietta Whitages<br />

(Belgien), Vincenzo Truppa (Italien), Rooy<br />

Francis van Verbeek (Niederlande) und<br />

Stephan Clarke (Großbritannien) 72,333<br />

Prozent. Speziell mit den Stärken in den<br />

Piaffen und Passagen schraubten Martin<br />

Schaudt und sein erst zehnjähriger Hannoveraner<br />

Weltall ihr Ergebnis auf 73,417<br />

Prozent hoch. Krönender Höhepunkt des<br />

Grand Prix waren Ulla Salzgeber und ihr<br />

16-jähriger Lette Rusty. Für ihre Vorstellung<br />

gab es 78,208 Prozent, das bedeutete<br />

nicht nur den Sieg für die deutsche<br />

Mannschaft, sondern auch eine hervorragende<br />

Ausgangslage für die Einzelwertung,<br />

denn damit rangierte sie mehr als 3,5 Prozentpunkte<br />

vor der Zweitplatzierten<br />

Beatriz Ferrer-Salat (Spanien).<br />

Die ausgezeichneten Ritte <strong>von</strong> Beatrix<br />

Ferrer-Salat sowie Rafael Soto mit Invasor<br />

brachten das spanische Team überraschend<br />

auf den zweiten Platz. <strong>Das</strong> US-<br />

Team, im Vorfeld als Mitfavorit im Kampf<br />

um die Goldmedaille gehandelt, konnte<br />

die Erwartungen nicht ganz erfüllen und<br />

kam auf Platz drei.<br />

Im Grand Prix Special, der zweiten Prüfung<br />

der Einzelwertung, ging manches<br />

schief. Besonders Ulla Salzgeber und Rusty<br />

erwischte es auf dem letzten Vorbereitungsplatz<br />

heftig, als der starke Wind immer<br />

wieder die Vierecksbuchstaben umwarf<br />

und in den Platz hineinwehte. Ein<br />

grober Ungehorsam sowie ein Fehler in<br />

den Einerwechseln ergaben<br />

74,840 Prozent – Platz drei<br />

und nur noch hauchdünne<br />

1,040 Prozent Vorsprung.<br />

Dauerkonkurrentin Anky van<br />

Grunsven stellte ihren erst<br />

zehnjährigen Salinero deutlich<br />

verbessert vor und sicherte<br />

sich die Prüfung mit 77,800<br />

Prozent. Platz zwei ging erneut<br />

an Beatriz Ferrer-Salat<br />

(75,760 Prozent). Übel erwischte<br />

es Martin Schaudt<br />

und Weltall VA. Der allgemein<br />

als nicht einfach zu reiten<br />

bekannte Wallach kam mit<br />

der Atmosphäre des Stadions<br />

überhaupt nicht zurecht und<br />

machte zahlreiche Fehler. Lediglich<br />

der reiterlichen Klas-<br />

se <strong>von</strong> Martin Schaudt war es verdanken,<br />

dass die beiden die Prüfung beenden<br />

konnten (70,600 Prozent). Die Grand Prix-<br />

Kür als letzte Teilprüfung der Einzelwertung<br />

verlief ähnlich (64,950 Prozent), das<br />

bedeutete Platz 15 in der Gesamtwertung.<br />

Ein Lichtblick waren die Vorstellungen <strong>von</strong><br />

Hubertus Schmidt und Wansuela Suerte.<br />

Der 44-jährige fand sich nach Special und<br />

Kür auf einem ausgezeichneten Platz fünf<br />

der Gesamtwertung wieder. Bundestrainer<br />

Holger Schmezer: „Hubertus ist wirklich<br />

über sich selbst hinaus gewachsen. Niemand<br />

hätte das vorher gedacht.“<br />

Rusty zeigte sich in der Kür wieder deutlich<br />

verbessert und erhielt 83,450 Prozent.<br />

Noch besser war jedoch Salinero, der sich<br />

nicht nur stark präsentierte, sondern auch<br />

auf viel Sympathie bei den Richtern stieß.<br />

Mit 85,825 Prozent gewann er – wenn auch<br />

verdient, so doch etwas reichlich großzügig<br />

in Relation zu Rusty bewertet – die Kür<br />

und damit auch Einzel-Gold. Für Rusty,<br />

der bei Europa- und Weltmeisterschaften<br />

sowie Olympischen Spielen mit Ulla Salzgeber<br />

insgesamt zehn Gold-, zwei Silberund<br />

vier Bronzemedaillen gewonnen hat,<br />

dennoch ein würdiger Abschluss seiner<br />

Karriere. Ulla Salzgeber: „Nach den Aufregungen<br />

der letzten 18 Monate hätte ich das<br />

nicht gedacht. Damals wollte ich mit dem<br />

Reiten ganz aufhören. Aber meine Familie<br />

stand hinter mir, und ich bin froh, heute<br />

hier zu sein. Ich habe nicht Gold verloren<br />

sondern Silber gewonnen.“<br />

Würdige Abschlussvorstellung, belohnt mit<br />

Einzelsilber und Mannschaftsgold:<br />

Ulla Salzgeber und Rusty<br />

Foto: Jacques Toffi<br />

EURORIDING 5

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