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EIN FORSCHERTRAUM AUS GLAS - Stoelzle.at

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DIE MUTPROBE<br />

Die Treppe am Fuß des Gemengehauses ist leicht zu finden.<br />

Anna steigt leichtfüßig die Metallstufen der Treppe<br />

hinauf, obwohl sie normalerweise nicht ganz schwindelfrei<br />

ist. Unter ihr dröhnen die Motoren, spucken die<br />

Düsen der Maschinen Feuer, Wellen von heißer Luft<br />

streifen ihr Gesicht. Fest hält sie das Gläschen mit der<br />

Mineralienmischung in der einen und das Fläschchen mit<br />

dem blauen Metallpulver in der anderen Hand. Vorsicht<br />

ist geboten – nichts darf hier zerbrochen werden – sonst<br />

kann sie Florian nicht helfen.<br />

Am Ende der Treppe öffnet Anna leise und vorsichtig die<br />

Glastür zum Überwachungsraum der Fabrik. Viele Bildschirme<br />

leuchten, auf jedem ist ein anderer Bereich der<br />

Glaserzeugung zu sehen.<br />

Anna h<strong>at</strong> Glück, gerade ist kein Mitarbeiter im Raum. So<br />

kann sie ungesehen durch das Zimmer schleichen und<br />

leise bis zur Tür gelangen, hinter der Florian gefangen<br />

gehalten wird. Es braucht viel Kraft, diese Türe zu öffnen<br />

– doch welch ein Schreck, als Anna durch die offene<br />

Türe blickt. Sie sieht auf der gegenüberliegenden Seite<br />

der Fabrikshalle einen großen Raum – ganz aus blauem<br />

Glas. Und in diesem Zimmer aus Glas, wer steht da?<br />

Aber der einzige Weg, um zu Florian zu gelangen, ist eine<br />

lange, schmale Brücke ganz aus Glas, die in schwindelnder<br />

Höhe über die gesamte Länge der Produktionshalle<br />

bis hin zu diesem Raum führt.<br />

Anna zögert, ihr zittern die Knie. Soll sie es wirklich wagen,<br />

diese Brücke zu betreten? So hoch über der gesamten<br />

Produktionsanlage? Soll sie es wagen, in dieser Höhe<br />

über laute, dampfende, zischende, feurige Maschinen zu<br />

gehen? Soll sie, nur gesichert durch eine Pl<strong>at</strong>te aus Glas,<br />

in schwindelnder Höhe über den laufenden Fließbändern<br />

mit vielen Flaschen und Gläsern darauf und über dem<br />

laut polternden Schmelzofen, in welchem die Zut<strong>at</strong>en zu<br />

Glas geschmolzen werden, zu Florian wandern?<br />

Wird die Brücke aus Glas ihr Gewicht aushalten und<br />

sie tragen können? Oder wird die Brücke nach ein paar<br />

Schritten in tausend Scherben zerbrechen?<br />

Wieder sieht Anna, wie Florian ihr aus dem gläsernen<br />

Zimmer zuwinkt. Anna nimmt all ihren Mut zusammen,<br />

winkt zurück, kneift die Augen ein wenig zusammen, um<br />

nicht in die Tiefe sehen zu müssen und setzt vorsichtig<br />

die ersten Schritte auf die Bücke aus Glas.<br />

Florian! T<strong>at</strong>sächlich – in diesem Raum aus Glas hält sich<br />

Florian auf, und auch er h<strong>at</strong> Anna schon erblickt und<br />

winkt ihr heftig zu.<br />

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