Die dunklen Seiten der Schokolade - Fair Trade
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sich zu einem Ende <strong>der</strong> schlimmsten Formen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>arbeit in <strong>der</strong> Kakaoindustrie verpflichteten.<br />
Bis zum 1. Juli 2005 sollte die Industrie gemeinsam mit an<strong>der</strong>en Beteiligten<br />
Standards für eine Zertifizierung entwickeln, die glaubwürdig, allgemein akzeptiert und freiwillig<br />
sein sollte. Darüber hinaus sollte bis zum 1. Juli 2002 eine Stiftung gegründet werden,<br />
mit <strong>der</strong>en Hilfe alle Beteiligten gemeinsam an einer Abschaffung <strong>der</strong> schlimmsten Formen<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>arbeit arbeiten. Alle am Prozess Beteiligten verpflichteten sich ausdrücklich zur<br />
Einhaltung des Geistes des Abkommens sowie <strong>der</strong> gesetzten Fristen. Auffallend ist eine<br />
Leerstelle in dem Abkommen: Nirgendwo wird auf die Frage eingegangen, ob stabile und<br />
höhere Kakaopreise die Lebenssituation <strong>der</strong> Bauern verbessern und die Kin<strong>der</strong>arbeit senken<br />
könnten. Dennoch trugen die meisten Nichtregierungsorganisationen das Abkommen mit.<br />
Sie hofften auf eine grundlegende Reform des Kakaomarktes (Off 2006: 139-155; Text des<br />
Abkommens siehe: Payson Center 2008: 116-124).<br />
<strong>Die</strong>s war <strong>der</strong> Startschuss für die nun folgenden Versuche, die Situation <strong>der</strong> Beschäftigten in<br />
den Anbaulän<strong>der</strong>n zu verbessern (IPEC 2005: 1).<br />
6.2 Erste Studien belegen Missstände<br />
Als eines <strong>der</strong> ersten Ergebnisse wurde noch im Jahr 2002 eine Studie über die Situation in<br />
Kamerun, <strong>der</strong> Elfenbeinküste, Ghana und Nigeria veröffentlicht. <strong>Die</strong> Konzeption <strong>der</strong> Studie<br />
wurde scharf kritisiert. Ein Vorwurf lautete, die Konzentration auf eine Befragung <strong>der</strong> Bauern<br />
habe bestimmte Antworten vorprogrammiert: Ehrliche Aussagen über das Ausmaß <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>arbeit<br />
und hier insbeson<strong>der</strong>e über die illegale Beschäftigung von Kin<strong>der</strong>sklaven sind bei<br />
einer Befragung <strong>der</strong> Verantwortlichen nicht zu erwarten. Erkundungen an den Grenzen über<br />
Hinweise auf Kin<strong>der</strong>handel wurden dagegen nicht durchgeführt. Auffallend ist auch, dass<br />
lediglich Zusammenfassungen <strong>der</strong> Studie veröffentlicht wurden, nicht die gesamten Daten.<br />
Dennoch leitete die Kakaoindustrie aus den Ergebnissen <strong>der</strong> Studie in ihrer Öffentlichkeitsarbeit<br />
die Aussage ab, es gebe keine Hinweise auf eine weit verbreitete Beschäftigung von<br />
Kin<strong>der</strong>sklaven. Darüber hinaus bewege sich die Kin<strong>der</strong>arbeit, so die Industrie, laut Studie im<br />
Rahmen dessen, was in Westafrika üblich sei (Off 2006: 151-156).<br />
Trotz <strong>der</strong> methodischen Probleme weist die Studie erhebliche Missstände nach. Sie kam zu<br />
dem Ergebnis, dass in den untersuchten Staaten 850.000 Kin<strong>der</strong> auf Kakaoplantagen arbeiteten,<br />
davon allein 605.000 in <strong>der</strong> Elfenbeinküste. Von diesen Kin<strong>der</strong>n erledigte ein großer<br />
Teil auch gefährlich Arbeiten. Mit <strong>der</strong> Machete arbeiteten beispielsweise 284.000 Kin<strong>der</strong>,<br />
davon 200.000 in <strong>der</strong> Elfenbeinküste. Mehr als 150.000 Kin<strong>der</strong> waren an <strong>der</strong> Ausbringung<br />
von Pestiziden beteiligt (IITA 2002: 4; IITA 2002a: 16).<br />
Der größte Teil <strong>der</strong> im Kakaoanbau arbeitenden Kin<strong>der</strong> wurde innerhalb <strong>der</strong> eigenen Familie<br />
beschäftigt. <strong>Die</strong> Studie belegt, dass <strong>der</strong>en Zahl kurz zuvor sogar noch gestiegen war. Fallende<br />
Kakaopreise hatten dazu geführt, dass die Bauern verstärkt auf Arbeitskräfte aus <strong>der</strong><br />
eigenen Familie und dabei häufig auf Kin<strong>der</strong> zurückgreifen mussten (IITA 2002a: 17).<br />
Ein Teil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> stammte nicht aus den Familien <strong>der</strong> Bauern, son<strong>der</strong>n wurde gegen Lohn<br />
beschäftigt. In <strong>der</strong> Elfenbeinküste arbeiteten 12.000 Kin<strong>der</strong>, die nicht aus <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong><br />
Bauern kamen. Sie erhielten ein Jahresgehalt von durchschnittlich umgerechnet 80 US-Dollar,<br />
erwachsene Beschäftigte erhielten 135 US-Dollar. In Nigeria zahlte man den Kin<strong>der</strong>n 115<br />
US-Dollar, den Erwachsenen 205 US-Dollar. <strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> Arbeitsstunden <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> unterschied<br />
sich nicht wesentlich von den Erwachsenen: In <strong>der</strong> Regel wurde sechs Tage die Woche<br />
gearbeitet. Neben dem Lohn stellten die Arbeitgeber Unterkunft und Verpflegung. Von<br />
diesen Kin<strong>der</strong>n gingen nur 36 % zur Schule (IITA 2002a: 14-15).<br />
6.3 Stocken<strong>der</strong> Prozess<br />
Das Harkin-Engel-Protokoll weckte bei vielen Menschen die Hoffnung, dass sich die Zustände<br />
im Kakaoanbau bald än<strong>der</strong>n würden. Doch die Umsetzung <strong>der</strong> Abmachungen verzögerte<br />
sich immer weiter. Im Jahr 2005 erhielten die Unternehmen einen Aufschub bis 2008.<br />
Im Jahr 2008 wurde ein weiterer Aufschub bis 2011 vereinbart. <strong>Die</strong> Presseerklärungen von<br />
Senator Harkin belegen, wie gering die Fortschritte sind (siehe http://harkin.senate.org).<br />
SÜDWIND - <strong>Die</strong> <strong>dunklen</strong> <strong>Seiten</strong> <strong>der</strong> <strong>Schokolade</strong> 21