Die dunklen Seiten der Schokolade - Fair Trade
Die dunklen Seiten der Schokolade - Fair Trade
Die dunklen Seiten der Schokolade - Fair Trade
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
die 2009 auf den Markt kommen sollen (2010: 26.000 Tonnen) sowie die 10.000 Tonnen<br />
(2010: 13.000), die <strong>Fair</strong>trade absetzen will (TCC 2009: 15-16).<br />
Eine Analyse <strong>der</strong> Kriterien <strong>der</strong> Rainforest Alliance und von Utz Certified kommt allerdings zu<br />
dem Ergebnis, dass <strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ungen wesentlich geringer sind als beim <strong>Fair</strong>en Handel<br />
(Paulsen 2008). <strong>Die</strong> EU-Kommission unterscheidet daher in einer Mitteilung ausdrücklich<br />
zwischen „<strong>Fair</strong>er Handel im eigentlichen Sinn“ und „an<strong>der</strong>e zertifizierte Nischenprodukte“, die<br />
„für nachhaltigkeitsbewusste Verbraucher bestimmt sind“ (EU 2009: 5).<br />
Vor allem fehlen bei <strong>der</strong> Rainforest Alliance und Utz Certified garantierte Mindestpreise und<br />
soziale Zusatzleistungen für die Produzenten. Abzuwarten bleibt auch, wer die Zertifizierung<br />
von Bauern bezahlt: Bei <strong>der</strong> Rainforest Alliance müssen in <strong>der</strong> Regel die Bauern selbst die<br />
Kosten tragen.<br />
8.7 Was bleibt zu tun?<br />
<strong>Die</strong> Industrie<br />
<strong>Die</strong> Kakao verarbeitende Industrie hat in <strong>der</strong> Vergangenheit meist erst dann auf Kritik reagiert,<br />
wenn gravierende Probleme medienwirksam öffentlich wurden. Der <strong>der</strong>zeit laufende<br />
Prozess zeigt dies: Erst wurden die Berichte über äußerst schlechte Arbeitsbedingungen in<br />
Westafrika ignoriert, dann dementiert und schließlich gelang es, durch immer neue Studien<br />
und Verhandlungsrunden die Umsetzung von Lösungsvorschlägen über Jahre hinauszuzögern.<br />
Zudem ist es <strong>der</strong> Industrie gelungen, die Debatte weitgehend auf die Problematik <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>arbeit<br />
und hier wie<strong>der</strong>um auf die Frage, ob es Sklavenarbeit in größerem Umfang gibt, zu<br />
beschränken. Acht Jahre nach dem Harkin-Engel-Protokoll ist immer noch wenig über die<br />
Lebenssituation <strong>der</strong> Erwachsenen auf den Kakaoplantagen bekannt, und die Recherchen<br />
beschränken sich auf ganz wenige Staaten.<br />
Zwar kündigte die Industrie an, man werde die Probleme lösen. <strong>Die</strong> ursprünglich vereinbarten<br />
Ziele wurden jedoch mehr und mehr verwässert. <strong>Die</strong> Unternehmen versuchen darüber<br />
hinaus auch hier, die Debatte auf Bekämpfung <strong>der</strong> schlimmsten Formen von Kin<strong>der</strong>arbeit<br />
und Erzielung höherer Ernteerträge zu beschränken.<br />
Das International Labor Rights Forum for<strong>der</strong>t von den Unternehmen, in ihrer Produktionskette<br />
den Hippokratischen Eid anzuwenden und sich zu verpflichten, zumindest keinen<br />
Schaden anzurichten. Sicherlich ist dies in einigen Staaten nicht immer einfach, etwa aufgrund<br />
<strong>der</strong> politischen Situation in <strong>der</strong> Elfenbeinküste. Gerade die Elfenbeinküste zeigt allerdings<br />
auch, wie politisch verheerend für das Erzeugerland die jahrzehntelange Politik <strong>der</strong><br />
Kakaounternehmen war, Kaufentscheidungen ausschließlich am Preis zu orientieren.<br />
<strong>Die</strong> erfolgreiche Praxis des <strong>Fair</strong>en Handels sowie die Bemühungen von Cadbury und einigen<br />
kleinen Herstellern belegen, dass es Alternativen gibt. Von den rund um Aachen angesiedelten<br />
Unternehmen ist daher zu for<strong>der</strong>n, diese Alternativen aufzugreifen – und Gel<strong>der</strong> für<br />
die dazu notwendigen Investitionen bereitzustellen.<br />
<strong>Die</strong> finanziellen Mittel dafür wären da. Angesichts <strong>der</strong> Werbeausgaben allein <strong>der</strong> sechs führenden<br />
<strong>Schokolade</strong>nhersteller in Höhe von jährlich 8,6 Mrd. US-Dollar gibt es Spielräume:<br />
Gemessen an den Ausgaben <strong>der</strong> bisher laufenden kleineren Projekte könnten mit einem<br />
Prozent <strong>der</strong> Werbeausgaben die Mittel zur Verfügung stehen, um binnen eines Jahres die<br />
Hälfte <strong>der</strong> Kakaoanbauer in <strong>der</strong> Elfenbeinküste mit Projekten zu erreichen (TCC 2008: 12-<br />
13).<br />
Der Anstieg <strong>der</strong> Preise für Rohkakao hat zudem nur geringen Einfluss auf den Preis <strong>der</strong> Produkte<br />
im Supermarkt: Der Anteil <strong>der</strong> Kosten für den Rohkakao am Verkaufspreis von <strong>Schokolade</strong><br />
lag in Großbritannien im Jahr 2006 lediglich bei 4 % (IDS/University of Ghana 2008:<br />
10).<br />
Ziel <strong>der</strong> Bemühungen müsste über die reine Steigerung des Preises für Rohkakao eine För<strong>der</strong>ung<br />
des Ausbaus <strong>der</strong> Weiterverarbeitung durch lokale Unternehmen in den Anbaulän<strong>der</strong>n<br />
sein. Nur so wird die Wertschöpfung entlang <strong>der</strong> Produktionskette den Erzeugerlän<strong>der</strong>n höher<br />
werden.<br />
SÜDWIND - <strong>Die</strong> <strong>dunklen</strong> <strong>Seiten</strong> <strong>der</strong> <strong>Schokolade</strong> 45