Januar
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er sich die vorsichtige Bemerkung<br />
nicht verkneifen, um seine üppige<br />
Personalausstattung könne er beneidet<br />
werden. Beschwingt von Coffein<br />
und Zynismus schließt er dabei, wie<br />
wohl auch beim THW eine Arbeit<br />
mit Bedeutung und Schwierigkeiten<br />
hochgepumpt werde, je mehr Leute<br />
da sind, die darauf Zeit verwenden<br />
können. Wenn er so daran denke,<br />
wie wenig Mühe er doch dem Landesverband<br />
mache! Ganze 10 Groschen<br />
betrügen seine Portoausgaben<br />
für den Ortsverband im Monat!<br />
Hier liegt sein Irrtum. Er darf nicht<br />
von dem Rinnsälchen, das er auf das<br />
große Rad lenkt, darauf schließen,<br />
wie rasch es sich zu drehen und wie<br />
laut die Mühle zu klappern hat.<br />
... nicht mit Paragraphen<br />
auszuüben<br />
Er ist nicht der einzige unter den<br />
Ortsbeauftragten, der so denkt. Sie<br />
halten die Daten-Sammelwut des<br />
Landesbeauftragten für einen Spleen.<br />
Sammler sind alle spleenig. Und Formularsammeln<br />
ist die Art von Besessenheit,<br />
der Behörden und ähnliche<br />
Gebilde huldigen. Der Landesbeauftragte<br />
hat sich angeglichen. Er<br />
ist, seiner Meinung nach, Behördenfortsatz<br />
der vorgeordneten Instanzen<br />
in Godesberg und Bonn. Er irrt!<br />
Das THW sei eine Fl'eiwilligen-Organisation;<br />
die Ortsverbände seien<br />
die Schwerpunkte des Wirkens.<br />
Nach ihrem Rhythmus, ihrem Spielraum<br />
habe sich der VerwaltunJgsüberbau<br />
mit seinen Wünschen zu<br />
richten. Termine Z'\1 stellen, ,gehört<br />
zu den bürokratischen Verfahrensweisen.<br />
Termine warten, Termine<br />
lauern; ein Ortsbeauftragter ließe<br />
sich nicht belauern. Ehl'enamtliche<br />
Arbeit basiere auf Vertrauen. So sei<br />
er, der Ortsbeauftragte, nicht Schuldner,<br />
sondern Gläubiger des Landesbeauftragten,<br />
von dem er Vertrauen<br />
verlange.<br />
Aber der sieht ihn als seinen Schuldner<br />
an. Doch auch Schuldner haben<br />
Macht. Der Landesbeauftragte muß<br />
bitten. Höfliche Mahnschreiben gehen<br />
,an die Ortsbeauftr,agten hinaus,<br />
sie sind vervielfältigt; also denken<br />
die Empfänger, gibt es noch mehr<br />
vernünftige Leute. Auch die zweiten<br />
Mahnungen bleiben unbeantwortet.<br />
Beim Landesbeauftragten geraten<br />
zuviel Dubiosa in die Gesamtübersichten.<br />
Das kann er nicht hinnehmen.<br />
Er setzt eine Dienstreise an und<br />
sucht die unsicheren Kantonisten<br />
auf. Auf seine höflichen Vorhaltungen<br />
schwenken sie wie einen Schutzbrief<br />
das Wort vom ehrenamtlichen<br />
Dienst; ihre Bestallung betrachten<br />
sie als Lizenz für eine beliebige Gestaltung<br />
der Aufgabe, und an deren<br />
äußerstem Ende rangieren Terminvollzüge;<br />
ob er, der Landesbeauftragte,<br />
wirklich ahne, wird er gefragt,<br />
welche Arbeit ein ehrenamtlicher OB<br />
mit ehrenamtlichen Helfern zu leisten<br />
habe. Er versichert es, er verspricht<br />
Besserung.<br />
übrigens, die Beunruhigung war überflüssig.<br />
Im Ortsverband ist alles, wenn<br />
nicht gerade in bester Ordnung, aber<br />
doch in Ordnung; die Kasse stimmt, die<br />
Ausbildung läuft, der Ortsverband<br />
genießt Ansehen. Es war wirklich<br />
nichts als das Mißvergnügen am<br />
überwachtwerden, was den Ortsbeauftragten<br />
zum Schweigen veranlaßt<br />
hatte. Im Winkel seines Herzens<br />
wußte er wohl, daß, was er tat, nicht<br />
unanfechtbar war, wichtiger aber<br />
war für ihn, daß er unangefochten<br />
blieb.<br />
Nicht immer beendet der Landesbeauftragte<br />
seine Reise mit einem<br />
Seufzer halber Erleichterung. Gelegentlich<br />
beneidet er die seiner landesfürstlichen<br />
Verwandten aus den<br />
mächtigen Geschlechtern echter Behördenhierarchien.<br />
Sie verfügen,<br />
man gehorcht. Termine werden beachtet.<br />
Meldungen, in allen Rubriken<br />
ausgefüllt, können durchgearbeitet<br />
werden, neue Zahlen werden<br />
übertragen, Kolonnen abgehakt.<br />
Ordnung durchwaltet wieder alles,<br />
auf dem Papier.<br />
Warum muß das den Landesbeauftragten<br />
mit Mißgunst erfüllen? Vertrauen<br />
zu haben, ist doch die bessere<br />
Sache. Wie gern ließe er sich so erziehen,<br />
träfe er nur nicht auch auf<br />
die Fälle, wo die vergessenen Meldungen<br />
eine böse Wirklichkeit verdecken.<br />
Die Ausbildung lahmt, Gerät<br />
und Kleidung liegen zum Teil<br />
noch vernagelt und in Kisten und<br />
Kartons. Fast nie liegt es an Gleichgültigkeit<br />
oder vorsätzlicher Säumigkeit.<br />
Kann er etwas gegen so stichhaltige<br />
Gründe einwenden: Der OB<br />
fiel fünf Wochen wegen Erkrankung<br />
aus oder der Ausbi1dungsleiter<br />
ist verzogen oder das Werk, der<br />
Hauptarbeitgeber der Stadt, hat die<br />
Arbeit auf Drei-Schichten-Betrieb<br />
umgestellt.<br />
Dieses ständige Auf-dem-Quivive<br />
Bleiben verlangt dem Landesbeauftragten<br />
und seinem Stab ein gut<br />
Teil ihrer Energien ab. Es ist Wartung<br />
der Maschinerie, Beseitigung<br />
von Getriebeschäden, die dort auftreten<br />
können, wo haupt- und ehrenamtliche<br />
Arbeit und Arbeitserwartungen<br />
nicht glatt verzahnt aufeinandertreffen.<br />
Hätte nicht die Gruppe der korrekten,<br />
der strebsamen und ehrgeizigen<br />
Ortsbeauftragten es verdient, vor<br />
den anderen gezeichnet zu werden?<br />
'Ach, auch ihr Verhältnis zu ihm ist<br />
kein ungetrübtes Glück für den Landesbeauftragten.<br />
Sie leisten, und sie<br />
fordern Gegenleistung. Sie wollen<br />
mehr Kleidung, mehr Gerät, besseres<br />
Gerät, Fahrzeuge. Ihre Forderungen<br />
sind maßvoll und begründet.<br />
Ihre Verbände haben guten Zulauf,<br />
Ausbildungskräfte sind auf Zuwachs<br />
vOrwleggeschult. Alles ist mit Bedacht<br />
geplant, alle Selbsthilfequellen<br />
am Ort angezapft. Jetzt muß der<br />
Landesbeauftragte helfen!<br />
Kaum je kann er es dann mit vollen<br />
Händen tun. Hier wird er zum echten<br />
Schuldner. Ihm stehen in iliesen<br />
Ortsbeauftragten und ihren Helfern<br />
Gläubige und Gläubiger gegenüber.<br />
Enttäuscht er sie, verliert er sein Gesicht.<br />
Das könnte er hinnehmen, aber<br />
die Sache nimmt Schaden. Von<br />
"oben" ist keine Hilfe zu erwarten.<br />
Dort lagern ,so wenig wIe beim ihm<br />
selbst Notreserven. Er jongliert, indem<br />
er Bestände aus anderen Ortsverbänden<br />
zusammenkratzt. Er bettelt<br />
sich selbst an, er steckt si