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Dr. Hans Georg Wollen,haupt<br />

Ziviler Bevölkerungsschutz in Dänemark<br />

Mehr als je zuvor ist in den letzten<br />

Wochen der Bevölkerung Westdeutschlands<br />

durch Aufklärungsschriften<br />

des Bundesinnenministeriums<br />

und des Bundesamtes für zivilen<br />

Bevölkerungsschutz, durch<br />

Veranstaltungen des Bundesluftschutzverbandes,<br />

der Katastrophenschutzorganisationen<br />

und des Luftschutzhilfsdienstes<br />

(LSHD) bewußt<br />

geworden, daß für die Verteidigung<br />

der Freiheit militärische Stärke allein<br />

nicht genügt.<br />

Wenn man in den kommenden Monaten<br />

und Jahren auch in der Bundesrepublik<br />

den zivilen Bevölkerungsschutz<br />

intensiv aufbauen will,<br />

dürfte es sehr nützlich sein, einen<br />

Blick über die Grenzen hinweg zu<br />

tun, um bei Nachbarländern, die<br />

schon über eine größere Nachkriegserfahrung<br />

verfügen, Anregungen<br />

für die eigene Arbeit zu erhalten<br />

und Erfahrungen auszutauschen.<br />

Eben diesem Zweck diente eine Besichtigung<br />

von Einrichtungen und<br />

Einheiten der dänischen Zivilverteidigung<br />

(Civilforsvars, abgekürzt CF),<br />

die Angehörige des Landesaufstellungsstabes<br />

Hamburg des LSHD<br />

kürzlich unternahmen. Auf Vorschlag<br />

des Leiters des Zivilverteidigungskorps<br />

im dänischen Innenministerium,<br />

Korpschef Harald Möller, besuchten<br />

sie die Technische Zivilverteidigungsschule<br />

in Tinglev und die<br />

Unterkunft von zwei Sektionen der<br />

CF-Kolonne in Hadersleben.<br />

OrganisQtion und Gliederung<br />

Das erste Nachkriegsgesetz über den<br />

CF-Aufbau erging am 1. April 1949.<br />

Unter dem jeweils amtierenden Innenminister<br />

steht eine Zivilverteidigungsleitung<br />

mit einem Direktor an<br />

der Spitze. Die weitere Gliederung<br />

zeigt auf der ,einen Seite die lokale<br />

Zivilverteidigung mit ihren verschiedenen<br />

Diensten, jeweils geführt<br />

von dem Stadt- oder Gemeinderat;<br />

auf der anderen Seite das staatliche<br />

(überörtliche), motorisierte Zivilverteidigungskorps.<br />

Hierzu einige Anmerkungen: Das<br />

Personal für die lokale Zivilverteidigung<br />

wurde bisher aus Freiwilligen<br />

geworben. Genau wie in anderen<br />

Ländern ist dies aber auch in<br />

Dänemark nicht der Weg, um genügend<br />

Mannschaften zu bekommen.<br />

Man wird deshalb auch für die örtlichen<br />

Dienste Kräfte durch Heranziehung<br />

gewinnen; die gesetzlichen<br />

Voraussetzungen sind dafür bereits<br />

vorhanden: Männer und Frauen sind<br />

vom 16. bis zum 65. Lebensjahr zivilverteidigungspflichtig,<br />

soweit sie<br />

nicht bereits innerhalb des Militärs<br />

engagiert oder durch andere Verteidigungsaufgaben<br />

schon gebunden sind.<br />

Für das staatliche Zivilverteidigungskorps<br />

(in etwa vergleichbar unseren<br />

überörtlichen motorisierten Bereitschaften)<br />

sind die Voraussetzungen<br />

ungleich besser als in der Bundesrepublik.<br />

Es handelt sich - obwohl unter<br />

dem Innenminister stehend -<br />

praktisch um den 4. Wehrmachtsteil.<br />

Die Mannschaften für die "Kolonnen"<br />

werden aus den Wehrpflichtigen<br />

gestellt; der größere Teil der<br />

vom Wehrpflichtgesetz Erfaßten geht<br />

zum Militär, der kleinere Teil in die<br />

CF-Kolonnen. Sie dienen dort als<br />

Mannschaften 12 Monate, als Führungskräfte<br />

(dänisch "Befehlshaber")<br />

18 bis 24 Monate.<br />

Die Mannschaften werden nach vier<br />

Jahren noch einmal zu einer dreiwöchigen<br />

übung einberufen; zwischendurch<br />

finden sie sich einmal<br />

jährlich in den "Mobilmachungszentren"<br />

zu einer Sichtversammlung<br />

mit Kurzübung zusammen. Bemerkenswert<br />

erscheint, daß für diesen<br />

Tag auch die in Friedenszeiten schon<br />

mit Beorderungsbescheid bestellten<br />

Zivilfahrzeuge ernstfallmäßig zusammengezogen<br />

werden. Der eigene<br />

Fahrzeugpark des CF-Korps beträgt<br />

z. Z. etwa 1000 Fahrzeuge (meist<br />

Mercedes-Typen).<br />

Da die jährlichen - eintägigen -<br />

übungen wie mobmäßige Einberufungen<br />

ablaufen, ist die Beförderung<br />

auf allen öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

für die Angehörigen des CF­<br />

Korps kostenlos. Bei den lokalen,<br />

bisher noch freiwilligen Hilfsdiensten<br />

finden ähnliche überprüfungen<br />

der Einsatzbereitschaft statt.<br />

Das staatliche Zivilverteidigungskorps<br />

ist kaserniert. Es gliedert sich<br />

bis jetzt in drei Brigaden, die acht<br />

normale Kolonnen mit je 1034 Wehrpflichtigen<br />

und CF-Offizieren sowie<br />

drei kleinere Kolonnen umfassen.<br />

Der Korpschef legt Wert auf die<br />

Feststellung, daß es sich bei dem<br />

Korps um eine "völlig humanitäre<br />

Einrichtung" handele, die nicht zur<br />

Lösung militärischer Aufgaben in<br />

Frage komme.<br />

Anders als der LSHD in der Bundesrepublik<br />

sind Teile der CF-Kolonnen<br />

auch in Friedenszeiten für den<br />

Katastrophenschutz ständig einsatzbereit.<br />

Die vielfachen bisherigen Hilfeleistungen<br />

haben bei dem dänischen<br />

"LSHD" zu einem ausgesprochen<br />

guten Verhältnis zur Zivilbevölkerung<br />

geführt. Diese steht auch<br />

aus diesem Grunde dem Gedanken<br />

des zivilen Bevölkerungsschutzes<br />

sehr viel aufgeschlossener gegenüber<br />

als bislang die Bevölkerung der Bundesrepublik.<br />

Die für die Ausbildung von Unteroffiziers-<br />

und Offiziersdienstgraden<br />

des CF-Korps notwendigen Schulen<br />

sind vorhanden. Eine von diesen ist<br />

die eingangs erwähnte<br />

Technische Schure für<br />

Zivilverteidigung in Tinglev<br />

Von 1950 bis 1957 war die Schule<br />

Ausbildungsstätte für das CF-Korps.<br />

Jährlich wurden 100 Mann ausgebildet.<br />

Von 1957 bis Herbst 1961 haben<br />

1000 Mann die Schule durchlaufen.<br />

Nach Vollendung des Ausbaues<br />

im Jahre 1961 sieht der Lehrplan<br />

die Ausbildung von Mannschaftsführern<br />

für den Feuerlöschdienst<br />

und den Rettungsdienst sowie<br />

für Instrukteure der lokalen Zivilverteidigung<br />

vor. Die Wehrpflichtigen,<br />

deren Ausbildung hier zwei Monate<br />

dauert, sind in acht 6-Bett-Zimmern<br />

untergebracht; die jeweils 30<br />

Instrukteure - meist Angestellte der<br />

Gemeinden - wohnen während ihrer<br />

vierwöchigen Ausbildung in Einzelzimmern,<br />

die in ihrer Ausstattung<br />

Hotelzimmern vergleichbar sind.<br />

Diese Einzelheiten werden erwähnt,<br />

weil die Unterbringung - ähnlich wie<br />

die der CF-Kolonne in Hadersleben<br />

- in ihrem zivilen Gepräge Anregungen<br />

geben könnte für evtl. spätere<br />

Vorhaben ähnlicher Art in der<br />

Bundesrepublik.<br />

Besonders erwähnenswert ist die<br />

Tatsache, daß das Durchschnittsalter<br />

der Instrukteure ca. 30 Jahre ist, in<br />

Einzelfällen aber keineswegs über 50<br />

(vgl. dagegen die Bundesrepublik,<br />

wo im ZB arbeitende Führungskräfte<br />

durchweg wesentlich älter sind).<br />

Die Besichtigung der technischen Zivilverteidigungsschule<br />

wurde ergänzt<br />

durch einen Besuch der<br />

CF-Kolonne Hadersleben<br />

Zwei Sektionen dieser Kolonne sind<br />

in einstöckigen, höchst modernen<br />

Bauten untergebracht, die in ihrer<br />

ganzen Anlage (Grünflächen, Aufenthaltsräume<br />

mit Glasfront, Bibliothek,<br />

Sesselstühle, Einzeltische usw.)<br />

in keiner Weise an die herkömmliche<br />

Kaserne erinnern. Werkstattgebäude<br />

und Fahrzeughallen sind in<br />

der auch hier bekannten Art gestaltet.<br />

Beachtlich sind die mustergültigen<br />

Kammerräume mit Wasch-,<br />

Trocken- und Bügeleinrichtungen.<br />

An den Gebäudekomplex, der von<br />

dem Turm einer festen Funkstation<br />

überragt wird, schließt sich ein ausgedehntes<br />

übungsgelände an.<br />

Der bleibende Eindruck besteht<br />

darin, daß es in Dänemark zumindest<br />

in der CF-Kolonne Hadersleben<br />

gelungen ist, Wehrpflichtige mit<br />

der auch im CF-Korps notwendigen<br />

Zucht und straffen Ausbildung in<br />

eine zivile Umgebung hineinzustellen,<br />

die auch für einen evtl. einmal<br />

längerdienenden LSHD in der Bundesrepublik<br />

~orbildlich sein könnte.<br />

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