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P.T. MAGAZIN 01/2012

Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

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Pflanzen, Algen, viele Bakterien<br />

(Autotrophe)<br />

Wolken schwefeln, Meere düngen.<br />

Der Plan B der Klimaretter<br />

Wirtschaft<br />

Sauerstoff<br />

Tiere, Pilze,<br />

viele Bakterien<br />

(Heterotrophe)<br />

Organische<br />

Verbindungen<br />

Diese Ideen hätten Umweltschützern<br />

früher die Haare zu Berge stehen lassen:<br />

Schneebedeckte Berge abholzen, um die<br />

Sonne zu reflektieren; Schwefel in die<br />

Atmosphäre sprühen, um die Sonneneinstrahlung<br />

zu mindern; Meere düngen,<br />

um CO 2 im Wasser zu binden.<br />

Heute wird das alles ernsthaft diskutiert<br />

– als Maßnahme zur CO 2 -Reduzierung,<br />

zur Erdabkühlung, zur Klimarettung.<br />

Die Nebenwirkungen und<br />

Langzeitfolgen solcher Experimente sind<br />

praktisch gänzlich unbekannt. P.T. sprach<br />

darüber mit Dr. Sabrina Schulz, die in Berlin<br />

bei der Stiftung neue Verantwortung<br />

das Projekt „Geoengineering“ leitet:<br />

P.T.: Am 02. Dezember 2<strong>01</strong>1 endete die<br />

UN-Klimakonferenz in Durban. Internationale<br />

Wissenschaftler wollen mit „Geo-<br />

Engineering“ das Klima beeinflussen.<br />

Was genau haben die vor?<br />

S. Schulz: Die Wissenschaftler selbst<br />

haben gar nichts vor. Entscheidungen<br />

für oder wider Geoengineering müssen<br />

von der Politik getroffen werden. Die<br />

Wissenschaftler treibt die Neugier und<br />

in den meisten Fällen bestimmt auch<br />

die aufrichtige Sorge um die Zukunft<br />

der Menschheit. Aber letztlich können<br />

Kohlendioxid<br />

Wasser<br />

Wird der Kreislauf des Lebens zwischen CO 2 -verbauchenden und CO 2 -erzeugenden<br />

Organismen auch das willkürliche Basteln am Erdsystem aushalten?<br />

(Grafik: Wikimedia/Gemeinfrei/File Upload Bot)<br />

sie nur Optionen aufzeigen. Alles andere<br />

obliegt dem politischen Prozess.<br />

Geoengineering-Forschung findet<br />

derzeit auf zwei Gebieten statt: Zum<br />

einen gibt es Technologien, die die Sonneneinstrahlung<br />

auf die Erdoberfläche<br />

reduzieren sollen, um so den Treibhauseffekt<br />

zu verringern. Dieser Ansatz nennt<br />

sich Solar Radiation Management. Dabei<br />

sollen zum Beispiel Schwefelpartikel<br />

in die Atmosphäre eingebracht werden,<br />

um dort die Sonneneinstrahlung auf die<br />

Erde zu blockieren. Zum anderen gibt es<br />

Methoden, die das gefährliche Kohlenstoffdioxid<br />

(CO 2 ) aus der Atmosphäre<br />

entfernen und dann in der Tiefsee oder<br />

in geologischen Formationen einlagern<br />

sollen. Dies wird als Carbon Dioxide Removal<br />

bezeichnet.<br />

P.T.: Sie sind Expertin für Klima-, Energie-,<br />

und Sicherheitspolitik leiten bei der Stiftung<br />

Neue Verantwortung in Berlin das<br />

Projekt Geoengineering. Welche langfristigen<br />

Folgen kann Geoengineering<br />

verursachen?<br />

S. Schulz: Die langfristigen Folgen<br />

der bisher angedachten Geoengineering-<br />

Technologien sind noch nicht abschätzbar.<br />

Daher ist Geoengineering mit erheblichen<br />

Risiken belastet. Wir können das<br />

gut mit der medizinischen Forschung<br />

vergleichen. Zum Beispiel wissen wir<br />

noch viel zu wenig über mögliche Nebeneffekte.<br />

Auch die Kosten sind für viele<br />

Geoengineering-Methoden immens und<br />

stehen bisher in keinem Verhältnis zum<br />

zu erwartenden Nutzen. Schlüsselfragen<br />

beim Solar Radiation Management sind:<br />

Welche unterschiedlichen, regionalen<br />

Folgen sind zu erwarten – können diese<br />

große Schäden verursachen? Und<br />

was passiert, wenn die angewandten<br />

Technologien wieder eingestellt werden<br />

– könnte es dann eine Klimakatastrophe<br />

geben? Beim Carbon Dioxide Removal<br />

sind die Risiken weitaus geringer. Jedoch<br />

stellt sich zum Beispiel die Frage, wo CO 2<br />

sicher im Erdboden eingelagert werden<br />

kann.<br />

P.T.: Sie schrieben in der ZEIT, dass mit<br />

derartiger Forschung die Büchse der<br />

Pandora geöffnet wird, wenn Staaten<br />

ohne internationale Absprache und vor<br />

allem ohne den Dialog mit der Zivilgesellschaft<br />

im eigenen Land handeln.<br />

Wenn aber die negativen Wirkungen<br />

grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden<br />

können, was soll sich dann durch<br />

Absprachen und Dialoge ändern?<br />

S. Schulz: Noch ist die Forschung<br />

nicht so weit, dass wir über den tatsächlichen<br />

Einsatz von Geoengineering<br />

sprechen können. Die gesellschaftliche<br />

Debatte und der internationale Dialog<br />

sollen zwei Dinge bewirken. Sie sollen<br />

erstens die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

für die Forschung und den späteren<br />

möglichen Einsatz von Geoengineering<br />

schaffen. Und zweitens sollen<br />

sie die Alternativen bei der Bekämpfung<br />

des Klimawandels ganz klar auf den<br />

Tisch legen: die Reduzierung schädlicher<br />

Klimagase, die Anpassung an den Klimawandel<br />

und eben das risikobehaftete<br />

Geoengineering. Derzeit sieht es so<br />

aus, als würde nur eine Kombination aus<br />

allen drei Ansätzen zum erfolgreichen<br />

Umgang mit dem Klimawandel führen.<br />

P.T.: Ist das Scheitern des deutsch-indische<br />

Experiments Lohafex im Atlantik<br />

im Jahr 2009 nicht Anlass genug, auf<br />

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