P.T. MAGAZIN 01/2009
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Editorial 3<br />
Entschuldigung!<br />
Jetzt könnte ihm erneut die Lust am<br />
Unternehmertum vergehen. Gazetten<br />
und Polit-Talkshows verkünden<br />
seit Wochen: (1) Die kommende Wirtschaftskrise<br />
ist unausweichlich. (2)<br />
Ihre Ursache ist die aktuelle Weltfinanzkrise,<br />
und die war unvorsehbar.<br />
(3) Schuld am Dilemma sind „gierige“<br />
Manager, „böse“ Kapitalisten, „renditehungrige“<br />
Investoren.<br />
Kennen Sie die Alpenland GmbH?<br />
Das ist ein „verrücktes“ kleines Unternehmen<br />
in der Nähe von München,<br />
das sein Geld u. a. mit Aktenvernichtung<br />
verdient. Sein Gründer Meinrad<br />
Müller wurde vor rund 15 Jahren in<br />
der Werbebranche bekannt, weil er<br />
die bis dato teuerste Anzeige aller<br />
Zeiten kaufte: Eine Umschlagseite<br />
im damals neuen Postleitzahlenbuch<br />
für eine Million D-Mark, finanziert<br />
über Kredit. Erst wurde Müller ausgelacht.<br />
Dann wurde er beneidet.<br />
Müllers Alpenland wurde schlagartig<br />
bekannt und machte gute Geschäfte.<br />
Mit Ideen, Unternehmergeist, Risiko,<br />
persönlicher Verantwortung und<br />
Haftung lässt sich immer mehr<br />
Arbeit organisieren als einer allein<br />
erledigen kann. So entstehen Arbeitsplätze.<br />
Arbeitsplätze für diejenigen,<br />
die aus familiären und individuellen<br />
Gründen nicht ins Risiko gehen wollen<br />
oder können, aber dennoch ihre<br />
Familien ernähren wollen. So entsteht<br />
sozialer Frieden. Das ist Kapitalismus.<br />
So gesehen sind Leute wie<br />
Meinrad Müller Helden.<br />
Vor einigen Jahren, bei der letzten<br />
großen Opel- und Karstadt-Krise,<br />
bot Müller in einem Leserbrief seine<br />
GmbH in vorbeugender Unterwerfung<br />
zur Verstaatlichung an. Als<br />
unkündbarer Leiter des Alpenland-<br />
Kombinats mit 42 Std.-Woche, sieben<br />
Wochen Urlaub sowie zweimal zwei<br />
Wochen Grippe versprach er, 1 000<br />
neue und staatsfinanzierte ABM-<br />
Werktätige einzustellen. Eine Antwort<br />
erhielt er bisher nicht.<br />
Michael Sommer, mächtiger Chef des<br />
Deutschen Gewerkschaftsbundes, forderte<br />
im TAGESSPIEGEL: „Ich vermisse<br />
bis heute das klare Eingeständnis,<br />
dass unverzeihliche Fehler gemacht<br />
wurden. Eine Entschuldigung haben<br />
die Menschen mindestens verdient.<br />
So viel Anstand muss sein.“ Richtig!<br />
Doch wo bleibt das Eingeständnis<br />
von Michael Sommer, versagt zu<br />
haben als Aufsichtsrat der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau? Er sollte<br />
Geschäftsführung und Vermögensverwaltung<br />
der KfW überwachen! Er<br />
ist dafür bezahlt worden.<br />
Auch Michael Sommer wollte, dass<br />
die Milliarden Euro von KfW und<br />
IKB weit höhere Renditen erwirtschaften,<br />
als es beim satzungsgemäßen<br />
Geschäft der KfW möglich<br />
gewesen wäre. Investitionen im<br />
realen deutschen Mittelstand für<br />
reale Arbeitsplätze werfen eben nur<br />
reale Renditen ab. Deshalb stimmte<br />
auch Sommer den Casino-Investitionen<br />
von KfW und IKB im Ausland<br />
mithilfe von Tarngesellschaften zu.<br />
Das entzog damals dem deutschen<br />
Mittelstand das für ihn bestimmte<br />
Kapital. Und das schädigt heute<br />
den Mittelstand infolge der Kreditverweigerung<br />
der Banken. Hat sich<br />
Michael Sommer bei den Menschen<br />
entschuldigt, die ihr Geld oder ihren<br />
Arbeitsplatz verlieren? Bei den Unternehmern,<br />
die wegen der Kreditverweigerung<br />
der Banken ihre Familien<br />
ruinieren? Die pleite gehen, weil<br />
ihnen für sie bestimmtes Kapital<br />
entzogen wurde und gut bezahlte<br />
Aufsichtsräte das abnickten? So viel<br />
Anstand sollte schon sein.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 1/<strong>2009</strong>