P.T. MAGAZIN 01/2009
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Politik 9<br />
Ist der Sozialismus im Grunde eine gute Idee,<br />
die nur schlecht ausgeführt wurde?<br />
(Foto: Wikipedia/GFDL/Florian-schäffer)<br />
1972 wurden in der DDR alle Industriebetriebe, Bauunternehmen<br />
und größere Handwerksgenossenschaften<br />
in sog. Volkseigentum umgewandelt.<br />
Befragte ab 18 Jahre,<br />
TNS Infratest<br />
Sozialforschung<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
23% 23%<br />
Stimme gar<br />
nicht zu<br />
30%<br />
Stimme<br />
eher zu<br />
Stimme<br />
voll zu<br />
(© Statista.org 2008; Quelle: GESIS)<br />
Gebeutelter Mittelstand<br />
Der einzige Politiker, der sich bisher<br />
öffentlich für sein eigenes Versagen<br />
entschuldigt hat, ist der ehemalige<br />
bayerische Finanzminister Kurt<br />
Faltlhauser, der von 1998 bis 2007<br />
ununterbrochen Vorsitzender oder<br />
stellvertretender Vorsitzender des<br />
Aufsichtsrats der BayernLB war. In<br />
allen Aufsichtsräten saßen all die<br />
Jahre Politiker.<br />
Sie ließen „ihren“ Landesbanken<br />
durchgehen, dass die mit geborgtem<br />
Geld im Ausland zockten, statt den<br />
einheimischen Mittelstand und die<br />
von ihm bereitgestellten Arbeitsplätze<br />
zu finanzieren. Sie ließen es<br />
ihnen durchgehen, weil sie selbst<br />
nicht ausreichend an den einheimischen<br />
Mittelstand glaubten. Sie ließen<br />
es ihnen nicht nur durchgehen.<br />
Sie brauchten es genau so. Nur mit<br />
dem Schluss, mit dem hat niemand<br />
gerechnet.<br />
Noch mal im Klartext: Der einheimische<br />
Mittelstand, zehntausende<br />
Unternehmen, die Arbeitsplätze<br />
schaffen, wurden mit kleinen Alibi-<br />
Förderbudgets abgespeist, während<br />
das Hundertfache des dafür vorgesehenen<br />
Geldes im Ausland Renditen<br />
über zehn Prozent erwirtschaften<br />
sollte.<br />
Kompliziertes Strafrecht<br />
Den letzten großen deutschen Bankenskandal<br />
legte 20<strong>01</strong> die Bankgesellschaft<br />
Berlin hin. Nur mit einer<br />
Bürgschaft des ohnehin überschuldeten<br />
Landes Berlin in Höhe von weit<br />
über 20 Mrd. Euro konnte die Pleite<br />
abgewendet werden. Jetzt geht es<br />
sogar um Hunderte Milliarden Euro,<br />
um Haftungen in Billionenhöhe.<br />
Die Kanzlerin bereitet ihr Volk auf<br />
die Notlandung vor: „<strong>2009</strong> wird das<br />
schwerste Jahr…“ Was ist mit den<br />
Verantwortlichen der Zockerei? Werden<br />
Sie zur Verantwortung gezogen?<br />
Wird die Justiz sie rechtssicher ausfindig<br />
machen und revisionssicher<br />
aburteilen können? Wohl kaum.<br />
Auch in Deutschland stößt die Justiz<br />
an ihre Grenzen, wenn sie bei der<br />
Politik anklopft.<br />
Auch medial ist das komplizierte<br />
Vermögensstrafrecht kaum vermittelbar.<br />
Dafür eignen sich Boulevardfälle.<br />
Wenn etwa in Hamburg<br />
der selbstständige Friseurmeister<br />
Abdi Feridooni einen bewaffneten<br />
Einbrecher auf frischer Tat ertappt,<br />
fasst und der Polizei ausliefert und<br />
anschließend selbst einen Strafbefehl<br />
über 1.000 Euro Geldstrafe<br />
wegen Körperverletzung erhält.<br />
Oder wenn in München das Oberlandesgericht<br />
die Kündigung einer Mietwohnung<br />
für unwirksam erklärt,<br />
weil der Vermieter den Anbau von<br />
„bis zu zwei Hanfpflanzen auf dem<br />
Balkon zum eigenen Verzehr“ dulden<br />
muss, obwohl der Anbau von Hanf in<br />
Deutschland unter Strafe steht.<br />
Vorwärts zum Sozialismus<br />
Peter Sloterdijk, der Denker, Philosoph<br />
und Bestsellerautor, fragte im<br />
Frühjahr 2008: „Fast zwei Jahrzehnte<br />
nach dem Mauerfall, der großen<br />
Wende, nach dem Abfall der Sowjetunion<br />
und ihrer Vasallenstaaten<br />
vom kommunistischen Glauben,<br />
scheint sich die Ideologie eines nun<br />
demokratisch gewandeten Sozialismus<br />
in Deutschland neu zu etablieren.<br />
Erweist sich das damals vom<br />
Publizisten Joachim Fest konstatierte<br />
Ende aller Utopien als Fehlschluss?“<br />
Verfolgt man die Diskussionen in<br />
den Medien, so liegt dieser Schluss<br />
nahe. Erst im Jahr 2007 nahm die<br />
SPD den Begriff „demokratischer<br />
Sozialismus“ wieder in ihr Grundsatzprogramm<br />
auf, um der inhaltlichen<br />
Bedrohung durch die LINKE zu<br />
widerstehen:<br />
„Das Ende des Staatssozialismus<br />
sowjetischer Prägung hat die Idee<br />
des demokratischen Sozialismus<br />
nicht widerlegt, sondern die Orien tierung<br />
der Sozialdemokratie an Grundwerten<br />
eindrucksvoll bestätigt. Der<br />
demokratische Sozialismus bleibt für<br />
uns die Vision einer freien, gerechten<br />
und solidarischen Gesellschaft, deren<br />
Verwirklichung für uns eine dauernde<br />
Aufgabe ist.“<br />
Geld statt Arbeit?<br />
Bereits die Hälfte der Bundesbürger<br />
im Westen ist heute davon überzeugt,<br />
dass die soziale Marktwirtschaft<br />
kein dauerhaftes System sein<br />
kann. Sogar in der CDU stellt Thüringens<br />
Ministerpräsident Dieter<br />
Althaus auf seiner offiziellen Homepage<br />
eine altkommunistische Forderung<br />
auf: den Anspruch auf ein<br />
garantiertes, bedingungsloses Grundeinkommen,<br />
auch ohne Arbeits leistung.<br />
Althaus wird dabei von „linken<br />
Kapitalisten“ wie Dieter Dehm oder<br />
Götz Werner medial unterstützt.<br />
Auch wenn sich diese Ideen durchsetzen<br />
sollten, wird irgendeiner<br />
dieses Geld erwirtschaften müssen.<br />
Das wird weiterhin vor allem der<br />
Mittelstand sein, der schon seit Jahren<br />
unter einer extremen Überregulation<br />
(statt deregulierter „wilder“<br />
Märkte) und unter einer Staatsquote<br />
um die 50 Prozent leidet.<br />
Die Situation ähnelt der DDR<br />
Anfang der 70er Jahre. Damals<br />
war die Staatsquote nur unwesentlich<br />
höher. Der Staatsführung war<br />
das zu wenig. Am 9. Februar 1972<br />
beschloss der DDR-Ministerrat<br />
schließlich die Umwandlung aller<br />
Industriebetriebe, Bauunternehmen<br />
und größeren Handwerksgenossenschaften<br />
in „Volkseigentum“.<br />
Steht uns demnächst wieder ein<br />
„historischer“ 40. Jahrestag ins<br />
Haus? <br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 1/<strong>2009</strong>