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Gaby Weber: Daimler Benz und die Argentinien-Connection Von ...

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<strong>Argentinien</strong> herrschten nach dem Zweiten Weltkrieg <strong>die</strong> politischen <strong>und</strong> produktiven Bedingungen, um das vor<br />

1945 versteckte Nazivermögen zu legalisieren <strong>und</strong> mit ihm den Wiederaufbau zu finanzieren.<br />

Antonio widerspricht nicht. Verteidigt sich aber gegen <strong>die</strong> Rolle, <strong>die</strong> ihm <strong>und</strong> Perón zugewiesen wird, gerade in<br />

den letzten Jahren, in denen Archive geöffnet <strong>und</strong> Dokumente »deklassifiziert« wurden: dass <strong>die</strong> Perón-<br />

Regierung aus ideologischen Gründen den aus Europa flüchtenden Nazis Unterschlupf gewährt habe. Gewiss,<br />

Perón habe Mussolini bew<strong>und</strong>ert, Franco sei ein großer Staatsmann gewesen. Aber es seien nicht ideologische<br />

sondern praktische Gründe gewesen, weshalb sich <strong>Argentinien</strong> für <strong>die</strong> Nazis geöffnet habe. Öffnen musste.<br />

Er sei kein Mann der Politik. Schon gar kein Nazi. Und sicher kein Antisemit. Er sei ein Mann der Industrie.<br />

Und er wollte <strong>Argentinien</strong> industrialisieren. Dafür holte er <strong>die</strong> Deutschen. Und <strong>die</strong> stellten Bedingungen: Im<br />

Gegenzug für Maschinen <strong>und</strong> Know-how musste <strong>die</strong> Regierung in Buenos Aires Nazis <strong>und</strong> Kriegsverbrecher,<br />

als »Experten« getarnt, aufnehmen. Er habe von den Vorstandsvorsitzenden von <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> persönlich<br />

Namenslisten von Personen erhalten, <strong>die</strong> er in seiner Fabrik – Mercedes <strong>Benz</strong> Argentina – einstellen musste.<br />

Warum auch nicht? »Das war ein Problem der Deutschen, nicht meines«, so Antonio. Und waren unter den als<br />

»Experten« getarnten Nazis nicht auch wirkliche Experten, zum Beispiel General Kurt Tank, bis Kriegsende<br />

Chefkonstrukteur der Focke Wulf Flugzeugwerke Bremen <strong>und</strong> ab 1947 Leiter der staatlichen Flugzeugfabrik in<br />

Córdoba? Auch in seine Fabrik kamen »Ingenieure« <strong>und</strong> »Techniker«.<br />

Antonios Vorfahren wanderten aus Syrien in <strong>die</strong> Neue Welt ein. Sie wollten »Amerika machen« <strong>und</strong> kamen<br />

zuerst nach Uruguay. Am Ende seines Lebens hat Jorge Antonio, »el turco«, sein »Amerika gemacht«. Sichtbar<br />

ist das Gestüt »Dos Estrellas«, eine Luxuswohnung in Buenos Aires im Barrio Norte <strong>und</strong> ein Chalet im<br />

uruguayischen Badeort Punta del Este. Dort verbringt er den südamerikanischen Sommer.<br />

Das Anwesen hat <strong>die</strong> Ausdehnung fast eines Häuserblocks, mit Blick auf den Yachthafen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Bucht. Die<br />

Hintertür steht auf, vor Dieben oder Gestalten, <strong>die</strong> ihm nach dem Leben trachten, muss er sich nicht schützen.<br />

Der Haupteingang, ein breites Holzgatter, steht sperrangelweit offen. Vor der Garage putzt sich ein graues<br />

Kätzchen. Ein junger Mann legt den Rasenmäher beiseite, kommt auf mich zu. Mein Besuch ist angekündigt. 5<br />

Ruffo erwacht, der Schäferh<strong>und</strong>-Rüde, angekettet am Baum. Er bellt pflichtgemäß, wedelt mit dem Schwanz.<br />

Ich werde über eine breite Steintreppe in den Living geführt, das Wohnzimmer. Viel Holz, Schmiedeeisen,<br />

Keramik. An der Wand Pferdebilder, seine große Leidenschaft.<br />

Inés nimmt mich in Empfang, seine zweite Frau. Küsschen, rechts, Küsschen links, »como estás?« – wie geht’s<br />

dir. Es geht locker zu. Sie entschwindet Richtung Schwimmbad. Es erscheint der Hausherr. Trotz sommerlicher<br />

Temperatur trägt er einen grünen Wollpullover. Er nimmt mir <strong>die</strong> Jacke ab, lässt mich vorgehen. Alte Schule.<br />

Das Hausmädchen serviert Cafecito.<br />

Antonio mag <strong>die</strong> Deutschen. Sie haben ihm geholfen, <strong>und</strong> er hat ihnen geholfen. Er kam aus dem Nichts, <strong>und</strong><br />

nach wenigen Jahren managt er ein Imperium. Nicht nur für <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong>. Auch andere Unternehmen<br />

operieren über <strong>die</strong> <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong>-<strong>Connection</strong>, um wieder flüssig zu werden.<br />

Er macht daraus kein Geheimnis. Was hat er am Ende seines Lebens zu verlieren? Er hat es Ermittlungsbeamten<br />

zu Protokoll gegeben, <strong>die</strong> später gegen seine Geldwaschanlage ermittelten.<br />

»Was <strong>die</strong> deutschen Investoren angeht, so habe ich dem Präsidenten von <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> ein Dokument mit<br />

privatem Charakter unterschrieben, in dem ich alle Ansprüche in <strong>Argentinien</strong> an sie abtrete. Dieses Dokument<br />

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