Gaby Weber: Daimler Benz und die Argentinien-Connection Von ...
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Beteiligt an der Rettungsaktion ist auch Hanns Martin Schleyer, der mit Wychodil nach <strong>Argentinien</strong> reist. Die<br />
Herren kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit in Prag, Schleyer als SS-Offizier <strong>und</strong> Wychodil als Werksleiter<br />
einer <strong>Daimler</strong>fabrik, <strong>die</strong> mit Zwangsarbeitern für den Endsieg produzierte. 130 In Buenos Aires treffen sie<br />
Oberingenieur Karl Friedrich Binder wieder. Beim gemeinsamen Grillen <strong>und</strong> argentinischem Rotwein<br />
schmieden sie neue Expansionspläne.<br />
Die Herren von <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> wollen <strong>die</strong> »Angelegenheit MBA« – <strong>die</strong> Zwangsverwaltung <strong>und</strong> <strong>die</strong> drohende<br />
entschädigungslose Enteignung – lösen <strong>und</strong> schlagen den Militärs einen Deal vor, einen »arreglo«, wie sie es<br />
nennen. Sie legen ihrem Schreiben einen Vorschlag bei, auf dessen Gr<strong>und</strong>lage das kommende Gespräch<br />
stattfinden soll. In den Akten fehlt <strong>die</strong>ser Vorschlag.<br />
Doch <strong>die</strong> Junta will mit Perón <strong>und</strong> seinem Mythos ein für allemal Schluss machen, mit ihm <strong>und</strong> seinen<br />
Verbündeten. Sie lassen <strong>die</strong> <strong>Daimler</strong>-Gesandten – fre<strong>und</strong>lich aber bestimmt – ins Leere laufen. Die<br />
Ermittlungen müssten abgewartet werden, sagen sie, das Unternehmen stehe unter Zwangsverwaltung. Die<br />
Bauarbeiten in der Fabrik in González Catán werden im Januar 1956 abgebrochen, im Laufe des Jahres 770<br />
Arbeiter entlassen, im Juli <strong>die</strong> gesamte Anlage geschlossen. Nur ein paar Arbeiter ölen weiterhin <strong>die</strong><br />
Maschinen. Auch in der Montagehalle San Martín gehen <strong>die</strong> Lichter aus. Nach <strong>und</strong> nach verkauft <strong>die</strong> Junta <strong>die</strong><br />
Lagerbestände, Mercedes-Autos aus der 170er-Reihe, Maschinen werden nach Brasilien verbracht. 131 Das<br />
Imperium von <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> droht auseinander zu fallen.<br />
Die Strohmänner von MBA dürfen das Land nicht verlassen, Jorge Antonio wird verhört. Er beschreibt seinen<br />
kometenhaften Aufstieg, vom mittellosen Krankenpfleger im Militärhospital bis zum Multimillionär. 132 Dies<br />
erzählt er – als Beschuldigter:<br />
Seit 1948 sei er Geschäftsführer des Auto-Importeurs Aguirre, Mastro & Cía. gewesen, der vor 1945 Fahrzeuge<br />
von General Motors <strong>und</strong> <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> eingeführt habe. Dort habe er seine Ersparnisse eingebracht, sei<br />
Teilhaber geworden. Ein Jahr später sei er in <strong>die</strong> USA gefahren, um General Motors – vergeblich – zu einer<br />
Direktinvestition zu bewegen. In Deutschland hingegen sei er auf Interesse gestoßen. Über Beziehungen habe er<br />
das Okay der Perónregierung für den Import von 3.000 Autos aus Untertürkheim erhalten, unter der Bedingung,<br />
dass aus der argentinischen Zentralbank keine Devisen fließen. Die Hälfte der Autos sei dem Industrie- <strong>und</strong><br />
Handelsministerium in Buenos Aires zur Verfügung gestellt worden, das bestimmen konnte, wer <strong>die</strong>se<br />
Fahrzeuge zum Selbstkostenpreis erwerben durfte. <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> sei für <strong>die</strong> Lieferung der Fahrzeuge von<br />
verschiedenen Anlegern bezahlt worden, Aguirre, Mastro & Cía. haben <strong>die</strong>se Autos in <strong>Argentinien</strong> verkauft <strong>und</strong><br />
mit dem Verkaufserlös <strong>die</strong> Investoren ausgezahlt.<br />
Das Geschäft sei derart gut gelaufen, so Antonio in seiner Aussage, dass es nicht bei den 3.000 Fahrzeugen<br />
geblieben sei, <strong>die</strong> Erlaubnis für weitere 5.000 sei ein Kinderspiel gewesen. Auch <strong>die</strong>ses Mal sollten keine<br />
Devisen der Zentralbank ausgegeben, sondern <strong>die</strong> Finanzierung direkt dem Mutterhaus <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> AG<br />
überlassen werden. <strong>Von</strong> Korff habe zwei Millionen Dollar investieren wollen. Woher, verrät Antonio nicht.<br />
Die Importfirma Aguirre, Mastro & Cía. sei aber auf Dauer dem Geschäft nicht gewachsen gewesen. Er habe<br />
das Unternehmen verlassen <strong>und</strong> in der Straße Charcas mit einem Startkapital von neun Millionen Pesos <strong>die</strong><br />
Mercedes <strong>Benz</strong> GmbH gegründet. An <strong>die</strong>sem Kapital seien <strong>die</strong> Deutschen mit drei Millionen beteiligt gewesen,<br />
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