Gaby Weber: Daimler Benz und die Argentinien-Connection Von ...
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Insgesamt wurden bei Kriegsende 139 Firmen, darunter Thyssen, Mannesmann, Klöckner, Siemens, Schering<br />
<strong>und</strong> Bayer, zu »Feindeigentum« erklärt <strong>und</strong> der staatlichen Verwaltung der DINIE, der Dirección Nacional de<br />
Industria del Estado, unterstellt. 56 Ihre Abwicklung zieht sich Jahre hin, in einigen Fällen bis Anfang der<br />
siebziger Jahre. Um in <strong>die</strong>ser Zeit trotzdem in <strong>Argentinien</strong> Geschäfte zu machen <strong>und</strong> Beschlagnahmungen beim<br />
Zoll zu verhindern, brauchen <strong>die</strong>se Firmen Strohmänner <strong>und</strong> Scheinfirmen.<br />
Jorge Antonio bietet Hilfe an. Für sie zahlt Ferrostahl an Mercedes <strong>Benz</strong> Argentina (MBA) eine Kommission<br />
zwischen drei <strong>und</strong> sieben Prozent. Im November 1951 schließt Jorge Antonio mit Ferrostahl AG, vertreten<br />
durch Daniel A. Hill, eine schriftliche Vereinbarung. Danach gewährt Ferrostahl Mercedes <strong>Benz</strong> Argentina<br />
GmbH eine Kommission von sieben Prozent für bereits vereinbarte Geschäfte <strong>und</strong> drei Prozent für künftige<br />
Geschäfte von Ferrostahl in <strong>Argentinien</strong>. 57 Andere Firmen wie Deutz gründen mit Antonios Leuten eigene<br />
Scheinfirmen. Und »auf Bitte <strong>und</strong> Befehl der Robert Bosch GmbH in Stuttgart wird <strong>die</strong> Inyecto Magnet S.A.<br />
gegründet«, mit den bewährten Strohmännern. 58<br />
Mercedes <strong>Benz</strong> importiert zunächst fertige Fahrzeuge aus Untertürkheim nach <strong>Argentinien</strong>. Je mehr Exporte<br />
<strong>und</strong> je höher der Kaufpreis, desto höher <strong>die</strong> Exporteinnahmen der Deutschen, desto effizienter <strong>die</strong> Geldwäsche.<br />
Doch welches Kapital will Jorge Antonio, der Aufsteiger aus dem Nichts, vorweisen, um <strong>die</strong> Importe zu<br />
finanzieren? Er behauptet, dass er sein Imperium mit den Gewinnen aus den ersten Autoverkäufen aufgebaut<br />
habe. Diese ersten Lieferungen seien von »Dritten«, in Europa, bezahlt worden. Bei <strong>die</strong>sen »Dritten« handele es<br />
sich um Privatleute oder Firmen, <strong>die</strong> nicht in Deutschland leben <strong>und</strong> <strong>die</strong> er nicht gekannt haben will, sowie um<br />
<strong>die</strong> Getreideexporteure Dreyfus <strong>und</strong> Bunge <strong>und</strong> Born. Sie hätten von ihren europäischen Konten direkt nach<br />
Stuttgart überwiesen. Dann seien <strong>die</strong> Fahrzeuge, samt Papieren, nach Buenos Aires verschifft <strong>und</strong> verkauft<br />
worden. Mit einem Teil der Gewinne seien Dollars auf dem Parallelmarkt gekauft worden, um sie den<br />
»Investoren« – unter der Hand – zu zahlen.<br />
Wahrscheinlich hat es <strong>die</strong>se mysteriösen »Dritten« nie gegeben. Die <strong>Daimler</strong>-<strong>Benz</strong> AG wird <strong>die</strong> Rechnung<br />
beglichen haben, von Schweizer Konten aus. Sicher haben nicht <strong>die</strong> traditionellen Getreideexporteure, Dreyfus<br />
<strong>und</strong> Bunge <strong>und</strong> Born, das Geschäft finanziert. Sie sind radikale Anti-Peronisten, Gegner Antonios. Perón hat<br />
den Außenhandel verstaatlicht <strong>und</strong> ihnen das Geschäft aus der Hand genommen. Ohne Sicherheiten strecken sie<br />
kein Geld vor. Das wenige, was private Firmen noch im Getreidehandel unternehmen können, wird schon bald<br />
Antonios Getreidefirma FABAR managen, über deren »unlautere Geschäfte« sich Bunge <strong>und</strong> Born wiederholt<br />
beschwert. 59<br />
Nach der Anschubfinanzierung für <strong>die</strong> 3.000 Taxis werden Gelder aus der Schweiz an den argentinischen<br />
Behörden vorbei bar nach <strong>Argentinien</strong> verschafft <strong>und</strong> auf dem Parallelmarkt getauscht. Dies halten <strong>die</strong><br />
argentinischen Ermittlungsbehörden für <strong>die</strong> einzig logische Erklärung des plötzlichen Geldsegens. 60<br />
Tatsache ist, dass <strong>die</strong> argentinische Zentralbank dem Imperium von Jorge Antonio bis 1955 Devisen für <strong>die</strong><br />
Begleichung der Import-Rechnungen in Höhe von 63 Millionen Dollar zur Verfügung stellt. Diesen 63<br />
Millionen steht keine entsprechende Investition aus Stuttgart entgegen.<br />
Tatsache ist auch, dass <strong>die</strong> Finanzierung <strong>die</strong>ser Exporte – für <strong>die</strong> argentinische Seite ein Problem – von Anfang<br />
an von der deutschen Seite gelöst wird. Bei seinem ersten Treffen mit General Perón verspricht<br />
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