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Katalog LET'S CEE Film Festival 2014

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The Chicken<br />

Albert<br />

Ucronia (Ukronija)<br />

Ukrainian Lessons<br />

Kosherland<br />

Invisible Spaces (Ukhilavi sivrtseebi)<br />

GER/CRO <strong>2014</strong> | 15 min.<br />

Sprache/Language: Bosnisch mit engl. UT/ Bosnian w. Engl. ST<br />

Regie/Director: Una Gunjak<br />

POL <strong>2014</strong> | 24 min.<br />

Sprache/Language: Polnisch mit engl. UT/ Polish w. Engl. ST<br />

Regie/Director: Daniel Wawrzyniak<br />

SRB <strong>2014</strong> | 29 min.<br />

Sprache/Language: Serbisch mit engl. UT/ Serbian w. Engl. ST<br />

Regie/Director: Marko Backović<br />

UKR 2013 | 29 min.<br />

Sprache/Language: Ukrainisch mit engl. UT/ Ukrainian w. Engl. ST<br />

Regie/Director: Ruslan Batytskyi<br />

GER/LAT 2013 | 16 min.<br />

Sprache/Language: Russisch mit engl. UT/ Russian w. Engl. ST<br />

Regie/Director: Pyotr Magnus Nedov<br />

GEO/USA <strong>2014</strong> | 10 min.<br />

Sprache/Language: Georgisch mit engl. UT/ Georgian w. Engl. ST<br />

Regie/Director: Dea Kulumbegashvili<br />

Die sechsjährige Selma freut sich, dass ihr Vater sie nicht vergessen<br />

hat, obwohl er gerade an der Front kämpft. Ein Kamerad bringt der<br />

Familie zu Selmas Geburtstag nämlich ein Geschenk: ein lebendes<br />

Huhn. Als Selma begreift, dass die Familie das Huhn köpfen und verspeisen<br />

möchte, versucht sie, es zu retten. Was wie eine Geschichte<br />

über die Schönheit und rettende Kraft kindlicher Naivität beginnt, entpuppt<br />

sich als fesselnde Alltagsbeobachtung einer Familie, die unter<br />

den Schrecken des Krieges lebt. Man erwartet sich die Rettung des<br />

Tieres, doch das Resultat ernüchtert. An einem Ort, an dem es keine<br />

Kindheit gibt, werden auch keine Tiere gerettet. Wo der pure Überlebenstrieb<br />

herrscht, ist kein Platz für die versöhnende Kraft der Natur.<br />

Albert arbeitet und lebt offenbar sogar in einer düsteren Manufaktur, in<br />

der zahlreiche Arbeiter mit einem nicht näher beschriebenen Produkt<br />

hantieren. Dessen Textur erinnert an <strong>Film</strong>material, doch was es tatsächlich<br />

ist, wird nicht verraten. Und ob es hier hergestellt oder zerstört wird,<br />

bleibt ebenso ein Geheimnis wie der Ort und die Zeit der Handlung. In<br />

Alberts Welt, die eine ohne Botanik und Sonnenstrahlen, ja ohne Leben<br />

zu sein scheint, dominieren graue Farben. Die Fabrik selbst steht<br />

unter ständiger Videoüberwachung. Aus den vielen Lautsprechern<br />

ertönt immer wieder eine Stimme, die den Arbeitern Instruktionen erteilt.<br />

Klar komponierte Cinemascope-Bilder erzählen von der Sehnsucht<br />

nach Leben in einer von Leblosigkeit dominierten Industriegesellschaft.<br />

Irgendwo in Serbien: Zwei perspektivenlose junge Männer treffen<br />

sich auf einer Parkbank. Bier, frauenfeindliche Kommentare, Gespräche<br />

über Guy-Ritchie-<strong>Film</strong>e. Ein harmloses Witzchen resultiert in einem<br />

Kopfschuss, und ein konstruierter Gewaltreigen voller Absurditäten<br />

jenseits jeglicher Logik nimmt seinen Lauf. Die Uchronie ist eine<br />

literarische Gattung, die sich der Frage des „was wäre wenn“ widmet.<br />

Das Ende des <strong>Film</strong>s kommt auf seinen Anfang zurück, der neu erzählt<br />

wird. Der Streit eskalliert nicht, ja er entsteht gar nicht erst. Die Frage,<br />

wie die vorhin erzählten Gewalt-Episoden nun verlaufen wären,<br />

wird nicht beantwortet. Eine schwarze Komödie über die Möglichkeit<br />

der Deeskalation, vollgepackt mit skurrilen Gangster-Karikaturen.<br />

Eine ukrainische Kleinstadt, die ihre besten Tage schon hinter sich hat.<br />

Die meisten Bewohner leben von der örtlichen Mine, in der die Männer<br />

tagtäglich in der Dunkelheit schuften. Sie wirken emotionslos<br />

und erstarrt, wie ihre Umgebung. Als eine neue Lehrerin auftaucht,<br />

löst das freilich eine gewaltige Dynamik aus. Ein junger Mann verliebt<br />

sich in sie, doch das neue Glück ist nur von kurzer Dauer, weil die<br />

neue Bewohnerin von Minenarbeitern verschleppt wird. Denn wo die<br />

Emotion stillsteht, löst Liebe animalische Aggression aus. Der durch<br />

das Fehlen jeglicher Zukunftsperspektiven aufgestaute Hass entlädt<br />

sich visuell einprägsam. Schönheit und Kultur fallen der blinden Zerstörungswut<br />

zombiegleicher Männer in Gewaltexzessen zum Opfer.<br />

„Je mehr man sieht, desto trübseliger wird man. Weil man dann versteht,<br />

wie wenig man in Wahrheit ändern kann.“ Diese Aussage kommt<br />

im Kurzfilm Kosherland ausgerechnet von einem Polizisten mit hellseherischen<br />

Fähigkeiten. Am hellichten Tag trinkt er mit dem Verbrecher<br />

Jarik Wodka, während zwei von dessen Freunden beim jüdischen Greisler<br />

nebenan Schutzgeld eintreiben. Dass auch der Polizeikamerad vom<br />

Unheil im Laden lange nichts mitbekommt, da er sich gerade am Klo<br />

erleichtert, macht Pyotr Magnus Nedovs Blick auf staatliche Sicherheitsautoritäten<br />

nicht weniger zynisch. Das Kosherland befindet sich hier in<br />

der lettischen Provinz, doch der finale Gewaltreigen skizziert ein Bild<br />

staatlicher Ignoranz, das wohl vielerorts seine traurige Gültigkeit hat.<br />

Der Wecker läutet, eine Frau steht auf. Sie zieht sich an. Im Hintergrund<br />

hängt ein großes Kreuz. Sie serviert das Frühstück und bittet ihren Mann<br />

zu Tisch. Der ist Priester und in seine Bibel vertieft. Vor dem Frühstück<br />

wird gebetet. Die herumzappelnde kleine Tochter der beiden macht<br />

auch mit. Die Dominanz des Vaters ist omnipräsent. Der Wunsch der<br />

Frau, einen Buchhaltungskurs zu machen, um auch etwas dazuzuverdienen,<br />

erzeugt nicht einmal einen lauten Konflikt, sondern verebbt, als<br />

ob er gar nicht ausgesprochen wurde. Unprätentiös und leise erzählt<br />

Regisseurin Dea Kulumbegashvili von Kleinfamilienhierarchien unter<br />

einem religiösen Patriarchat. Die titelgebenden unsichtbaren Räume<br />

sind die der Emotionen der Frau, die hier gelähmt sind und stillstehen.<br />

Six-year-old Selma is happy that her father has not forgotten her despite<br />

the fact that he is fighting in the war. One of his comrades brings the<br />

family a present for Selma’s birthday: a living chicken. When Selma understands<br />

that her family wants to decapitate and eat the chicken, she<br />

tries to save it. What starts out as a story about the beauty and saving<br />

grace of a child’s naivety, becomes a compelling study of the life of a<br />

family surviving the horrors of war. The audience expects the animal to<br />

be saved, but the final result is shattering. In a place where there is no<br />

room for childhood, no animals are spared either. Where the urge to survive<br />

reigns supreme, the reconciling power of nature remains unheeded.<br />

Albert works and even seems to live in a dark factory, where a large number<br />

of workers seem to be handling an undisclosed product. That product’s texture<br />

resembles film material, but we never learn what it actually is. Whether<br />

the product is in fact being manufactured or destroyed at the factory also remains<br />

a mystery, as well as the location and time of the action. Albert’s world,<br />

which seems to be one without plants, sunshine, even without actual life, is<br />

dominated by shades of grey. The factory itself is under constant video surveillance.<br />

A voice giving instructions emanates from the many loudspeakers<br />

spread throughout the factory. Clearly composed cinemascope images tell<br />

the story of a longing for life in an industrial society dominated by lifelessness.<br />

Somewhere in Serbia: Two young men without perspectives meet<br />

on a park bench. Beer, chauvinistic jokes, conversations about Guy<br />

Ritchie movies. An innocent jokes results in a head shot, and a constructed<br />

violent frenzy filled with absurdities far from logic. Ucronia is a<br />

genre of fiction that deals with alternative reality and „what if”-scenarios.<br />

The end of the film loops back to its beginning, which is told<br />

anew. The quarrel does not run out of hand, it does not even happen.<br />

The question of how the previously shown violent episodes<br />

will play out now remains unanswered. A black comedy about the<br />

possibilities of de-escalation, filled with bizarre caricature gangsters.<br />

A Ukrainian town, its glory days long gone. Most inhabitants live<br />

off the local mine where the men work away their days in darkness.<br />

They seem unemotional and rigid, just like their surroundings. But<br />

when an attractive new teacher arrives, a tremendously dynamic<br />

series of events is triggered. A young man falls in love with<br />

her, but their happiness is not meant to last, as she is abducted<br />

by the miners. Where emotion stands still, love triggers animalistic<br />

aggressions. The hatred, accumulated in years without a<br />

perspective, explodes in striking pictures. Beauty and culture fall<br />

victim to the blind rage of zombie-like men in excesses of violence.<br />

“The more you see, the unhappier you become. Because you start understanding,<br />

just how little you can actually change.” This statement from Kosherland<br />

comes from a policeman who, of all people, has psychic powers. He<br />

drinks vodka with the criminal Jarik in broad daylight, while his two accomplices<br />

extort protection money from the Jewish shop owner next door. The<br />

fact that the other policemen notices nothing as well because he is having<br />

a prolonged session on the toilet makes Pyotr Magnus Nedov’s portrait of<br />

security authorities no less cynical. This Kosherland is located in the Latvian<br />

countryside. Its final frenzy of violence draws a picture of the sheer ignorance<br />

of the authorities; one that is all too accurate in many places of the world.<br />

The alarm rings, a woman rises from sleep. She dresses. A large cross<br />

is hanging on the wall in the background. She serves breakfast and<br />

calls her husband to the table. He is a priest, absorbed in the Bible. A<br />

prayer before breakfast. The couple’s fidgety and restless little daughter<br />

joins in. The father’s presence is dominant. The woman’s wish to visit a<br />

bookkeeping course so she can earn a little extra money does not even<br />

cause a conflict, it just ebbs away quietly, as if never uttered. Director<br />

Dea Kulumbegashvili tells an unpretentious and quiet story about domestic<br />

hierarchies in a religious patrimony. The namesake invisible spaces<br />

are the woman’s emotions, which are paralysed and in a standstill.<br />

90 Kurzfilm-Wettbewerb<br />

Kurzfilm-Wettbewerb 91

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