11.00 Uhr Jubiläumskonzert 13.00 Uhr Musikschulfest - Musikschule
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Faszinierendes Gitarrenkonzert mit<br />
Hedvika Svendova<br />
Meditative Reflexionen im Nachklang<br />
Es ist gerade mal 6 Monate her, dass<br />
ich einen theoretischen Artikel über<br />
den Film „Wunderkinder“ für den<br />
Dreiklang geschrieben habe, und plötzlich<br />
stehe ich einem solchen Wunderkind<br />
gegenüber bei dem Gitarrenrezital vom 6.<br />
Oktober 2013 im Glasmuseum in Rheinbach.<br />
Man muss Hedvika Svendova wohl<br />
so bezeichnen, obwohl sie längst kein Kind<br />
mehr ist, sondern eine schöne, attraktive,<br />
junge Frau von immerhin 17 Jahren. Ihre<br />
künstlerische Leistung darf man aber getrost<br />
als ein Wunder bezeichnen, denn alles<br />
andere wäre untertrieben. Bereits mit dem<br />
Präludium und der Fuge aus Bachs Suite in<br />
e-moll, BWV 996 war mir klar, welch eine<br />
hochkarätige Musikerin hier aufspielte.<br />
In ihrer Interpretation war alles stimmig<br />
und vollkommen. Sie spielte das komplette<br />
Programm, das mit Höchstschwierigkeiten<br />
nur so gespickt war, mit einer atemberaubenden<br />
Technik und erfüllt mit größtem<br />
musikalischem Verständnis. In ihrem Spiel<br />
scheinen die Kräfte der Erdgravitation<br />
nicht mehr gültig zu sein und es stellt sich<br />
tatsächlich das Gefühl ein, als würde sie<br />
mit ihrem Instrument wie ein Adler durch<br />
die Lüfte fliegen. Das, was für den Bach zu<br />
Beginn des Konzertes galt, nämlich künstlerische<br />
Vollendung und Perfektion, galt<br />
für das ganze Rezital. Virtuos und einfühlsam,<br />
von tiefstem Musikverständnis erfüllt,<br />
klanglich einfach berauschend. Besser kann<br />
man nicht Gitarre spielen. Und das alles<br />
quasi ohne mit der Wimper zu zucken. Es<br />
gelingt ihr alles scheinbar mühelos, immer<br />
intensiv mit wunderbarem Ton, immer im<br />
stimmigen Tempo,<br />
hypersensibel. Es<br />
ist atemberaubend<br />
zu sehen, zu welch<br />
außergewöhnlichen<br />
Leistungen manche<br />
Menschen befähigt<br />
sind. Und hier endet<br />
damit auch meine<br />
Konzertbeschreibung,<br />
weil es mir<br />
banal erscheint,<br />
weiter über das<br />
rein musikalische,<br />
technische und<br />
kompositorische Verstehen<br />
des Abends zu schreiben, auch<br />
wenn ich gestehen muss, dass das eine oder<br />
andere zeitgenössische Werk mich nicht<br />
unbedingt angesprochen hat. Für mich<br />
stellt sich eher die Frage, welchem Wunder<br />
ich da begegnet bin und wie es möglich<br />
ist, dass ein 17jähriger Mensch ein solch<br />
tiefes musikalisches Wissen und Verstehen<br />
in sich trägt und so vollkommen klassische<br />
Gitarre spielen kann. Angeblich hat<br />
Hedvika bereits mit 4 Jahren angefangen,<br />
Gitarre zu spielen. Das ist für mich jedoch<br />
nur ein Hinweis darauf, dass sie sich bereits<br />
in diesem Alter zur Gitarre hingezogen<br />
fühlte, dass dieses Instrument sie emotional<br />
von Anfang an magisch angezogen hat.<br />
Sie spielt übrigens auch Flöte auf hohem<br />
Niveau und außerdem auch noch Klavier<br />
und Geige ziemlich gut. Sie wusste<br />
vielleicht intuitiv schon damals, wer sie<br />
war und was sie in ihrem Leben tun sollte.<br />
Persönlichkeiten wie Hedvika Swendova<br />
werfen Fragen nach den Möglichkeiten der<br />
menschlichen Existenz, des angeborenen<br />
Talents und auch des eigenen Lebens auf.<br />
Reichen 10 Jahre intensiven Lernens auch<br />
mit besten Lehrern aus, um so perfekt<br />
Bach und Barrios spielen zu können? Oder<br />
begegnet man hier doch einem Menschen,<br />
an dem deutlich wird, dass ein Leben nicht<br />
reicht für derart außergewöhnliche Leistungen?<br />
Vielleicht haben die Buddhisten ja<br />
doch Recht, wenn sie an eine Entwicklung<br />
und ein Weiterlernen der Seele in vielen<br />
Leben glauben? Das eigene Wesen zu<br />
entdecken und den inneren, verborgenen<br />
Reichtum in der Seele des Menschen zu<br />
finden, ist das eigentliche Ziel der Kunst<br />
und Kultur. Das war schon so bei den<br />
Höhlenbildern bei Lascaux in Südfrankreich,<br />
die vor 17000 Jahren entstanden<br />
sind. Und das gilt auch noch heute, wenn<br />
wir ein Instrument lernen. Es geht um<br />
nichts anderes, als einen Raum oder eine<br />
Resonanz zu finden für die seelischen<br />
Schwingungen und Emotionen der inneren<br />
Persönlichkeit, das, was man nie sieht<br />
und doch immer da ist. Es ist das, was uns<br />
als Menschen besonders macht, weil nur<br />
wir als Geschöpfe einer Milliarden Jahre<br />
langen Entwicklung kulturfähig geworden<br />
sind. Wir können in der Kunst unser eigenes<br />
Wesen finden. Wer die Kunst abbaut<br />
und das Lernen verhindert, der richtet sich<br />
eigentlich selbst zugrunde. Wenn ich mich<br />
in der Sprache der religiösen Mythen und<br />
Träume ausdrücken darf, dann müsste ich<br />
sagen, es ist wie vor 2000 Jahren, wir töten<br />
das, was wir eigentlich lieben sollten, unsere<br />
eigene, unverwechselbare, innere Persönlichkeit,<br />
unser eigenes Wesen. Wie anders<br />
ist eine Leistungsgesellschaft zu verstehen,<br />
die den Druck auf die Seele des Menschen<br />
ständig erhöht? Die Auswirkungen von G<br />
8 an den Schulen könnten katastrophaler<br />
für die <strong>Musikschule</strong>n gar nicht sein. Wie<br />
fühlt sich ein erwachsener Mensch, wenn<br />
er im sozialen Abseits steht und existenzielle<br />
Probleme sein Leben bestimmen?<br />
Die inquisitorischen Hürden einer immer<br />
erbarmungsloseren Leistungsgesellschaft<br />
führen zu immer mehr Entfremdung und<br />
weniger Selbstbestimmung. Da ein Gegengewicht<br />
zu setzen, um den Kontakt zu sich<br />
selbst nicht gänzlich zu verlieren, ist von<br />
größter Bedeutung für das Gelingen eines<br />
jeden Menschen. Die Entfaltung der inneren<br />
Persönlichkeit, das, was an angelegten<br />
Möglichkeiten in jedem von uns steckt,<br />
zu finden und zu entwickeln, ist ein hohes<br />
Ziel, nicht nur für eine Künstlerin wie<br />
Hedvika Swendowa, sondern für jeden von<br />
uns. Und da scheint die Musik die Kraft zu<br />
besitzen, uns dorthin führen zu können,<br />
wo die inneren Quellen sprudeln. Es gibt<br />
einen solchen Reichtum, der unsichtbar<br />
auch in uns angelegt ist und darauf wartet,<br />
entdeckt zu werden.<br />
Klaus Kortboyer<br />
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