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Thema<br />

Diversity Management<br />

Text<br />

Andrea Krieger<br />

Keine Privatsache<br />

Der Öffentliche Dienst hat eine Vorbildfunktion im Umgang mit<br />

Arbeitnehmern. Schön und gut, es gibt das Gleichbehandlungsgesetz.<br />

Aber: Was tun staatliche und kommunale Organisationen darüber<br />

hinaus gegen die Diskriminierung der fünf bis zehn Prozent Homosexuellen<br />

in ihren Reihen?<br />

Schon einmal von den Gay Cops<br />

Austria gehört? Der 70-Mitglieder-Verein<br />

war in letzter Zeit öfters in den Medien.<br />

Die Organisation kämpft dafür, dass<br />

der Umgang mit Schwulen, Lesben und<br />

Transsexuellen innerhalb der Polizei konfliktfreier<br />

wird. Ewald Widi, Gründer der<br />

Gay Cops, bringt ein Beispiel: „Ein Kollege<br />

bekam anlässlich eines Bundestreffens<br />

des Vereins Lesbischer und Schwuler<br />

Polizeibediensteter Deutschlands keine<br />

Uniformtrageerlaubnis. Er hat sich daraufhin<br />

an uns gewandt und hatte die Erlaubnis<br />

einen Tag später. Ein Hetero-Kollege<br />

hätte sie für eine Veranstaltung im Ausland<br />

sofort bekommen.“<br />

„Schwulen Lehrern<br />

wird unterstellt, an<br />

nichts anderes als<br />

den sexuellen<br />

Missbrauch der<br />

Knäblein zu denken.“<br />

Helmut Barak, BMUKK<br />

Agpro<br />

Bottom-up-Prozess<br />

Die Gay Cops wurden 2005 gegründet,<br />

der Zusammenschluss hat die ausdrückliche<br />

Unterstützung der Innenministerin.<br />

Maria Fekter scheint sich der Problemlage<br />

also bewusst zu sein. Der Verein betreibt<br />

Diversity Management von unten nach<br />

oben. Vielfaltsmanagement – so der deutsche<br />

Ausdruck – wird zwar zurzeit oft<br />

gepredigt, aber noch selten praktiziert.<br />

Anti-Diskriminierungsmaßnahmen gegen<br />

Minderheiten wie Homosexuelle bilden<br />

die Basis des Diversity-Konzepts. Das Ziel<br />

ist aber ein höheres: Organisationen sollen<br />

Vielfalt als eine Bereicherung erleben.<br />

Obendrein kann sie den Output erhöhen.<br />

So haben homosexuelle Kollegen bspw.<br />

einen besseren Zugang zu Schwulen und<br />

Lesben in der Bevölkerung.<br />

Und dies sogar als Chance für eine<br />

Organisation zu begreifen – diese Sichtweise<br />

hat sich noch nicht in vielen Einrichtungen<br />

im Öffentlichen Dienst durchgesetzt.<br />

Eine Berufsvereinigung wie die<br />

Gay Cops, die von unten Druck macht,<br />

ist einzigartig. Weder bei der Feuerwehr<br />

noch beim Bundesheer gibt es etwas Vergleichbares.<br />

Und auch Diversity-Beauftragte,<br />

die gegen die Diskriminierung<br />

von Homosexuellen in den einzelnen<br />

Organisationen auftreten, erachtet man<br />

noch nicht als notwendig. Dabei tun sich<br />

gerade männerdominierte Bereiche im<br />

Umgang mit Schwulen sehr schwer, darin<br />

sind sich alle Experten einig. Dennoch<br />

heißt es im Verteidigungsministerium:<br />

„Homosexualität ist bei uns kein Thema.“<br />

„Es ist schließlich Privatsache, mit wem<br />

man schläft und hat mit dem Dienst ja<br />

nichts zu tun“, sagt Pressesprecherin Ute<br />

Axmann.<br />

Ein Einwand, den Ewald Widi, Kriminalpolizist<br />

und Capo der Gay-Cops<br />

Austria, in- und auswendig kennt. „Niemand<br />

legt seine sexuelle Orientierung<br />

im Job ab“, sagt er. In der Arbeit werde<br />

immer auch über Privates geredet. Kollegen<br />

erzählen sich, wie sie Weihnachten<br />

und die Ferien verbracht haben, man<br />

rede über Beziehungen, Traumfrauen und<br />

Traummänner. Wer sich da aus Angst vor<br />

beruflichen Nachteilen, Sticheleien oder<br />

schlicht weil Homosexualität ein Tabu ist,<br />

raushält, hat schnell andere Probleme.<br />

„Es geht unheimlich viel Energie<br />

dafür auf, Bewältigungsstrategien zu entwickeln,<br />

wenn man sich nicht outet“,<br />

sagt Wolfgang Wilhelm von der Wiener<br />

Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen (Wast) der<br />

Stadt Wien. Abgesehen davon, dass man<br />

schief angeschaut wird, wenn man kaum<br />

Privates erzählt. Wilhelm: „Zum Gemobbtwerden<br />

ist es dann oft nicht mehr weit.“<br />

Stadt-Land-Gefälle<br />

Eine Einrichtung wie die Wast, eine<br />

1998 gegründete Stabstelle von Integrationsstadträtin<br />

Sandra Frauenberger, ist<br />

einzigartig in Österreich. „Ohne Wast<br />

hätten wir uns mit der Gründung der Gay<br />

Cops Austria wesentlich schwerer getan“,<br />

erzählt Ewald Widi. Die Wast fungiert<br />

nicht nur als Anlaufstelle für Diskriminierte,<br />

sie veranstaltet auch Fortbildungen<br />

zum Thema Homo-, Bi- und Transsexualität<br />

für die Polizei, Personalisten des<br />

Krankenanstaltenverbundes und Krankenpflegeschüler.<br />

Darüber hinaus werden<br />

Lehrlinge der Stadt Wien seit fünf Jahren<br />

beim Dienstgeber fortgebildet – wenn<br />

auch nur für einen Tag. Seit heuer gibt es<br />

26 Oktober <strong>10</strong>

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