Frau Sein - CH-EABP
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<strong>Frau</strong> <strong>Sein</strong> – Weiblicher Narzissmus 04.03.2011<br />
frühen Störungen zwischen männlichem und weiblichem Narzissmus<br />
unterschieden. Beide Formen kommen bei Männern und <strong>Frau</strong>en vor,<br />
wobei viel mehr <strong>Frau</strong>en die weibliche und viel mehr Männer die männliche<br />
Form leben. Ausserdem kommen Mischformen vor.<br />
4. Die narzisstische Spaltung<br />
Wir haben gesehen, dass viele Säuglinge und Kleinkinder in Bezug auf<br />
ihre grundlegenden Bedürfnisse nach feinfühliger körperlicher und emotionaler<br />
Abstimmung, nach bedingungsloser Liebe und Geborgenheit von<br />
ihren Eltern nicht genügend wahrgenommen und gespiegelt werden können.<br />
Sie werden in ihrem lebendigen Ausdruck und So <strong>Sein</strong> eingeschränkt<br />
oder sie sind die Opfer von Verwöhnung und subtilen bis massiven Formen<br />
physischer und psychischer Grenzüberschreitungen, von Ausbeutung<br />
und Missbrauch. Die Fähigkeit, zwischen Subjekt und Objekt, zwischen<br />
ich und du zu unterscheiden, wird eingeschränkt, und dadurch auch die<br />
Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, sich zu schützen,<br />
abzugrenzen und auf persönliche Weise auf die Welt zuzugehen. Die<br />
Erfahrung von und der Glaube an die eigene Wirksamkeit im Erreichen<br />
eines Gegenübers oder im Handeln können sich nicht oder nur ungenügend<br />
ausbilden.<br />
Die dadurch beim Kleinkind ausgelösten mächtigen Gefühle von Wut,<br />
Angst und Trauer, werden von den Eltern nicht angenommen und gespiegelt,<br />
sondern abgelehnt, da diese sie an den eigenen erlebten und<br />
nicht verarbeiteten Schmerz erinnern. Eltern und Kind geraten in einen<br />
Teufelskreis, aus dem sie aus eigener Kraft nicht herausfinden können.<br />
Das Kind lernt mit der Zeit, seine tiefen Gefühle und Bedürfnisse abzuspalten,<br />
es misstraut seinen Körperwahrnehmungen und weiss in der<br />
Folge immer weniger, wer es eigentlich ist. Das „wahre Selbst“ ist unter<br />
dem „falschen Selbst“ (Wardetzki 2009, S. 41) begraben worden. Es kann<br />
kein realistisches Selbstwertgefühl entwickeln, mit dessen Hilfe eine Kritik,<br />
eine Frustration oder ein Misslingen keine Katastrophe, sondern ganz<br />
einfach eine Aufforderung ist, etwas zu verändern oder es nochmals zu<br />
versuchen. Es gelingt ihm nicht, bei Schwankungen des Selbstwertes sein<br />
seelisches Gleichgewicht rasch wieder herzustellen.<br />
Ohne Kontakt zu seinen wahren Gefühlen und ohne liebevolle Beziehung<br />
zum eigenen Körper rettet sich das Kind zum einen ins Denken und ins<br />
Analysieren. Zum andern beginnt es, sein verletztes, emotional verlassenes<br />
„inneres Kind“, d.h. das wahre Selbst, zu schützen, in dem es sich mit<br />
einem (übertriebenen) minderwertigen Selbst oder einem (genauso übertriebenen)<br />
grandiosen Selbst zu identifizieren beginnt. Im Schatten liegen<br />
dann entweder (die Gefahr vor dem) Minderwert oder (die Sehnsucht nach<br />
der) Grandiosität.<br />
Wardetzki unterscheidet zwischen einer vertikalen und einer horizontalen<br />
Spaltung. Die vertikale Spaltung bezieht sich auf die Identifikation entweder<br />
mit der Minderwertigkeit oder mit der Grandiosität:<br />
„Mit der [vertikalen, Anm. B.O.] Spaltung sollen konträre, also sich widersprechende<br />
Inhalte, auseinandergehalten werden, um Angst und Bedrohung abzuwehren. Das<br />
zeigt sich später im Verhalten dadurch, dass immer nur eine Seite des Konflikts in den<br />
Vordergrund tritt, während die andere Seite verleugnet wird. Im Gefühl der<br />
Abschlussarbeit: Brigitte Obrecht Parisi 20