Frau Sein - CH-EABP
Frau Sein - CH-EABP
Frau Sein - CH-EABP
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Frau</strong> <strong>Sein</strong> – Weiblicher Narzissmus 04.03.2011<br />
die Therapeutin spiegeln, begleiten, aufnehmen und verstärken. Dies erhöht<br />
die Erregung wiederum. Das Energieniveau der Klientin wird schrittweise<br />
auf das Niveau der Erregung des verschütteten Gefühls angehoben.<br />
Das Hin und Hergehen zwischen viel und wenig Energie bewirkt das<br />
„in Fluss kommen“ gestauter, verschütteter Gefühle.<br />
Die Therapeutin wendet nun verschiedene therapeutische Interventionen<br />
an (vgl. Bischof 2009a): sie spiegelt und unterstützt den Ausdruck, fragt<br />
nach dem Gefühl und den damit einhergehenden Empfindungen, Atemreaktionen,<br />
Bildern, erkundigt sich nach dem biographischen Kontext (wie<br />
alt fühlen Sie sich gerade?) oder konkreten Erinnerungen. Sie bietet der<br />
Klientin damit Raum und Zeit für ein ganzheitliches Erleben dieses inneren<br />
Geschehens. Zum Abschluss, in der kathektischen Phase, unterstützt die<br />
Therapeutin die Klientin darin, wieder in die Körper- und Atemwahrnehmung<br />
zu gehen. Dadurch wird die Erfahrung mit der leiblichen Realität<br />
verbunden (angejocht), die Klientin kommt langsam zur Ruhe und ins Hier<br />
und Jetzt. Bereits während der Erfahrung oder bei deren Verarbeitung<br />
können wichtige Bedürfnisse ins Bewusstsein kommen (vgl. Bischof<br />
2009d, persönliche Notizen, Praxisseminar 2010).<br />
5.5.2 Schwache Körpergrenzen<br />
In der Praxis begegnen uns viele weiblich-narzisstische Klientinnen, die<br />
sich mit dem Minderwert identifizieren.<br />
Die Körperwahrnehmung und die -grenzen der einen Gruppe sind im<br />
Becken-Beinbereich deutlich weniger vorhanden als im oberen Rumpf.<br />
Durch die unterspannten, oft schweren Beine und den schwachen<br />
Beckenboden kippt das Becken nach vorn und bewirkt eine Lordose im<br />
Lenden- und Nackenbereich und eine Kyphose im oberen Rücken. Anders<br />
als bei der Powerfrau ist ihr Brustraum zurückgenommen, im Liegen sind<br />
oft hervorstehende Rippenbögen zu sehen. Sie klagen über Verspannungen<br />
im Schulter-Nacken-Kiefer-Bereich. Diese Klientinnen haben auch<br />
Mühe, an ihre Gefühle heranzukommen, neigen zu Perfektionismus und<br />
sind im Denken und Analysieren daheim.<br />
Bezüglich der Körper- und Atemarbeit stehen hier die Entwicklung eines<br />
guten Bodenkontakts über das Tonisieren von Beinen, Beckenboden und<br />
der Rumpfmuskulatur (aufsteigender Ausatem, Widerstandsarbeit) sowie<br />
das Lösen und Lockern von Schulter, Nacken, Kiefer (absteigender<br />
Ausatem, Brust-, Herz-, Hals-, Kopf-Innenraum) im Vordergrund. Es geht<br />
also darum, mit Widerstands-/Tonusübungen (siehe Kap. 5.9) und<br />
aufsteigendem Ausatem einerseits einen tragfähigen Grund aufzubauen<br />
und andererseits mit Hilfe des absteigenden Ausatems zu schmelzen. Auf<br />
die Frage bezüglich Nähe und Distanz sollte zu Beginn in der übenden<br />
Arbeit und auf der Liege geachtet werden.<br />
Die zweite Gruppe von weiblich narzisstischen Klientinnen weist eine<br />
deutlich schwächere Ich-Struktur auf, ohne dass bereits eine Borderline-<br />
Störung vorliegt (siehe Kap. 5.3., S. 31). Erlebte Verletzungen der persönlichen<br />
Integrität bewirken, dass diese <strong>Frau</strong>en sich aus ihrem Körper<br />
„herausnehmen“, insbesondere wenn sie - auch in der Therapie! - in Situa-<br />
Abschlussarbeit: Brigitte Obrecht Parisi 38