Frau Sein - CH-EABP
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<strong>Frau</strong> <strong>Sein</strong> – Weiblicher Narzissmus 04.03.2011<br />
Grandiosität existieren für die narzisstische <strong>Frau</strong> nur ihre Grössenvorstellungen, ohne<br />
Erinnerung an die Minderwertigkeit. Wird sie kritisiert, schlägt ihre Stimmung um, sie<br />
fühlt sich klein, schlecht, minderwertig und spürt in diesem Zustand nichts mehr von<br />
ihrer Grandiosität. Sie hat einfach keine bewusste Erinnerung mehr daran, wie es ist,<br />
sich gross und überlegen zu fühlen. Die Grandiosität wird in diesem Moment<br />
abgespalten. Das heisst, die Betreffende erlebt sich innerlich wie zwei Personen, die<br />
nichts miteinander zu tun haben: eine selbstbewusste und eine hilflos-minderwertige.“<br />
(Wardetzki 2010, S. 153, 154)<br />
Die horizontale Spaltung hingegen bezieht sich auf das Abspalten der<br />
wahren Gefühle, ganz gleich in welchem Segment sich ein Mensch<br />
befindet.<br />
Tabelle 1 : Narzisstische Spaltung 1 (Wardetzki 2009, S. 151)<br />
Falsches Selbst<br />
Minderwertigkeitssegment<br />
Minderwertigkeit<br />
Depression<br />
Grössensegment<br />
Grandiosität<br />
Wahres Selbst<br />
4.1 Identifikation mit dem Grössensegment<br />
Es ist einleuchtend, dass eher Jungen „welche nicht weinen dürfen“, welche<br />
stark und cool sein müssen und, je nach kulturellem Hintergrund, dem<br />
Vorbild ihres Vaters als (mindestens heimliches) Oberhaupt der Familie<br />
folgen, die Identifikation mit dem Grössenselbst wählen.<br />
Es gibt aber auch <strong>Frau</strong>en, welche vielleicht die depressive und angepasste<br />
Opferhaltung der eigenen Mutter als so unattraktiv erleben, dass sie<br />
unbewusst lieber den zwar emotional abwesenden, aber beruflich, sozial<br />
oder politisch erfolgreichen Vater als Modell wählen. Viele gut ausgebildete,<br />
beruflich kompetente <strong>Frau</strong>en mit einer frühen Störung des Selbstwertes<br />
identifizieren sich mit dem allgegenwärtigen Idealbild der eleganten,<br />
unabhängigen und leistungsstarken Superfrau, die Beruf, Weiterbildung,<br />
Partnerschaft und Kinder souverän meistert und daneben Zeit für<br />
Fitness, soziales Engagement und Freundeskreis übrig hat.<br />
„Meine Beobachtung ist, dass diese Situation auf Kosten der Weiblichkeit geht. Alles<br />
Weiche und Weibliche verleugnen (männlich-) narzisstische <strong>Frau</strong>en an sich, sie streben<br />
einen im Grunde unweiblichen, dünnen Körper an, haben keinen Zugang zu ihrer<br />
Hingabefähigkeit und Liebe und betonen statt dessen den männlich-leistungsbetonten<br />
Aspekt von sich, als würde Weiblichkeit gleichsam Schwäche bedeuten, die sie auf<br />
jeden Fall abwehren müssen. Das Wissen darum, welche Stärke im <strong>Frau</strong>sein liegt, ist<br />
ihnen nicht zugänglich. Diesen Zugang finden sie erst dann, wenn sie ihre weichen<br />
Seiten ebenso annehmen wie ihre körperlichen Rundungen und in Kontakt mit ihrer<br />
seelischen Tiefe kommen.“ (Wardetzki 2009, S. 106)<br />
Abschlussarbeit: Brigitte Obrecht Parisi 21