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Die wunderbare Welt der Farbe …darum lieb ich alles, was so rot ist…

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| Design | Teil 1 | | <strong>Farbe</strong> Rot |<br />

ner, um <strong>der</strong>en Kräfte in s<strong>ich</strong> aufzunehmen.<br />

Der germanische Gewittergott Donar<br />

hatte <strong>rot</strong>e Haare und alle <strong>rot</strong> gefärbten<br />

Tiere wie das Rotkehlchen, <strong>der</strong> Fuchs<br />

o<strong>der</strong> das E<strong>ich</strong>hörnchen galten als dem<br />

Donar heilig. Auch die Augen und <strong>der</strong> Bart<br />

des Jagdgottes Wotan waren feurig <strong>rot</strong>.<br />

Mit <strong>der</strong> Einführung des Christentums wurde<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> <strong>rot</strong>en <strong>Farbe</strong> bei den<br />

Germanen uminterpretiert. Nun gab es<br />

die Gestalt des Teufels mit <strong>rot</strong>en Haaren<br />

und <strong>rot</strong>em Bart. Frauen mit <strong>rot</strong>en Haaren<br />

galten als Dirnen o<strong>der</strong> Hexen, und die<br />

Mohnblume wurde zur Teufelsblume.<br />

Bis zur Französischen Revolution bestimmte<br />

in Europa eine Klei<strong>der</strong>ordnung,<br />

wer <strong>was</strong> und welche <strong>Farbe</strong>n tragen durfte.<br />

Reine <strong>Farbe</strong>n waren ausschließl<strong>ich</strong> den<br />

Re<strong>ich</strong>en aus dem Adelsstand vorbehalten.<br />

Bei den Römern war das Tragen von<br />

mit Purpur gefärbten Gewän<strong>der</strong>n nur dem<br />

Kaiser erlaubt. <strong>Die</strong> Senatoren mussten<br />

s<strong>ich</strong> mit einem purpurnen Band an <strong>der</strong><br />

Toga begnügen. Wie bei den römischen<br />

Kaisern war das Tragen von purpur<strong>rot</strong>en<br />

Gewän<strong>der</strong>n auch bei den deutschen Kaisern<br />

und den Kardinälen ein Statussymbol<br />

<strong>der</strong> Macht. <strong>Die</strong> Gewinnung <strong>der</strong> reinen<br />

<strong>Farbe</strong>n aus Naturfarbstoffen war jedoch<br />

außerordentl<strong>ich</strong> schwierig und dementsprechend<br />

teuer. Rot war die teuerste <strong>Farbe</strong>,<br />

weil die Herstellung und die Färberei<br />

sehr aufwändig waren. <strong>Die</strong> Gesch<strong>ich</strong>te<br />

<strong>der</strong> <strong>rot</strong>en Textilfarben ist daher ein Kapitel<br />

des Luxus. Das edelste Rot ist Purpur<strong>rot</strong>.<br />

Um ein Gramm Purpur zu gewinnen, musste<br />

man ca. 8000 Purpurschnecken töten,<br />

<strong>der</strong>en Drüsensaft den begehrten gelb<strong>rot</strong>en<br />

Farbstoff enthält. Der <strong>rot</strong>e Purpur wurde<br />

allmähl<strong>ich</strong> durch das Scharlach<strong>rot</strong> <strong>der</strong><br />

Kermeslaus verdrängt. <strong>Die</strong>sen Farbstoff<br />

gewann man aus getrockneten weibl<strong>ich</strong>en<br />

Kermesschildläusen, welche als<br />

Saftsauger die Scharlache<strong>ich</strong>en des<br />

Mittelmeergebietes besiedeln. Sie saugen<br />

s<strong>ich</strong> an den Blättern fest und legen<br />

Eier, die mit einem <strong>rot</strong>en Saft gefüllt sind.<br />

Da s<strong>ich</strong> Läuse, wenn sie s<strong>ich</strong> festgesaugt<br />

haben, n<strong>ich</strong>t mehr bewegen und schließl<strong>ich</strong><br />

über den Eiern absterben, hielt man<br />

sie früher für Beeren, die aus den Blättern<br />

wachsen. <strong>Die</strong> Läuse wurden in alten Rezepten<br />

daher auch als „Kermesbeeren“<br />

beze<strong>ich</strong>net. Für ein Kilo Läusefarbe müssen<br />

ungefähr 140 000 Läuse mit einem<br />

Rote Beeren:<br />

Süß und kräftig im<br />

Geschmack.<br />

Roter Hahnenkamm:<br />

Rot steht auch für<br />

Aggressivität und Sexualität.<br />

Rotes Holzhaus:<br />

Auffällige <strong>Farbe</strong> für<br />

schl<strong>ich</strong>te Form.<br />

Rotes SPD-Logo: Seit den<br />

Jakobinern gilt Rot als <strong>Farbe</strong><br />

<strong>der</strong> Revolution.<br />

Holzspachtel von den Blättern gekratzt<br />

werden. Getrocknet werden die Läuse zu<br />

einem <strong>rot</strong>en Pulver zerrieben. Mit einem<br />

Kilo <strong>der</strong> Läusefarbe kann man etwa zehn<br />

Kilo Wolle färben. Mit <strong>der</strong> Zeit fanden s<strong>ich</strong><br />

noch weitere Mögl<strong>ich</strong>keiten, <strong>rot</strong>e <strong>Farbe</strong><br />

herzustellen. Zum Beispiel das Türkisch-<br />

Rot aus <strong>der</strong> Krapp-Pflanze, einer stacheligen<br />

Verwandten des Waldmeisters. Der<br />

Krapp hat in seiner Wurzel einen <strong>rot</strong>en<br />

Farbstoff, mit dem lange Zeit fast alle <strong>rot</strong>en<br />

Klei<strong>der</strong> gefärbt wurden. Nach <strong>der</strong> Eroberung<br />

Mexikos 1532 durch die Spanier<br />

kam ein neuer <strong>rot</strong>er Farbstoff nach Europa,<br />

das Karmin<strong>rot</strong> <strong>der</strong> amerikanischen Cochenillelaus.<br />

Damit konnte eine noch intensiver<br />

wirkende Färbung von Textilien<br />

erre<strong>ich</strong>t werden, <strong>was</strong> dazu führte, dass<br />

das Kermes<strong>rot</strong> vollständig verdrängt wurde.<br />

Rot, im Mittelalter die <strong>Farbe</strong> <strong>der</strong> Herrschenden,<br />

bekam mit <strong>der</strong> Französischen<br />

Revolution eine an<strong>der</strong>e Bedeutung. <strong>Die</strong><br />

Jakobiner, die revolutionärste Fraktion<br />

<strong>der</strong> Revolutionäre, erwählte die „<strong>rot</strong>e“<br />

Mütze <strong>der</strong> Galeerensträflinge zum Symbol<br />

<strong>der</strong> Revolution. Nach diesem Vorbild<br />

erstellten revolutionäre Komitees <strong>rot</strong>e<br />

Fahnen und seitdem ist Rot die <strong>Farbe</strong> <strong>der</strong><br />

Revolutionäre und aller Parteien links von<br />

<strong>der</strong> Mitte.<br />

Rot war in kalten Län<strong>der</strong>n wie Russland<br />

seit jeher eine sehr positiv besetzte <strong>Farbe</strong>.<br />

Der „<strong>rot</strong>e Platz“ in Moskau heißt auch<br />

„schöner Platz“, und die „<strong>rot</strong>e Armee“<br />

nannte man auch „herrl<strong>ich</strong>e Armee“. Das<br />

russische Wort „krasnaja“ bedeutet<br />

gle<strong>ich</strong>zeitig „<strong>rot</strong> und schön“. Das Tragen<br />

<strong>rot</strong>er Bän<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Tücher gehörte bei vielen<br />

Völkern zu den Hochzeitsbräuchen.<br />

Im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t heirateten in Nürnberg<br />

die re<strong>ich</strong>en Patrizierinnen in einem <strong>rot</strong>en<br />

Brautkleid. <strong>Die</strong>se Tradition gab es auch<br />

schon in <strong>der</strong> Römerzeit: <strong>Die</strong> römischen<br />

Bräute wurden mit einem feuer<strong>rot</strong>en Tuch<br />

umhüllt, dem Flammeum, welches<br />

Fruchtbarkeit und Liebe garantieren <strong>so</strong>llte.<br />

Heute noch tragen in Europa die neugriechischen,<br />

die albanischen und armenischen<br />

Bräute <strong>rot</strong>e Brautschleier. Rot ist<br />

auch eine herzl<strong>ich</strong>e <strong>Farbe</strong>. Das <strong>rot</strong>e Herz<br />

ist das Ze<strong>ich</strong>en <strong>der</strong> Liebe. Wer <strong>lieb</strong>t, von<br />

dem sagt man, dass er sein Herz verschenkt.<br />

Er verschenkt das, <strong>was</strong> ihn am<br />

Leben erhält. Das helle leuchtende Rot<br />

war bei den Griechen und später auch im<br />

Christentum mit dem männl<strong>ich</strong>en Prinzip<br />

<strong>der</strong> Macht verbunden, in Japan hingegen<br />

wird das Rot noch heute eher dem Weibl<strong>ich</strong>en<br />

zugeordnet.<br />

<strong>Die</strong> ersten Drucker im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t fertigten<br />

ihre Druckfarben selbst an, meist<br />

aus Ruß und Öl. <strong>Die</strong> erste <strong>rot</strong>e <strong>Farbe</strong>, die<br />

man zu Druckzwecken verwendete, war<br />

wahrscheinl<strong>ich</strong> aus Zinnober, das ursprüngl<strong>ich</strong><br />

als Erdfarbe gewonnen wurde.<br />

Bereits unter den ersten Exemplaren <strong>der</strong><br />

Gutenberg-Bibel waren einige, bei denen<br />

<strong>der</strong> Mainzer Meister neben <strong>der</strong> schwarzen<br />

auch <strong>rot</strong>e Druckfarbe verwendet hat. Rot<br />

war al<strong>so</strong> die erste Zusatzfarbe. Der Begriff<br />

Rubrik (von lat. ruber „<strong>rot</strong>”) beze<strong>ich</strong>nete<br />

damals durch <strong>rot</strong>e Schrift hervorgehobene<br />

Überschriften. Erst allmähl<strong>ich</strong>e wandelte<br />

s<strong>ich</strong> die Bedeutung zum heutigen<br />

„unter einer Überschrift stehen<strong>der</strong> Abschnitt,<br />

Abteilung, Spalte“.<br />

Erst das 19. Jahrhun<strong>der</strong>t brachte weit re<strong>ich</strong>ende<br />

Verbesserungen in <strong>der</strong> Farbherstellung.<br />

<strong>Die</strong> entscheidende Grundlage<br />

für die Entwicklung <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Farbstoffchemie<br />

bildete die Entdeckung des<br />

Phenols und des Anilins im Steinkohleteer<br />

durch den deutschen Chemiker Fried<strong>lieb</strong><br />

Ferdinand Runge im Jahre 1834.<br />

22 Jahre später, im Jahre 1856, machte <strong>der</strong><br />

18jährige Student William Perkin in London<br />

eine zufällige Entdeckung. Eigentl<strong>ich</strong><br />

wollte er durch die Oxidation von Anilin<br />

Chinin, ein fiebersenkendes Mittel, herstellen.<br />

Doch er erhielt eine schwarzviolette<br />

Masse, aus <strong>der</strong> er durch Extraktion<br />

mit Alkohol einen violetten Farbstoff i<strong>so</strong>lieren<br />

konnte, den er Mauvein nannte.<br />

Perkins Farbstoff war <strong>der</strong> erste künstl<strong>ich</strong><br />

hergestellte Anilinfarbstoff, dem bald viele<br />

weitere folgten, die die natürl<strong>ich</strong>en <strong>Farbe</strong>n<br />

nach und nach ablösten.<br />

<strong>Die</strong> Wirkung <strong>der</strong> <strong>Farbe</strong> Rot<br />

Rot ist eine sehr dynamische <strong>Farbe</strong>. Rot<br />

ist n<strong>ich</strong>t neutral und lässt niemanden<br />

gle<strong>ich</strong>gültig, denn Rot ist eine Reizfarbe.<br />

Man fühlt s<strong>ich</strong> von dieser <strong>Farbe</strong> angezogen<br />

o<strong>der</strong> abgestoßen, wird durch sie im<br />

positiven Sinne angeregt o<strong>der</strong> fühlt s<strong>ich</strong><br />

von ihr in negativer Weise aufgeregt. <strong>Die</strong><br />

bloße Wahrnehmung <strong>der</strong> <strong>Farbe</strong> Rot er-<br />

Rotes Coca-Cola-Logo:<br />

Mit Rot zur <strong>Welt</strong>marke.<br />

Roter Santa Claus:<br />

Von Coca-Cola erfunden<br />

und Ursprung für viel Rot<br />

in <strong>der</strong> Weihnachtszeit.<br />

| 16 | PRINT & PRODUKTION 3/2004 |

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