18.11.2014 Aufrufe

Die wunderbare Welt der Farbe …darum lieb ich alles, was so rot ist…

Die wunderbare Welt der Farbe …darum lieb ich alles, was so rot ist…

Die wunderbare Welt der Farbe …darum lieb ich alles, was so rot ist…

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

| Design | Teil 10 | | <strong>Farbe</strong> Schwarz |<br />

Alles beginnt und endet in Schwarz, im Anfang in Finsternis und am Ende in<br />

Trauer. Da lohnt es n<strong>ich</strong>t darüber zu streiten, ob die unbunte <strong>Farbe</strong> des <strong>Welt</strong>alls<br />

wirkl<strong>ich</strong> eine <strong>Farbe</strong> ist. Fest steht, dass Schwarz bei <strong>der</strong> Abwesenheit von L<strong>ich</strong>t<br />

jegl<strong>ich</strong>er Wellenlänge entsteht und Reserviertheit und Strenge, aber auch<br />

Feierl<strong>ich</strong>keit und Sinnl<strong>ich</strong>keit verströmt.<br />

Schwarzer Luxus: In <strong>der</strong> <strong>Farbe</strong>nlehre des Automobils bedeutet Schwarz Status.<br />

Grau, Braun und<br />

Anfang und Ende –<br />

Eleganz und Elend<br />

Angenommen, man ginge davon aus,<br />

dass die Kunstszene am besten dafür geeignet<br />

wäre den guten Geschmack zu treffen,<br />

dann wäre die Frage <strong>der</strong> ultimativen<br />

Kleidungsfarbe entschieden. Schließl<strong>ich</strong><br />

bevorzugt die heutige Kunstszene eindeutig<br />

Schwarz für ihre „gnostische<br />

Tracht“. T<strong>rot</strong>z dieser hohen Weihen steht<br />

Schwarz in <strong>der</strong> europäischen Kultur nach<br />

wie vor in erster Linie für die Dunkelheit,<br />

den Tod <strong>so</strong>wie für Trauriges und Böses.<br />

Gesch<strong>ich</strong>te<br />

Schwarz ist die <strong>Farbe</strong> <strong>der</strong> furchtbaren<br />

Erde, <strong>der</strong> Fruchtbarkeits- und Muttergöttinnen<br />

und des Todes. Im alten Ägypten<br />

waren dies vor allem die schwarze Isis<br />

und Anubis, <strong>der</strong> schakalköpfige Wächter<br />

am Tor <strong>der</strong> Gräber. Schwarz waren auch<br />

die griechischen Unterweltgötter wie Charon,<br />

<strong>der</strong> Fährmann in die Unterwelt, und<br />

Hekate, die Greisengöttin. <strong>Die</strong> <strong>Farbe</strong> verkörpert<br />

auch die Herren des Totenre<strong>ich</strong>es<br />

Hades, Pluto und Cerberus. Das Christentum<br />

kennt „Schwarze Madonnen“, einen<br />

Typus von Marienbil<strong>der</strong>n, die schwarz<br />

sind, <strong>was</strong> auf das hohe Alter des Holzes<br />

und die Verrußung durch das Anzünden<br />

von Kerzen vor dem Andachtsbild zurückzuführen<br />

ist. Schwarzafrikaner wurden<br />

bereits in <strong>der</strong> Antike Neger genannt, nach<br />

dem lateinischen Ausdruck für Schwarz:<br />

niger.<br />

Im Althochdeutschen bedeutete „ swartz“<br />

noch „im Dunklen liegend“, später wandelte<br />

s<strong>ich</strong> die Bedeutung zu „schmutzfarbig“,<br />

schließl<strong>ich</strong> zu schwarz. In <strong>der</strong> Spätantike<br />

waren die Kutten <strong>der</strong> Mönche <strong>der</strong><br />

ersten Orden noch aus ungefärbter Wolle,<br />

al<strong>so</strong> eher grau. Um das Jahr 1000 wurden<br />

dann die Ordensfarben neu festgelegt:<br />

Schwarz. Schwarz färben war teurer als<br />

grau o<strong>der</strong> braun und dennoch o<strong>der</strong> gerade<br />

deswegen wurde Schwarz zur be<strong>lieb</strong>testen<br />

<strong>Farbe</strong> <strong>der</strong> Mönch<strong>so</strong>rden. Damals<br />

gab es Schönfärber und Schwarzfärber.<br />

<strong>Die</strong> Schönfärber färbten die leuchtenden,<br />

teuren <strong>Farbe</strong>n, die nur für teure Stoffe verwendet<br />

wurden – zuweilen wurde aber<br />

auch billige Stoffe durch „ Schönfärberei”<br />

aufgewertet. Seit <strong>der</strong> Entdeckung Amerikas<br />

stand den Schwarzfärbern „Blauholz”<br />

zur Verfügung, ein Färbemittel, das intensive<br />

Schwarztöne lieferte und Schwarz als<br />

Klei<strong>der</strong>farbe immer be<strong>lieb</strong>ter werden ließ.<br />

Zu jener Zeit brach auch die Farbordnung<br />

des Mittelalters zusammen. Zuvor hatte<br />

<strong>der</strong> Adel die leuchtenden <strong>Farbe</strong>n für s<strong>ich</strong><br />

reserviert und die unteren Sch<strong>ich</strong>ten mussten<br />

die dunklen, unreinen <strong>Farbe</strong>n tragen.<br />

Doch <strong>der</strong> Adel wurde ärmer und das Bürgertum<br />

durch Handel re<strong>ich</strong>er. Bald ließ es<br />

s<strong>ich</strong> die <strong>Farbe</strong>n ihrer Kleidung vom Adel<br />

n<strong>ich</strong>t mehr vorschreiben. Parallel dazu<br />

wurden in <strong>der</strong> Malerei die Symbolfarben<br />

durch Realitätsfarben ersetzt. <strong>Die</strong> Realität<br />

sah allerdings düster aus. <strong>Die</strong> Pest, <strong>der</strong><br />

„Schwarze Tod” wurde als Strafger<strong>ich</strong>t<br />

Gottes angesehen. Um die Eitelkeit, die<br />

damals Todsünde bedeutete, zu verbergen,<br />

trug man schwarz. Auch die spanische<br />

Mode des katholischen Ab<strong>so</strong>lutismus<br />

bevorzugte dunkle <strong>Farbe</strong>n, allem<br />

voran Schwarz. <strong>Die</strong> berühmtesten Relikte<br />

dieser Zeit sind die auf schwarzem Hintergrund<br />

gemalten Bil<strong>der</strong> des Katholiken Rubens<br />

und des P<strong>rot</strong>estanten Rembrandt.<br />

Zeitgle<strong>ich</strong> wurde die einheitl<strong>ich</strong> schmucklose<br />

schwarze Kleidung zur Tracht <strong>der</strong> Reformation,<br />

die damit ihre fromme Bescheidenheit<br />

zum Ausdruck bringen wollte.<br />

Der schwarze Talar wurde 1811/1817<br />

durch den preußischen König eingeführt,<br />

weil die Pfarrer und Rabbiner eine „einheitl<strong>ich</strong>e<br />

Uniform“ tragen <strong>so</strong>llten. Bis heute<br />

ist <strong>der</strong> schwarze Talar auch <strong>der</strong> Habit<br />

<strong>der</strong> Ehrenträger <strong>der</strong> Universität und die<br />

festl<strong>ich</strong>e Amtskleidung <strong>der</strong> Bürgermeister.<br />

Im Katholizismus heißt das gle<strong>ich</strong>e<br />

schwarze Kleidungsstück Soutane, in <strong>der</strong><br />

Jurisprudenz Robe. Bis heute ist das Tragen<br />

<strong>der</strong> Robe während mündl<strong>ich</strong>er Ger<strong>ich</strong>tsverhandlungen<br />

für R<strong>ich</strong>ter, Anwälte<br />

und bestimmte Ger<strong>ich</strong>tsbedienstete<br />

zwingend vorgeschrieben. Noch immer<br />

kann ein R<strong>ich</strong>ter einen Anwalt von <strong>der</strong><br />

Verhandlungsteilnahme ausschließen,<br />

wenn dieser ohne Robe erschienen ist.<br />

Schwarz wurde bis um 1900 <strong>so</strong>gar vielfach<br />

bei Hochzeiten getragen, nur <strong>der</strong><br />

Schleier <strong>der</strong> Braut war weiß. Der Grund:<br />

Kaum jemand konnte es s<strong>ich</strong> leisten, ein<br />

Kleid für einen einzigen Tag zu kaufen und<br />

ein schwarzes Kleid konnte man später<br />

ohne Probleme wie<strong>der</strong> anziehen.<br />

In Südwestchina ist <strong>so</strong>gar eine kleine<br />

Volksgruppe ansässig, die s<strong>ich</strong> durch ihre<br />

Vor<strong>lieb</strong>e für schwarze Kleidung ausze<strong>ich</strong>net.<br />

<strong>Die</strong>se rund 50 000 Menschen sind<br />

ein be<strong>so</strong>n<strong>der</strong>er Zweig <strong>der</strong> bevölkerungsre<strong>ich</strong>sten<br />

nationalen Min<strong>der</strong>heit Zhuang<br />

und heißen im Volksmund Schwarzklei<strong>der</strong>-Zhuang.<br />

Sie gelten als einzigartig,<br />

weil sie ein Eremitendasein fristen und ihr<br />

Leben durch einen festen Sitten- und Verhaltenskodex<br />

in Sachen Ehe, Essen und<br />

Trinken und Kleidung bestimmt wird.<br />

Als <strong>Farbe</strong> einer faschistischen Bewegung<br />

tauchte Schwarz 1919 in Italien auf. Am<br />

23. März 1919 gründeten in Mailand rund<br />

200 radikale Nationalisten und Sozialrevolutionäre<br />

unter <strong>der</strong> Führung von Benito<br />

Mus<strong>so</strong>lini die „fasci Italiani di combattimento“.<br />

Ihr Kennze<strong>ich</strong>en war ein schwarzes<br />

Hemd. <strong>Die</strong> Schutzstaffel (SS), die<br />

1925 zum persönl<strong>ich</strong>en Schutz von Adolf<br />

Hitler gegründet worden war, übernahm<br />

diese Farbgebung von den Italienern. Als<br />

Verkörperung <strong>der</strong> national<strong>so</strong>zialistischen<br />

Herrenmenschenideologie <strong>so</strong>llte <strong>der</strong><br />

„Schwarze Orden“ die Keimzelle einer<br />

nordischen Rassendominanz werden.<br />

Faktisch sind die schwarzen Uniformen<br />

<strong>der</strong> SS allerdings zum internationalen<br />

Symbol für Sadismus und Gewalt geworden.<br />

„Black is Beautiful“ war das Motto <strong>der</strong><br />

Bürgerrechtsbewegung in den USA <strong>der</strong><br />

60er Jahre, <strong>der</strong>en herausragen<strong>der</strong> P<strong>rot</strong>agonist<br />

Martin Luther King war. Auch in<br />

Afrika, dem schwarzen Kontinent, steht<br />

Schwarz für das Volk. Es symbolisiert in<br />

den Flaggen und Wappen das Selbstbewusstsein<br />

<strong>der</strong> unabhängig gewordenen<br />

Staaten. Das Freiheitssymbol <strong>der</strong> Afrikaner<br />

ist ein schwarzer, fünfzackiger Stern.<br />

Symbolik<br />

Schwarz wird gemeinhin mit Schmutz und<br />

Dunkelheit as<strong>so</strong>ziiert, als <strong>Farbe</strong>, die alle<br />

an<strong>der</strong>en <strong>Farbe</strong>n ins Negative kehrt. In <strong>der</strong><br />

christl<strong>ich</strong>en Farbsymbolik bedeutet<br />

Schwarz irdische Trauer, Grau das jüngste<br />

Ger<strong>ich</strong>t und Weiß Auferstehung. Der Tod<br />

wird deshalb vielfach als schwarzer Sensenmann<br />

beschrieben, die menschl<strong>ich</strong>e<br />

Seele als schwarzer Hund. Schwarze Tiere<br />

wie Raben, Krähen, Eulen und schwarze<br />

Katzen galten früher als Unglücksbringer<br />

und Todesboten, das schwarze Schaf<br />

steht noch heute für Außenseitertum.<br />

Pech wurde zum Symbol des Unglücks,<br />

weil es pechrabenschwarz ist. Im Engli-<br />

| 22 | PRINT & PRODUKTION 6/2005 |

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!