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seit den sechzigern werden in Lustenau stickereien für ... - Saiten

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e<strong>in</strong>e ballade<br />

über das<br />

sorgenk<strong>in</strong>d<br />

fussball.<br />

saiten 07/08.11<br />

ausnahmsweise ist der extrazug fast pünktlich. 01.30 uhr.<br />

Ke<strong>in</strong>er der mitgereisten Fans und anhänger des FC<br />

st.gallen sche<strong>in</strong>t zwischen W<strong>in</strong>terthur und gossau noch<br />

lust, auf die üblichen «spielereien» mit der notbremse<br />

gehabt zu haben. hunderte zumeist junge männer und<br />

Frauen kommen e<strong>in</strong>em um halb zwei <strong>in</strong> der nacht vom<br />

gleis entgegen. e<strong>in</strong>ige s<strong>in</strong>gen noch immer. traurig, trotzig<br />

<strong>für</strong> ihren vere<strong>in</strong>: «mir s<strong>in</strong>d immer <strong>für</strong> di doh. scheissegal,<br />

wo du ane gohsch. da isch döt, wo mir h<strong>in</strong>der dir stönd.»<br />

die gesänge klangen <strong>in</strong> anderen nächten lauter und überzeugter.<br />

es ist die nacht vom mittwoch auf donnerstag,<br />

25./26. Juni. der FC st.gallen hatte <strong>in</strong> bern das letzte<br />

spiel e<strong>in</strong>er <strong>den</strong>kwürdig verknorzten saison mit 2:4 verloren.<br />

«st.gallen we<strong>in</strong>t schon wieder» wird es anderntags im<br />

«tagblatt» heissen. tränen s<strong>in</strong>d auch im extrazug geflossen.<br />

reichlich wie das bier bei jeder der achtzehn auswärtsfahrten<br />

der saison. achtzehn mal haben sie sich mit Fahnen,<br />

doppelhaltern, sixpacks, Choreo­material und der<br />

e<strong>in</strong>en oder anderen Pyro­Fackel auf die reise gemacht.<br />

<strong>in</strong>s Wallis. nach neuchâtel zu <strong>den</strong> Freun<strong>den</strong>, «les amis»,<br />

der dortigen Fankurve. <strong>in</strong>s tess<strong>in</strong>, nach bern oder <strong>in</strong> die<br />

<strong>in</strong>nerschweiz. achtzehn Punkte brachte die mannschaft<br />

von diesen Fahrten mit nach hause.<br />

Wenn nur auswärtsspiele gezählt hätten, spielte der<br />

FC st.gallen weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> der super league. Platz sieben,<br />

noch vor neuchâtel, gC oder bell<strong>in</strong>zona. an ihrer unterstützung<br />

und lei<strong>den</strong>schaft kann es also nicht gelegen<br />

haben – «gopfertammi». sie waren dabei, viele von ihnen<br />

wohl bei jedem der achtzehn spiele auf fremdem terra<strong>in</strong>.<br />

Früher wur<strong>den</strong> sie schlachtenbummler genannt, heute<br />

s<strong>in</strong>d sie <strong>für</strong> viele wahlweise e<strong>in</strong>fach hooligans oder Chaoten.<br />

staatsfe<strong>in</strong>de irgendwie. selbst von szenekennern,<br />

die eng mit der Polizei zusammenarbeiten, wer<strong>den</strong> sie unverblümt<br />

und wiederholt «das saupack» genannt. galgenhumor<br />

ist <strong>in</strong> dieser situation der e<strong>in</strong>zige Fluchtort: ironie<br />

oder sarkasmus, bittere dunkle schokolade <strong>in</strong> die melodie<br />

von «don’t Worry be happy» gegossen: «und mir hend<br />

am meischte stadionverbot/weg dere huere KKs /aber<br />

muesch nöd trurig si /don’t worry be happy.»<br />

immer die hierarchie wahren<br />

auswärts s<strong>in</strong>d auch Fans dabei, die ke<strong>in</strong>en Fuss mehr <strong>in</strong> die<br />

neue arena im Westen der stadt setzen. sie haben nicht<br />

vergessen, dass die Konzernleitung sie immer wieder <strong>für</strong><br />

sämtliche Probleme der FC st.gallen ag verantwortlich<br />

machte. zwischenzeitlich sogar e<strong>in</strong> Choreoverbot erteilte –<br />

fussball-ballade<br />

«wann kommt eigentlich auch noch das <strong>den</strong>kverbot?»<br />

Worte wie stimmungsboykott, scheiss­teppichetage oder<br />

Kreisel­billy s<strong>in</strong>d jedem st.galler Fan e<strong>in</strong> begriff. «auswärts<br />

ist geiler», sagen viele. «ohne modefans. du spürst<br />

schon im zug <strong>den</strong> zusammenhalt. und hey: immerh<strong>in</strong><br />

s<strong>in</strong>d unsere extrazüge die e<strong>in</strong>zigen, wo du noch ungeniert<br />

rauchen darfst.» Fussballfans s<strong>in</strong>d lei<strong>den</strong>sfähig. «steig e<strong>in</strong>mal<br />

aus dem zug», sagt e<strong>in</strong>er, «und schau als erstes fünfzig<br />

robocops aus bern, basel oder luzern <strong>in</strong> die augen h<strong>in</strong>ter<br />

gepanzertem glas. tränengastpistolen im anschlag – direkt<br />

auf dich gerichtet.» dann der Weg, der e<strong>in</strong>en immer wieder<br />

an grauenhafte historische bilder von deportationen<br />

er<strong>in</strong>nert. zwei, drei, vier oder fünfhundert Fans zusammengepfercht<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em drei­meter­Korridor zwischen<br />

drahtgittern, stacheldraht, geführt von tränengas oder<br />

gummischrot.<br />

die e<strong>in</strong>gangskontrollen <strong>in</strong>s stadion s<strong>in</strong>d so, dass die<br />

auswärtsfans nicht selten zwanzig m<strong>in</strong>uten oder e<strong>in</strong>e halbe<br />

stunde des spiels verpassen. und da<strong>für</strong> noch e<strong>in</strong>tritt<br />

bezahlen: Für <strong>den</strong> abstiegsmatch im berner stade de suisse<br />

zahlte jede st.galler<strong>in</strong>, jeder st.galler 29.50 Franken<br />

e<strong>in</strong>tritt. etwa gleich lang, <strong>in</strong> m<strong>in</strong>uten, dauerte es, um<br />

beim stadion­Caterer e<strong>in</strong> bier zu ergattern: «mach mol<br />

<strong>für</strong>schi, du huere tubel …» die Wirklichkeit <strong>in</strong> <strong>den</strong> neuen<br />

arenen des landes ist e<strong>in</strong> spiegelbild der gesellschaft.<br />

das «saupack» da unten, die geschäftsleute mit anhang,<br />

lachsbrötchen und bonaparty­viergangmenü auf e<strong>in</strong>em<br />

bus<strong>in</strong>ess seat oben <strong>in</strong> der Champions oder Future lounge.<br />

ohne die ist Fussball sche<strong>in</strong>bar nicht mehr zu bezahlen.<br />

don’t worry be happy.<br />

hühnerhaut auf dem spielfeld<br />

«ich habe e<strong>in</strong>fach spekuliert, dass der ball am h<strong>in</strong>teren<br />

Pfosten lan<strong>den</strong> wird. zelli schlägt die eckbälle oft so, dass<br />

sie scharf auf circa zwei metern höhe <strong>in</strong> der mitte des<br />

tores vorbeifliegen. dort versucht alex de Freitas mit dem<br />

Kopf zur stelle zu se<strong>in</strong>. das ist der Plan. manchmal kann<br />

er <strong>den</strong> ball aber auch nur verlängern und so war das am<br />

samstag.» thomas <strong>in</strong>auen, der beim 4:2­sieg des sC brühl<br />

das mitentschei<strong>den</strong>de tor zum 3:2 erzielte, stösst e<strong>in</strong>e Woche<br />

nach dem aufstiegsfest im Paul­grün<strong>in</strong>ger­stadion zu<br />

e<strong>in</strong>er recht gut gelaunten runde im Kebab­la<strong>den</strong>. es ist<br />

drei uhr morgens und die stadt ist bevölkert mit hunderten<br />

musikant<strong>in</strong>nen und musikanten vom blasmusik­Fest.<br />

der bald zwanzigjährige verteidiger, der von der Fussballschule<br />

bis zur ersten mannschaft, stets beim Club aus dem<br />

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