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Frankreichs schönste Seiten - Maison de la France

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Als Vanillebauer muss man auch klettern<br />

können: Bis zu 30 Meter rankt die Vanille-<br />

Orchi<strong>de</strong>e an Bäumen empor<br />

Louis Leichnig, Vanillebauer<br />

in zweiter Generation<br />

aufgezeichnet von Birgit Weidt<br />

i<br />

Informationen<br />

Marché <strong>de</strong> St-Paul<br />

Der Markt ist von Freitagmorgen bis<br />

Samstagmittag geöffnet.<br />

Vanillegenossenschaft<br />

P<strong>la</strong>ntage Bras Panon<br />

Mo.- Sa 8.30-12, 14-17 Uhr<br />

Rund 750 Vanillepf<strong>la</strong>nzer haben sich<br />

1951 zusammengeschlossen und verarbeiten<br />

hier Vanille. Zu besichtigen sind<br />

Pf<strong>la</strong>nzung und Schautafeln, es gibt auch<br />

einen La<strong>de</strong>n mit Spezialitäten.<br />

Maurice Roulof<br />

ist Vanille-Experte und führt über die<br />

Vanille-P<strong>la</strong>ntage.<br />

Vorherige Anmeldung erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

97440 St-André, 470 Rue <strong>de</strong>s Chanets,<br />

Tel. +262 (0)262-10 87 15<br />

14 | Portrait bonjour<br />

bonjour!<br />

bonjour!<br />

Louis breitet die schoko<strong>la</strong><strong>de</strong>nbraunen Vanilleschoten vor sich aus – eine<br />

betören<strong>de</strong> Duftwolke umgibt ihn. Ein warmer Hauch verteilt das süße<br />

Aroma über <strong>de</strong>n Marktp<strong>la</strong>tz von St-Paul. Je<strong>de</strong>n Freitag und Samstag preist<br />

<strong>de</strong>r hagere, wettergegerbte Mann hier seine Ware an.<br />

Bereits in <strong>de</strong>n frühen Morgenstun<strong>de</strong>n ist er von einer<br />

Menschentraube umringt: Touristen erstehen das edle<br />

Gewürz als Mitbringsel, Einheimische kaufen es für die<br />

Sonntagsküche und prüfen die Stangen auf ihre Frische.<br />

»C’est bon?«, fragt Louis über <strong>de</strong>n mit bunten Tüchern<br />

geschmückten Marktstand. »Oui, Monsieur!« – eine<br />

junge Französin rollt verzückt mit <strong>de</strong>n Augen und lächelt. Mit einem spitzen<br />

Messer ritzt Louis eine Schote auf, schabt das feuchte Mark auf ein Holzbrettchen:<br />

„Hier, schauen Sie: die reinste Bourbon-Vanille. Ihr Aroma besteht<br />

aus vierzig verschie<strong>de</strong>nen Duftstoffen!“<br />

Vanille wird auf La Réunion nicht nur für Süßspeisen verwen<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn<br />

auch für herzhafte Gerichte mit hellem Fleisch o<strong>de</strong>r Fisch. „Aber Vorsicht“,<br />

warnt Louis, »Vanille hat einen sehr starken Charakter und darf nicht zu<br />

sehr mit an<strong>de</strong>ren Gewürzen o<strong>de</strong>r Aromen vermischt wer<strong>de</strong>n.“<br />

Der 52-Jährige wohnt mit seiner Frau in Le Baril, im Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Insel. Nicht<br />

weit von seinem Haus liegt die P<strong>la</strong>ntage, mitten im Regenwald. Dort ranken<br />

die Vanille-Orchi<strong>de</strong>en an Palmen und Zimtbäumen bis zu 30 Meter in die<br />

Höhe. Deswegen klettert Louis von Zeit zu Zeit die Stämme hinauf, um die<br />

oberen En<strong>de</strong>n nach unten zu ziehen und auf Mannshöhe festzubin<strong>de</strong>n.<br />

Von Südamerika kommend, fand die exotische Orchi<strong>de</strong>e auf La Réunion<br />

eine zweite Heimat. Als Han<strong>de</strong>lsreisen<strong>de</strong> Anfang <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts erste<br />

Setzlinge in die fruchtbare Vulkaner<strong>de</strong> pf<strong>la</strong>nzten, trug die Insel noch <strong>de</strong>n<br />

Namen Bourbon, benannt nach <strong>de</strong>m Geschlecht <strong>de</strong>s französischen Königs<br />

Ludwig XIV. Im tropisch-feuchten Klima gedieh die Pf<strong>la</strong>nze prächtig, bil<strong>de</strong>te<br />

jedoch keine Schoten aus. Es fehlten ganz einfach die Bienen o<strong>de</strong>r Kolibris,<br />

die in Südamerika die Blüten bestäuben.<br />

Vor über 200 Jahren schließlich ge<strong>la</strong>ng einem Sk<strong>la</strong>ven <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Kunstgriff: Aus Wut über seinen Herrn zerdrückte Edmond Albius sämtliche<br />

Vanilleblüten in <strong>de</strong>ssen P<strong>la</strong>ntage mit <strong>de</strong>n Fingern. Doch statt zu<br />

welken, wuchsen plötzlich Schoten aus <strong>de</strong>n Schlingpf<strong>la</strong>nzen, größer, dicker,<br />

ertragreicher als in <strong>de</strong>n bisherigen Anbaulän<strong>de</strong>rn. Seither wer<strong>de</strong>n die Dol<strong>de</strong>n<br />

auf La Réunion ausschließlich von Hand bestäubt. Da die Vanille nur<br />

während einer kurzen Zeit im Jahr und nur für wenige Stun<strong>de</strong>n blüht, fährt

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