Zwergerl Magazin München/Oberland Dez 14 / Jan 15
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eigenen Nachwuchs waren. Sie können sich nun zurücklehnen und ganz<br />
über ihre Enkel freuen. Und wertvolle Lebenserfahrung weiter geben, mit<br />
der so manches Problem plötzlich gar keins mehr ist. Oma hört zu, auch<br />
wenn dafür alles andere liegen bleibt. Opa erzählt spannende Geschichten<br />
von früher – immer wieder will man hören, wie der Papa als Kind vom Baum<br />
gefallen ist oder wie Mama zu Hause Weihnachten gefeiert hat. Niemand<br />
kann so leckere Marmelade kochen wie die Oma, mit niemandem macht<br />
der Waldspaziergang so viel Spaß wie mit dem Opa, der alles über gesunde<br />
Kräuter und giftige Pilze weiß. Enkel brauchen Großeltern, weil sie einfach<br />
anders mit den Sprösslingen umgehen als Mama und Papa. Dabei erfahren<br />
sie nicht nur alte Geschichten, Bräuche und Tricks, sondern ganz nebenbei<br />
auch Rücksicht zu nehmen und andere Ansichten zu akzeptieren. Wenn<br />
Opa Mittagsschlaf macht, ist es ganz selbstverständlich, dass alle so lange<br />
etwas leiser sind. Weil Oma sich nicht mehr so gut bücken kann, räumt<br />
man die Spielsachen eben flugs selbst zurück in die Kiste. Das starke Band<br />
zwischen Großeltern und Enkeln wird besonders wichtig, wenn zu Hause<br />
Probleme auftauchen, weil Kinder und Eltern ständig streiten oder Mutter<br />
und Vater sich trennen wollen. Enkel mit Rückhalt bei Oma oder Opa stehen<br />
solche Krisen besser durch. Die dritte Generation, so Familienforscher, sind<br />
vor allem auch ein emotionaler Anker in stürmischen Zeiten. Beim Geschichtenerzählen<br />
und Marmeladenkochen bleibt es bei den modernen<br />
Großeltern allerdings nicht. Während eine Oma früher ein halbes Dutzend<br />
Kindeskinder um sich hatte, wetteifern Großeltern heute um die Gunst des<br />
raren Nachwuchses. Gesünder, fitter und oft betuchter, sind sie mit ihren<br />
Enkeln auf Ausflügen, Urlaubsreisen, im Kino, Museum oder Theater unterwegs.<br />
Sie tauschen sich per E-Mail oder Whatsapp aus, gehen ins Fitnessstudio<br />
und fahren mit ihren Enkeln auf Rollerblades um die Wette. Sie<br />
begleiten die Kleinen nicht nur zur Einschulung, sondern sind auch noch bei<br />
der Abitur- und Examensfeier dabei. Kein Wunder, dass nur jeder fünfte Teenager<br />
seine Großeltern altmodisch findet. Für die meisten Heranwachsenden<br />
bleiben sie ein wichtiger Bezugspunkt. Das beweisen häufige Besuche und<br />
Telefonate. Auch Teens und Twens schätzen noch die Zeit und Geduld, die<br />
Großeltern für sie übrig haben. Für Geschichten aus der Vergangenheit, Familienanekdoten,<br />
Diskussionen über Schule, Studium oder Job.<br />
Regeln für das Miteinander<br />
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Wenn sich alle Beteiligten an ein paar Regeln halten, klappt das Miteinander<br />
der Generationen, wissen Erziehungswissenschaftler. Die Großeltern<br />
sollten sich weder zeitlich noch mit Ratschlägen aufdrängen und die Wünsche<br />
ihrer Kinder in Erziehungsfragen respektieren. Die jungen Eltern dürfen<br />
ihre Eltern nicht überfordern und sie als ständig verfügbare Babysitter<br />
begreifen. Absprachen helfen, Missverständnisse auszuräumen. Zum Glück<br />
liegen die Vorstellungen zur Kindererziehung heute so nah beieinander wie<br />
zuletzt vor hundert Jahren. Nur fünf Prozent der Großeltern denken laut Generationsbarometer<br />
des Allensbach-Instituts ganz anders als die Eltern. Bis<br />
ins Kleinste Detail muss der Umgang mit dem Sprössling ohnehin nicht<br />
festgelegt werden. Schon Zweijährige können gut unterscheiden, dass bei<br />
Mama und Papa andere Regeln gelten als bei Oma und Opa. Dass es unterschiedliche<br />
Wege gibt, mit dem Leben umzugehen, erweitert den sozialen<br />
Horizont und trainiert Toleranz und Kompromissbereitschaft. Solange Eltern<br />
und Großeltern sich in jeder Situation mit Zuneigung und Respekt begegnen,<br />
ist das enge Miteinander der Generationen also ein hundertprozentiges<br />
Win-win-Geschäft.<br />
Text: Katja von Winzingerode