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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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echt & <strong>gesellschaft</strong><br />

Vorteil kann auch ein Ausdruck der Dankbarkeit<br />

für die bisherige Amtsführung<br />

des Täters sein. Der Anwendungsbereich<br />

dieser Vorschrift ist mannigfaltig. Etwa<br />

wenn ein Täter den Vorteilsgeber regelmäßig<br />

oder doch häufig bevorzugt, oder<br />

aber auch schlicht nicht benachteiligt und<br />

nicht schikaniert, seine Funktion also ge<strong>recht</strong><br />

und fair ausübt. Angesprochen sind<br />

eben genau jene Vorteile, die Sympathie<br />

bei einem Amtsträger bewirken sollen.<br />

Ebenso mit umfasst sind auch Geschenke,<br />

die aus persönlicher Freundschaft gegeben<br />

werden. Auch derartige Geschenke<br />

werden zumindest tw „im Hinblick auf<br />

die Amtsführung“ gegeben.<br />

Als Täter nach § 304 Abs 2 StGB kommen<br />

im Unterschied zu Abs 1 leg cit nicht<br />

schlechthin alle Amtsträger oder Schiedsrichter,<br />

sondern nur österreichische Amtsträger<br />

oder Schiedsrichter, Amtsträger<br />

oder Schiedsrichter eines anderen Mitgliedstaates<br />

der Europäischen Union oder<br />

Gemeinschaftsbeamte in Betracht.<br />

Amtsträger aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten<br />

sowie internationale Funktionäre<br />

außerhalb des Kreises der Gemeinschaftsbeamten<br />

sind von § 304 Abs 2<br />

StGB ebenso nicht umfasst wie Schiedsrichter<br />

an Schiedsgerichten mit Sitz außerhalb<br />

der EU.<br />

Zur subjektiven Tatseite der verbotenen<br />

Geschenkannahme bleibt zu erwähnen,<br />

dass es zum Zeitpunkt der „Annahme“<br />

prinzipiell unerheblich ist, welcher<br />

Verwendung der erlangte Vorteil nach<br />

dem Willen des Amtsträgers zugeführt<br />

werden soll. Dennoch liegt eine „Annahme“<br />

iSd § 304 StGB dann nicht vor, wenn<br />

die Gewahrsamsbegründung mit Rückstellungsabsicht<br />

an den Geschenkgeber<br />

oder Abführungsabsicht an die Behörde<br />

erfolgt.<br />

Das „Anfüttern“ ist gemäß § 304<br />

Abs 4 StGB dann nicht strafbar, wenn<br />

der Täter – außer im Fall der Gewerbsmäßigkeit<br />

(iSd § 70 StGB) – bloß einen<br />

geringfügigen Vorteil annimmt oder sich<br />

versprechen lässt. Nach hRspr gilt zwar<br />

der Zusammenrechnungsgrundsatz des<br />

§ 29 StGB weder für § 304 StGB noch für<br />

§ 307 StGB, werden jedoch mehrere Vorteile<br />

„aus demselben Anlass“ (von demselben<br />

Geschenkgeber) gewährt, so ist für<br />

die Ermittlung des vermittelten Vorteils<br />

von deren Gesamtwert auszugehen. 10<br />

Was ist nun konkret unter einem „geringfügigen<br />

Vorteil zu verstehen“? In<br />

länger zurückliegenden Entscheidungen<br />

setzte der OGH diese Grenze bei ATS<br />

1.000,– an. 11 In der Lehre wird demgegenüber<br />

die Ansicht vertreten, dass die<br />

Geringfügigkeitsgrenze bei € 300,– liegen<br />

würde. 12<br />

Im Zuge der Reformdiskussion und<br />

Einführung der Strafbarkeit für das „Anfüttern“<br />

fand eine heftige öffentliche Diskussion<br />

statt. Grundtenor war dabei die<br />

massive Verunsicherung insbesondere<br />

von Sponsoren und Veranstaltern.<br />

Wohl auch auf Grund dieser öffentlichen<br />

Diskussion sah sich das BMJ in<br />

einem Erlass vom 14.07.2008 veranlasst,<br />

ausdrücklich darzulegen, dass die Obergrenze<br />

des geringfügigen Vorteils unter<br />

Einbeziehung der aktuellen Judikatur des<br />

OGH 13 bei etwa € 100,– liegt.<br />

§ 307 StGB regelt korrespondierend<br />

zu § 304 StGB die aktive Bestechung. Der<br />

Tatbestand nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB<br />

wurde auf sämtliche Amtsträger und<br />

Schiedsrichter ausgeweitet, die Strafdrohung<br />

auf drei Jahre angehoben.<br />

Nach § 307 Abs 2 StGB ist es verboten,<br />

österreichischen Amtsträgern<br />

oder Schiedsrichtern, Amtsträgern oder<br />

Schiedsrichten der Europäischen Union<br />

oder Gemeinschaftsbeamten im Hinblick<br />

auf deren Amtsführung einen nicht bloß<br />

geringfügigen Vorteil anzubieten, zu versprechen<br />

oder zu gewähren. Wesentlich<br />

ist hierbei, dass es bei der Bestechung<br />

iSd § 307 Abs 1 StGB keine Geringfügigkeitsgrenze<br />

gibt.<br />

Durch § 307 Abs 2 StGB wird der aktive<br />

Part der Begehungsform des „Anfütterns“<br />

nach § 304 Abs 2 StGB erfasst.<br />

Hier ist aber wiederum darauf zu achten,<br />

dass die Geringfügigkeitsgrenze gilt. Das<br />

so genannte aktive „Anfüttern“ ist mit<br />

einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedroht.<br />

In der Praxis führte diese Verschärfung<br />

zu einem hellen Aufschrei. Insbesondere<br />

zeigte sich dies bei den beiden Großereignissen<br />

im vergangenen Sommer.<br />

Die Veranstalter der EURO 2008 und<br />

der Salzburger Festspiele machten ihren<br />

Unmut über diese neuen Bestimmungen<br />

laut kund. Es wurde vorgebracht, dass<br />

sich zahlreiche Sponsoren nicht getrauen<br />

würden die für sie reservierten Karten<br />

abzuholen, da sie schlicht Angst davor<br />

hätten, „in das Kriminal abzurutschen“.<br />

Auf Grund der dargelegten, differenziert<br />

zu betrachteten Tatbestandsvoraussetzungen<br />

bei Amtsträgern (im Zusammenhang<br />

mit der Amtsführung vs im<br />

Hinblick auf die Amtsführung) und den<br />

teils heftigen Diskussionen, die diese<br />

Novellierung in Kultur- und Wirtschaftskreisen<br />

zu Folge hatte, sah sich das BMJ<br />

veranlasst einen Erlass 14 herauszugeben,<br />

in welchem auf zahleiche Einzelfragen<br />

eingegangen wurde:<br />

Essenseinladungen: Diese sollen im<br />

Hinblick auf das Pflegen freundschaftlicher<br />

Kontakte, die in der Regel auch<br />

unter dem Aspekt der Gegenseitigkeit<br />

stattfinden, insoweit zulässig sein.<br />

Jedenfalls unzulässig werden jedoch<br />

jene Essenseinladungen sein, bei denen<br />

ein Konnex zu einer konkreten Handlung<br />

oder Unterlassung des Amtsträgers hergestellt<br />

werden kann bzw. offensichtlich ist,<br />

dass der Vorteilsgeber versucht, Einfluss<br />

auf eine solche zu nehmen. Beispielhaft<br />

werden seitens des BMJ etwa „Prüfbereiche“<br />

der Verwaltung (Betriebsprüfung<br />

oder Arbeitsinspektion) angeführt.<br />

Soweit das Annehmen und das Geben<br />

von Einladungen zu den Dienstpflichten<br />

des Bediensteten gehört, ist die Teilnahme<br />

an <strong>gesellschaft</strong>lichen Veranstaltungen<br />

und an Essenseinladungen jedenfalls zulässig.<br />

Falls das Austauschen von Gastgeschenken<br />

zu den Repräsentationsaufgaben<br />

eines Politikers gehört, ist keine<br />

straf<strong>recht</strong>liche Relevanz gegeben. Dabei<br />

sind im zwischenstaatlichen Verkehr insbesondere<br />

die internationalen Gepflogenheiten<br />

und Usancen zu berücksichtigen.<br />

Allgemein hält das BMJ fest, dass<br />

bei Handlungen des Amtsträgers, die<br />

der Repräsentation dienen (zB Teilnahme<br />

an diversen Veranstaltungen), danach<br />

zu differenzieren sein wird, ob die<br />

Handlungen in den Aufgabenbereich des<br />

Amtsträgers fallen. Dabei ist immer auf<br />

das Verhältnis von Veranstaltungszweck<br />

und dienstlicher Funktion abzustellen.<br />

So wird beispielsweise die Einladung<br />

eines hochrangigen Beamten der Sportsektion<br />

zu einer Sportveranstaltung zu<br />

dessen Aufgabenbereich gehören, der<br />

Tatbestand der Geschenkannahme wäre<br />

dadurch nicht erfüllt.<br />

10) Vgl 14 Os 87/90 = EvBl<br />

1991/33; 12 Os 45/04.<br />

11) EvBl 1991/33. 12) Bertel, WK 2 § 304 Rz 29.<br />

13) 11 Os 140/04.<br />

14) S FN 7.<br />

<strong>juridikum</strong> 2009 / 2 Seite 65

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