Heft 8 komplett - Positive und Transkulturelle Psychotherapie
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Die Folge ist, daß dies den Bezugspersonen das moralische Recht<br />
gibt, sich von dem Depressiven zu distanzieren <strong>und</strong> von sich aus<br />
eine konfliktbesetzte kommunikative Beziehung aufzubauen. Oft<br />
werden in diesem Konfliktfeld schlummernde Probleme wach <strong>und</strong><br />
belasten den Kranken zusätzlich.<br />
Betrachtet man die typische Reationsweise des Depressiven,<br />
bietet sich ein anderes Vorgehen an. Der Depressive hat nicht nur<br />
seine lustbesetzte Beziehung zu seiner Umgebung abgezogen, er<br />
versucht darüber hinaus diese Haltung zu verteidigen <strong>und</strong> versteht<br />
dementsprechend nahezu alles, was um ihn herum geschieht als<br />
Bestätigung der Sinnlosigkeit, der ausweglosen Ungerechtigkeit, der<br />
Hoffnungslosigkeit <strong>und</strong> der Schuldhaftigkeit.<br />
In dieses Konzept verrennt sich der Depressive immer mehr <strong>und</strong><br />
entwickelt ein erstaunliches Geschick im Um-interpretieren der<br />
Wirklichkeit. Würde man sich ausschließlich mit diesen Um-interpretationen<br />
beschäftigen, würde man nur die melancholischen<br />
Ansichten verfestigen <strong>und</strong> wiederholen. Das depressive Konzept erfährt<br />
somit eine fortwährende Bestätigung.<br />
Um dem zu begegnen, können dem depressiven Gegenkonzepte angeboten<br />
werden. Auf das pessimistische Konzept: die Flasche ist halb leer,<br />
folgt das optimistische Konzept: die Flasche ist halb voll. Damit wird<br />
weder der Patient angegriffen noch zusätzlich belastet. Vielmehr<br />
artikuliert so die Bezugsperson offen ihre Sicht der Dinge <strong>und</strong> bietet<br />
sie dem anderen als Alternative dar. Im Gegensatz zu den üblichen<br />
Ratschlägen beinhalten solche Erweiterungskonzepte keine<br />
Verpflichtung. Das Erweiterungskonzept verzichtet auf-.diesen Druck<br />
<strong>und</strong> läßt dem Partner Zeit, sich auf die erweiterte Sichtweise<br />
einzustellen. Der Bezugsperson wird durch diese Methodik die Geduld<br />
erleichtert, die er im Umgang mit dem depressiven Partner aufbringen<br />
muß.