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Heft 8 komplett - Positive und Transkulturelle Psychotherapie

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- 39 -<br />

Für die Mutter war es selbstverständlich, daß sich Gewohnheiten <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen genauso erblich fortpflanzen wie körperliche<br />

Merkmale. Für die Tochter bedeutete dieses "genetische Modell", daß<br />

es eine Modifizierung ihres Konzeptes nicht zuließ. Im Gegenteil, es<br />

verschärfte nur ihre innere verzweifelte Situation. Der Verstand<br />

sagte der Patientin, daß der Vater, gemessen an seinen Handlungen,<br />

ein schlechter Mensch war. Sie hatte es ja auch oft genug zu hören<br />

bekommen, da die Mutter insbesonders ihr gegenüber versuchte, sie<br />

durch die Erzählungen vor ähnlichen Fehlern zu bewahren. Auch verlangte<br />

die Mutter, daß die Patientin sich vom Vater distanziere. Die Phantasie<br />

idealisierte den Vater, dem es stets gelungen war, sein<br />

Doppelleben vor den Kindern zu verbergen <strong>und</strong> den die Patientin als<br />

guten Vater in Erinnerung hatte. Sie wollte seinen Anteil an <strong>und</strong><br />

in ihr nicht verleugnen, denn für sie bedeutete: den Vater zu<br />

verurteilen hieße sich selbst zür Hälfte zu verurteilen. Es entstand<br />

eine starke Identitätskrise mit Selbstwertproblemen, aus der die<br />

Patientin keinen Ausweg finden konnte, denn in dem Ausmaß wie sie<br />

es versuchte, sah die Mutter eine bedrohliche Entwicklung auf die<br />

Tochter zukommen <strong>und</strong> betonte das Gegenteil.<br />

Ihr unkontrolliertes Eßverhalten war symbolisch das Bedürfnis nach<br />

Liebe <strong>und</strong> Verb<strong>und</strong>enheit mit dem Vater, die sie jedoch nicht behalten<br />

durfte <strong>und</strong> konnte. Der Akt des Erbrechens war dann das<br />

"in-sich-tragende" hinauszuwerfen, sich davon zu befreien. Egal,<br />

was sie tat <strong>und</strong> wie sehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich aus<br />

dieser Beziehungsfalle nicht lösen.<br />

Über das Phantasieren erfuhr die Patientin nun einen kognitiven Zugang<br />

zu ihren emotionalen Erlebnisinhalten. Die Metapher vom Strand <strong>und</strong> ihr<br />

Geb<strong>und</strong>ensein im Wald war gut auf ihre momentane Situation übertragbar.<br />

Der Strand symbolisierte für die Patientin das warme, glückliche Ziel,<br />

während sie noch in einem Konfliktbereich - der Kälte - stand. Die<br />

Dunkelheit, der Nebel,

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