Heft 8 komplett - Positive und Transkulturelle Psychotherapie
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Depressionen unter dem transkulturellen Gesichtspunkt<br />
Nach meinen Erfahrungen entwickeln Mitteleuropäer <strong>und</strong> Nordamerikaner<br />
eher depressive Verstimmungen, weil ihnen Kontakt fehlt,<br />
sie isoliert sind <strong>und</strong> sie unter dem Mangel an emotionaler Wärme<br />
leiden.<br />
Im Orient entwickeln sich Depressionen eher, weil sich die Menschen<br />
durch die Enge ihrer sozialen Verpflichtungen <strong>und</strong> Verflechtungen<br />
überfordert fühlen <strong>und</strong> denen sie nicht ausweichen können.<br />
Das große Erscheinungsbild der Depression scheint sich über nahezu alle<br />
Kulturkreise hinweg als eine menschliche Ausdrucksfähigkeit zu<br />
entsprechen. Allerdings unterscheiden sich die Inhalte der<br />
Depressionen oft in vieler Hinsicht voneinander. Im europäischen<br />
Kulturbereich stehen Ängste im Vordergr<strong>und</strong>, die sich auf das äußere<br />
Aussehen, Schönheit, sexuelle Potenz, aber auch soziale Isolation,<br />
Ordnung, Sauberkeit <strong>und</strong> in besonderem Maße Sparsamkeit beziehen. "Die<br />
Schulden, die ich für unseren Hausbau auf mich genommen habe, lasten<br />
auf mir, daß ich manchmal meine, keine Luft mehr zu bekommen. Wenn<br />
ich an die Zukunft denke, wird mir Angst. Innerlich habe ich oft<br />
genug aufgegeben, mit dem Gefühl, daß doch alles keinen Zweck hat."<br />
In anderen Kulturbereichen, wie dem Orient, steht die Angst um die<br />
Fruchtbarkeit, das soziale Ansehen <strong>und</strong> das Verhältnis zur Zukunft<br />
im Vordergr<strong>und</strong>. Analog der Beobachtung, daß im europäischen Raum das<br />
Verhältnis zum Ich <strong>und</strong> Du <strong>und</strong> im Orient das Verhältnis zum Wir betont<br />
wird, erhält der soziale Kontakt als Konfliktauslöser eine eigene<br />
Bedeutung.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. med. N. Peseschkian<br />
Arzt für Neurologie <strong>und</strong> Psychiatrie/<strong>Psychotherapie</strong> An<br />
den Quellen 1<br />
6200 Wiesbaden