Zur Geschichte des Oktoberstreiks 1950 in Oberösterreich - KPà ...
Zur Geschichte des Oktoberstreiks 1950 in Oberösterreich - KPà ...
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Sei te 20 Oberösterreich Ok to ber streik <strong>1950</strong><br />
weil es ja vor her kei ne grö ße ren<br />
Kämp fe ge ge ben hat. Sie wa ren völ -<br />
lig ver wun dert über das plötz li che<br />
Hervorbrechen <strong>des</strong> Protests, über<br />
das Aus maß der Kämp fe. (...)<br />
Wag ner: Es heißt im mer, der<br />
Streik habe von L<strong>in</strong>z sei nen Aus -<br />
gang genommen. Nun behauptet<br />
Gru ber <strong>in</strong> sei ner Ar beit, daß das gar<br />
nicht stim me, es sei nur e<strong>in</strong> plum -<br />
per Trick der Kom mu ni sten, um die<br />
Put schlü ge zu wi der le gen. Wie<br />
kom men Gru ber und Hör z<strong>in</strong> ger zu<br />
die ser Be haup tung?<br />
Kam mer stät ter: Das hängt na tür -<br />
lich mit ihrer Herangehensweise<br />
zu sam men. Er hat e<strong>in</strong> Bild von ganz<br />
Österreich zusammengetragen, und<br />
da bei kann es na tür lich se<strong>in</strong>, daß ir -<br />
gend wo <strong>in</strong> Wien der e<strong>in</strong>e oder an -<br />
de re Be trieb schon vor der Vo est<br />
ge streikt hat. Aber wor auf es an -<br />
kommt ist ja, daß die gewaltige Be -<br />
wegung von L<strong>in</strong>z ausgegangen ist,<br />
und nicht von den USIA-Betrieben,<br />
daß die Be we gung <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z je den falls<br />
völlig selbständig entstanden ist<br />
und kei nen An stoß von ir gend wel -<br />
chen USIA-Betrieben ge braucht hat.<br />
(...)<br />
Wag ner: Ihr habt ja den Streik<br />
nach her ana ly siert. Was habt ihr als<br />
eure haupt säch li chen Feh ler e<strong>in</strong> ge -<br />
schätzt?<br />
Kam mer stät ter: Die Haupt schwä -<br />
che war na tür lich die Un ter bre -<br />
chung; dann ist fest zu stel len, daß<br />
wir trotz un se rer gu ten Ar beit so<br />
ei nem gro ßen Kampf und al len da -<br />
bei anfallenden organisatorischen<br />
Aufgaben nicht gewachsen waren.<br />
Da für wa ren wir zu schwach und<br />
z.T. auch zu un er fah ren. (...)<br />
Es s<strong>in</strong>d al le<strong>in</strong> <strong>in</strong> Ober öster reich<br />
fast tausend Kommunisten oder<br />
Sympathisanten h<strong>in</strong>ausgeschmissen<br />
wor den. Al lei ne <strong>in</strong> Steyr wur den von<br />
den etwa 500 Mit glie dern der BO<br />
350 ge kün digt! Das hat prak tisch<br />
unsere ganze Betriebsorganisation<br />
zer stört; <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z wa ren es über 200<br />
Leu te, al ler d<strong>in</strong>gs we ni ger Kom mu -<br />
nisten. Im Zusammenhang mit dem<br />
Oktoberstreik haben wir <strong>in</strong> ganz<br />
Oberösterreich allerd<strong>in</strong>gs ca. 800<br />
Mitglieder geworben.<br />
Wag ner: Der Streik hat der KPÖ<br />
sicherlich ke<strong>in</strong>e Sympathien geko -<br />
stet, ihr im Ge gen teil wel che ge -<br />
bracht, wie sich auch bei den Wah -<br />
len zeig te. War um, glaubst du, ist<br />
es ihr nicht ge lun gen, die se Sym pa -<br />
thien auch zu hal ten? War der Kurs<br />
richtig?<br />
Kammerstätter: Zum e<strong>in</strong>en ist die<br />
Wirtschaftsentwicklung dafür ver -<br />
ant wort lich. So wohl die Re gie rung<br />
wie auch die Ame ri ka ner ha ben ka -<br />
piert, daß, wenn sie die Wirt schaft<br />
ankurbeln und Arbeit schaffen, die<br />
Kommunisten wenig E<strong>in</strong>fluß be -<br />
kommen.<br />
Wag ner: Ich habe den E<strong>in</strong> druck,<br />
die KPÖ hat da mals, nicht e<strong>in</strong> ge -<br />
schätzt, daß Öster reich mit die ser<br />
Pe ter Kam mer stät ter (1911-1993)<br />
war <strong>1950</strong> KPÖ-Lan<strong>des</strong>parteisekretär<br />
natürlich unsozialen Wirtschaftspoli<br />
tik, die Re gie rung und ÖGB e<strong>in</strong> ge -<br />
schla gen hat ten, auch aus der Kri se<br />
kom men kann. Die Orien tie rung<br />
war doch eher die, daß die Wirt -<br />
schaftspolitik zu e<strong>in</strong>er Massenver -<br />
elendung führen müsse, und daß<br />
dies die Arbeiter radikalisieren wür -<br />
de.<br />
Kammerstätter: Ja, das stimmt.<br />
Ähn lich war es ja auch beim Mar -<br />
shall-Plan. Sol che Ten den zen hat es<br />
jedenfalls gegeben. E<strong>in</strong> weiteres<br />
wichtiges Moment war natürlich<br />
auch, daß die SP ihre Funk tio nä re<br />
vergattert hat, sie „politisiert“ hat,<br />
um unserer Agitation besser Wider -<br />
stand lei sten zu kön nen; daß sie sy -<br />
stematisch alle leitenden Gewerk -<br />
schaftsebenen von Kommunisten<br />
gesäubert haben, Gewerkschaftsse -<br />
kretäre wurden überall entlassen.<br />
Die SP hat auch stär ker an ge fan gen,<br />
mit Druck zu ar bei ten und die Ar -<br />
beiter politisch zu terrorisieren.<br />
Des halb ist es auch un se ren Ge nos -<br />
sen <strong>in</strong> den Be trie ben nicht ge lun -<br />
gen, die Ar bei ter für die Par tei po li -<br />
tik zu mo bi li sie ren; das wohl zum<br />
Teil we gen der Angst, viel leicht ha -<br />
ben es auch die Ge nos sen e<strong>in</strong> fach<br />
nicht verstanden.<br />
Interview mit Peter Kammerstätter<br />
am 19. Dezember 1981<br />
Quelle: Friedrich Wagner, Der<br />
Streik vom September/Oktober<br />
<strong>1950</strong> – Unter besonderer Berücksichtigung<br />
der L<strong>in</strong>zer Ereignisse,<br />
Diplomarbeit, 1982<br />
Literatur<br />
Ep ler Ernst, Der gro ße Streik,<br />
Stern-Verlag Wien, 1965<br />
Hawle Christian, Die Kommu -<br />
nistische Partei Österreichs im<br />
Bezirk Vöcklabruck – E<strong>in</strong> histori -<br />
scher Über blick, KPÖ- Vöck la -<br />
bruck, 1989<br />
Klenner Fritz, Putschversuch<br />
oder nicht?, E<strong>in</strong> Tatsachenbericht,<br />
Pres se re fe rat <strong>des</strong> ÖGB, Wien,<br />
<strong>1950</strong><br />
KPÖ – Bei trä ge zu ih rer Ge -<br />
schichte und Politik, Globus-Verlag,<br />
1987<br />
Migsch Al fred, An schlag auf<br />
Österreich, E<strong>in</strong> Tatsachenbericht<br />
über den kommunistischen<br />
Putschversuch im Septem -<br />
ber-Oktober <strong>1950</strong>, Zentralsekre -<br />
ta ri at der SPÖ Wien, <strong>1950</strong><br />
Ne ku la-Berton Franz, He<strong>in</strong> rich<br />
Kandl – E<strong>in</strong> Le ben für den so zia -<br />
len Fort schritt, Ver lag <strong>des</strong> ÖGB<br />
Rausch Wil helm/Lot te ra ner<br />
Max, Auf bruch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bes se rer<br />
Zeit, Die Kam mer für Ar bei ter<br />
und Angestellte für Oberöster -<br />
reich 1920 bis 1980,<br />
AK-Oberösterreich, 1981<br />
Scheuch Man fred, Öster reichs<br />
Schick sal im Kar ten bild – Der AZ<br />
Ge schichts at las, SPÖ-Verlag,<br />
1982<br />
Ver schwö rer ge gen Öster reich,<br />
Tatsachen und Geständnisse der<br />
Fünften Kolonne, Zentralsekretari<br />
at der SPÖ Wien <strong>1950</strong><br />
Wag ner Fried rich, Der Streik<br />
vom September/Oktober <strong>1950</strong> -<br />
Unter besonderer Berücksichti -<br />
gung der L<strong>in</strong>zer Ereignisse, Diplomarbeit,<br />
L<strong>in</strong>z, 1982<br />
Wies<strong>in</strong>ger Karl, Der rosarote<br />
Straßenterror, Oberbaumverlag<br />
Westberl<strong>in</strong>, 1974