KONGRESSJOURNAL 2014 public
Das Fachmagazin wurde beim Kongress für Allgemeinmedizin publiziert. Die Inhalte setzen sich aus Live-Berichten, Vorträgen und Interviews mit Referenten zusammen. Die Fachinserate werden hier nicht angezeigt, da diese nicht für die Öffentlichkeit erlaubt sind. Graz/29. November 2014
Das Fachmagazin wurde beim Kongress für Allgemeinmedizin publiziert. Die Inhalte setzen sich aus Live-Berichten, Vorträgen und Interviews mit Referenten zusammen. Die Fachinserate werden hier nicht angezeigt, da diese nicht für die Öffentlichkeit erlaubt sind. Graz/29. November 2014
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KONGRESS<br />
JOURNAL<br />
Allgemeinmedizin in Österreich: Dr. Reinhold Glehr im Interview<br />
„Viel in Bewegung“<br />
Über den Hausarzt als zentrale Schnittstelle wird in der Politik schon<br />
lange diskutiert. Ergebnisse gibt es aber kaum. Dennoch sieht<br />
Dr. Reinhold Glehr, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für<br />
Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM), derzeit viel Bewegung<br />
und hofft auf eine Neuordnung der Arbeitsverteilung zwischen<br />
stationärem und ambulantem Bereich.<br />
Wie sehen Sie die Stellung der Allgemeinmedizin<br />
in Österreich?<br />
Im österreichischen Gesundheitssystem<br />
ist derzeit viel in Bewegung. Mit<br />
dem Zielsteuerungsvertrag zwischen<br />
Bund und Ländern 2013 wurden<br />
strategische Ziele mit Programmcharakter<br />
für die Neuordnung der Arbeitsverteilung<br />
zwischen stationärem<br />
und ambulantem Bereich vereinbart.<br />
Multiprofessionelle, interdisziplinär<br />
organisierte Versorgungsformen unter<br />
einem Dach sollen eine wohnortnahe,<br />
permanent zugängliche Gesundheitsversorgung<br />
sicherstellen.<br />
Bestehende Ordinationen werden<br />
verbindlicher in Netzwerken zusammenarbeiten.<br />
An der Konkretisierung<br />
mit einer gestärkten Allgemeinmedizin<br />
wird intensiv gearbeitet. Wie die<br />
Umsetzung jedoch erfolgt, ist schwer<br />
abzusehen. Zu hoffen ist, dass Bewährtes<br />
im Eifer der Reform nicht<br />
zerstört und die Qualität der Versorgung<br />
nicht verschlechtert werden.<br />
Wird der Nachwuchs auf das Berufsleben<br />
als „Niedergelassener“<br />
gut vorbereitet?<br />
In der nun im Nationalrat verabschiedeten<br />
Ärztegesetznovelle hat sich viel<br />
geändert. Endlich soll nun die verpflichtende<br />
Lehrpraxis im Fach Allgemeinmedizin<br />
Wirklichkeit werden:<br />
im Umfang von sechs Monaten bei<br />
freiberuflichen Ärzten. Gleichzeitig<br />
wird der Allgemeinmedizin-Turnus<br />
als „Approbationsausbildung für alle<br />
Ärzte“ durch den neunmonatigen<br />
Common-Trunc ersetzt. Danach erfolgt<br />
die Entscheidung für die jeweilige<br />
Fachausbildung – auch in Richtung<br />
Allgemeinmedizin.<br />
Vor allem die Lehrpraxis ist ja ein<br />
Problemfall der letzten Jahre ...<br />
Die noch nicht gesicherte Finanzierung<br />
der Lehrpraxis ist wohl das entscheidende<br />
Kriterium. Wichtig wird<br />
aber auch sein, dass die Weiterbildung<br />
zum Arzt für Allgemeinmedizin in der<br />
vorgeschriebenen Zeit absolviert werden<br />
kann. Da müssen sich Kammer,<br />
Träger und niedergelassener Bereich<br />
sinnvoll einigen. Das bereits gestartete<br />
„Lehrpraxismodell Vorarlberg“<br />
mit Beteiligung von Bund, Land, Ärztekammer<br />
und Sozialversicherung<br />
stimmt mit seinen Qualitätskriterien<br />
und dem fugenlosen Wechsel in die<br />
Lehrpraxis aber hoffnungsvoll.<br />
In Deutschland fehlen schon viele<br />
Allgemeinmediziner. Haben wir<br />
auch in Österreich ein Problem<br />
beim Nachwuchs?<br />
Dr. Reinhold Glehr: „Wir haben in<br />
Europa ja keinen absoluten Mangel an<br />
Ärzten, sondern eher einen strukturellen,<br />
der aus Versäumnissen der letzten<br />
Jahre resultiert.“<br />
Die Rahmenbedingungen werden<br />
sich dem Bedarf rasch anpassen<br />
müssen, sonst ist dieselbe Problematik<br />
wie in Deutschland zu erwarten.<br />
Wir haben in Europa ja keinen absoluten<br />
Mangel an Ärzten, sondern eher<br />
einen strukturellen, der aus Versäumnissen<br />
der letzten Jahre resultiert.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen<br />
Krankenhaus und niedergelassener<br />
Praxis funktioniert nicht überall.<br />
Gibt es Lösungen für ein besseres<br />
Schnittstellenmanagement?<br />
Die Ärztenetzwerke nach dem Modell<br />
Styriamed.net stellen hier eine Entwicklung<br />
dar, die auch den Konzepten<br />
der Gesundheitssystem-Reform<br />
entspricht. Gemeinsam erarbeitete<br />
Regeln der Zusammenarbeit, bessere<br />
Kommunikation über Dringlichkeit,<br />
Öffnungszeiten und Urlaubszeiten,<br />
Telefonhotline für Nachfragen, bessere<br />
Definition des betreuenden Arztes,<br />
gemeinsame medizinische und<br />
organisatorische Meetings und ein<br />
gemeinsames Fehlermanagement<br />
können die Probleme an den Schnittstellen<br />
vermindern.<br />
Foto: privat<br />
14 <strong>KONGRESSJOURNAL</strong>Graz <strong>2014</strong>