Schreibwerkstattgeschichten - Sich schreibend ... - Handgeschrieben
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Der erste Satz (Poesie)<br />
Den ersten Satz setze ich an den Anfang. So können die Buchstaben und Wörter sitzen und<br />
sich ausruhen. Das eröffnet mir den Zugang zu weiteren Wörtern und Sätzen.<br />
Die Schriftsteller scheinen ja ihre Schrift, wie das Wort sagt, zu stellen. Das würde aber auch<br />
heissen, dass die Buchstaben stehen müssen und mit der Zeit müde werden und umfallen.<br />
So erklärt es sich vielleicht, dass einige Geschichten, die wir lesen, etwas fade sind.<br />
Möglicherweise hat der Schriftsteller zu schwache Wörter verwendet, die das lange Stehen<br />
nicht ausgehalten haben. Oder er hätte seine Schrift legen sollen, dann wäre er aber ein<br />
Schriftleger und dann hätte er unter Umständen Mühe bekannt zu werden. Auf jeden Fall<br />
habe ich noch nie von einem Schriftleger gehört und ich weiss nicht, ob jemand das je getan<br />
hat. Allerdings bin ich kein Schriftsteller, ich kann also nicht aus Erfahrung sprechen. Ich<br />
muss mir mit diesem Stellen (oder Legen, falls das doch zuträfe) auch nicht meinen<br />
Lebensunterhalt verdienen, ich kann unbedarft mit Buchstaben, Wörtern und Sätzen spielen,<br />
es kommt nicht darauf an, was dabei herauskommt.<br />
Ein „Satz" kann auf Schweizerdeutsch auch ein Sprung sein. Steht zwar nicht im Duden.<br />
Schon wieder Stehen, es wäre möglich, dass der Schweizerische Satz zu faul war zum Stehen,<br />
drum liegt er nur im Wortschatz dieses Alpervölkleins vor. So könnte man also zum Beispiel<br />
einfach einen „Satz" ins kalte Wasser oder auf das kalte, leere Weiss eines Blattes machen<br />
und mit Schreiben beginnen. Ist man mal drin oder darauf, je wie man es anschaut, merkt<br />
man schnell, dass man schwimmt, entweder im Wasser oder dass die Wörter auf dem Blatt<br />
fliessen. Dann und wann schwimmen einen halt auch einmal die Felle davon, aber was soll’s,<br />
nur ruhig, irgendwann kommt man ans Ufer oder ans Ende der Geschichte.<br />
Der Satz kann auch im Kaffeesatz sein. Da braucht es einige Erfahrung um darin zu lesen. Es<br />
fragt sich allerdings, ob man wirklich den Kaffeesatz ausleeren muss um darin zu lesen. Wem<br />
schon so was auf den Boden gefallen ist, weiss sicher, wie mühsam das aufwischen ist, vor<br />
22 <strong>Schreibwerkstattgeschichten</strong> – <strong>Sich</strong> <strong>schreibend</strong> selbst neu entdecken