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Schreibwerkstattgeschichten - Sich schreibend ... - Handgeschrieben

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Essen<br />

Über Essen kann man nicht schreiben, Essen muss man essen, finde ich. Ausser man schreibt<br />

ein Kochbuch oder einen Restaurantführer. Essen sieht man vor sich, man riecht es, nimmt<br />

es auf die Zunge, lässt es im Gaumen zergehen, es bereitet Freude und Genuss. Kein Wunder<br />

gab es bei den alten Griechen Leute, die wollten fürs Essen Kraniche sein um den Genuss im<br />

langen Hals zu verlängern.<br />

Idealerweise beginnt das Essen mit frischen Grundzutaten. Zum Beispiel ein Kohl, ein Wirsing<br />

auf dem Markt, grün mit gelockten Blättern liegt er da. Ich kann mir den aussuchen, der mir<br />

am besten gefällt. Noch idealerweise ginge ich natürlich in den Garten und schneide mir den<br />

frischen Kohl direkt aus der Erde. Als Stadtbewohner in einer Mietwohnung ist dies mir halt<br />

nicht möglich. Auch wollen die Gemüsebauern aus der Region, die sich mit artgerechtem<br />

und schonungsvollem Anbau alle Mühe geben, mit Einkäufen belohnt sein.<br />

Also trage ich den Kohl vom Markt nach Hause und in die Küche zur Zubereitung. Er fühlt<br />

sich gut an in der Hand. Er wird im kalten Wasser abgespült und dann kann ich Blatt für Blatt<br />

von seinem Rumpf ablösen. Die grünen Blätter sind fein weiss gemasert, in der Mitte ist eine<br />

harte weisse Rippe, die herausgeschnitten werden soll. Die Blätter werden immer dichter<br />

und kleiner. Schliesslich bleibt noch so etwas wie das Herz übrig, in der Mitte entferne ich<br />

den Strunk oder Störzel, wie man so schön auf Schweizerdeutsch, wenigstens auf<br />

Luzerndeutsch, sagt, da muss ich vorsichtig sein, da sind sich wohl nicht alle einig über den<br />

Ausdruck.<br />

Während der ganzen Arbeit spüre ich, wie der Kohl mir das Einverständnis gibt, dass ich ihn<br />

zerlegen und geniessen darf. Schliesslich nehme ich ihn frisch und er war nicht monatelang<br />

in eine Metallbüchse eingeschlossen, in irgendeinem chemischen Saft gelagert.<br />

Jetzt werden die Blätter zerkleinert in kleine Streifen. Unterdessen hat im Olivenöl schon<br />

anderes Gemüse geschmort, so zum Beispiel Kartoffeln und Kürbisstücke, gewürzt mit<br />

24 <strong>Schreibwerkstattgeschichten</strong> – <strong>Sich</strong> <strong>schreibend</strong> selbst neu entdecken

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