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special | Personaldienstleistungen Ohne Personaldienstleister Zeitarbeit ist in aller Munde. Wieder einmal. Die CDU plädiert für einen Mindestlohn, die Linke hält das ganze für asozial. In den Landkreisen Ravensburg, Biberach, Lindau und Bodensee liegen die Probleme nach der Meinung von Experten indes ganz woanders: Ohne die Personaldienstleister könnten viele Stellen nicht besetzt werden, sagen sie. Der Aufschwung käme langsamer voran, und viele Menschen fänden ohne das Instrument Zeitarbeit keinen Weg zurück in die reguläre Beschäftigung. Von Raimund Haser Volker Frede von der Agentur für Arbeit in Ravensburg 22 businesstoday 04/2010 eine Meldung aus der Schweiz: Für den weltgrößten Personalvermittler Adecco ist laut Handelsblatt die Krise überwunden. Die Schweizer rechnen in ihrem aktuellen Quartalsbericht auch im kommenden Jahr mit einem stetigen Aufschwung. Ein Trend komme den Vermittlern zugute, heißt es: Viele Unternehmen möchten ihre Mitarbeiterzahlen flexibel halten. Während Arbeitgeber betonen, wie wichtig Flexibilität in Zeiten stark schwankender Weltmärkte ist, klingt das Wort „flexibel“ in den Ohren vieler politischer Vertreter und auch in manchen Medien nach Arbeitern zweiter Klasse, nach Aus- und Abgrenzung. In der Tat verdienen Zeitarbeiter weniger, obwohl sie in der Stunde meist gleich viel kosten wie die Stammbelegschaft. Die Differenz bekommt der Vermittler, unterm Strich bleibt also weniger. Im Gegenzug trägt der Personaldienstleister aber auch das Risiko, weil er seine Angestellten weiterbeschäftigen muss, auch wenn der Dienstvertrag mit einem Kunden ausläuft. Überschaubare Zahlen Vor allem klingen die Diskussionen rund um die Zeitarbeit aber auch nach einem Massenproblem. Und das ist zumindest nach Faktenlage falsch. Denn laut aktuellen Zahlen der Arbeitsämter ist die Branche insgesamt gesehen überschaubar. Vor allem in Regionen wie im Süden Baden-Württembergs und Bayerns, wo die Arbeitslosenquote stets zwischen Vollbeschäftigung (3 bis 3,5 Prozent) und selbst in Krisenzeiten nur um die fünf Prozent schwankt, spricht keiner der Beteiligten von einer Bedrohung für alle. Im Dezem- ber 2009 bei der letzten Erhebung waren bundesweit zwei Prozent aller Sozialversicherungsbeschäftigten als Zeitarbeiter tätig, landesweit waren es lediglich 1,5 Prozent. Im Raum Ulm, wo viele große Industriebetriebe und Automobilzulieferer die Flexibilität der Zeitarbeit nutzen, waren es bei dieser Erhebung sogar 3,2 Prozent der Beschäftigten. Davon ist man am Bodensee, in Oberschwaben und im Allgäu weit entfernt, wie Volker Frede, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Ravensburg, gegenüber business today erklärt. „1,3 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Landkreisen Ravensburg, Bodensee und Biberach sind als Zeitarbeiter gemeldet. Anders ausgedrückt: auf 234.700 Beschäftigte in dieser Region kommen 3.120 Zeitarbeiter.“ Die gute Arbeitsmarktlage zwinge die Unternehmen, guten Leuten feste Jobs anzubieten, sonst seien sie weg, sagt Frede. Die Firmen sind dennoch zwingend auf Zeitarbeiter angewiesen, „weil sich das Thema Facharbeitermangel durch die Wirtschaftskrise nur kurzzeitig entspannt hat“, wie er sagt. Die Personaldienstleister stellen also Arbeiter zu Verfügung, die in dieser Zahl auf dem normalen Arbeitsmarkt gar nicht zu finden sind. Die Arbeitsagentur sieht aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels ihre Aufgabe nicht nur in der Vermittlung Arbeitsloser, sondern vor allem auch in der Rekrutierung von Personal für die hier produzierenden und wirtschaftenden Unternehmen. Nicht nur in der Kurzarbeit hätten viele Betriebe ihre Beschäftigten auf Weiterbildungskurse geschickt, sagt Frede, auch jetzt laute die Devise: Schwach qualifizierte, eigene Mitarbeiter weiterbilden und sie in höheren Positionen weiterbeschäftigten. „Das ist Arbeitslosenquoten bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen im Bezirk der Agentur für Arbeit Ravensburg – jeweils im Oktober – 5,1 2005 3,9 3,0 2,7 2006 2007 2008 2009 2010 3,7 3,2
kein Aufschwung immer noch besser, als auf dem Arbeitsmarkt vergeblich nach Facharbeitern zu suchen.“ Programme dieser Art würden auch von der EU und aus Agentur-Mitteln finanziell unterstützt. Mit dem Bus zur Arbeit Wie brisant die Lage schon wieder ist, zeigt ein Blick nach Ulm. Dort sagte jüngst Iris Schofeld-Salk, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit in Ulm, dass die Personaldienstleister selbst im Helferbereich händeringend nach Mitarbeitern suchen. „Die Unternehmen versuchen, maßgeschneiderte Arbeitsplätze für die Mitarbeiter und gut vorbereitete Mitarbeiter für die Unternehmen zu bieten. Manche Zeitarbeitsfirmen fahren ihre Helfer mit Sammelbussen an den Arbeitsplatz, andere bieten auf eigene Kosten etwa einen Schweißer- oder einen Staplerkurs an.“ Ein ganz anderes Feld, das im Moment Personaldienstleistungen | special noch zu wenig Beachtung in der Diskussion findet, ist die der Arbeitnehmerüberlassung im Bereich von Spezialisten. Ingenieursdienstleister wie Brunel oder BrainOn unterscheiden sich von klassischen Zeitarbeitsfirmen durch die Rekrutierung und Vermittlung von Ingenieuren, die projektbezogen in zum Teil hoch spannenden Bereichen eingesetzt werden. Dass das Thema aber insgesamt nicht verharmlost werden darf, und dass die Diskussionen rund um einen Branchen-Mindestlohn durchaus gerechtfertigt sind, zeigt eine aktuelle Studie, die Wilhelm Adamy, Mitglied im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit, jüngst vorgestellt hat. Demnach sind allein im vergangenen Jahr 16 Prozent aller neu registrierten Arbeitslosen zuvor bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt gewesen. Zeitarbeiter sind also die Manövriermasse, die eine flexible Wirtschaft offenbar heute braucht. Und dass an dieser Stelle Gesetze Not tun, ist nur allzu verständlich. Zugleich räumte der DGB-Vertreter Adamy aber auch ein, dass Arbeitslose bei Leiharbeitsunternehmen vergleichsweise gute Jobchancen hätten. Und dass schon viele Leiharbeiter untergekommen sind, kann auch Volker Frede bestätigen. Er wird regelmäßig von Personalvermittlern angerufen, die wieder neue Leute brauchen, „weil die Firma, bei der sie beschäftigt waren, sie abgeworben hat“. ■
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