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M 1 - Gymnasium Damme

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Materialien M 13<br />

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Die zentrale Eigenschaft aber fassen die Ökonomen Carl Shapiro und Hai Varian zusammen:<br />

„Die Herstellungskosten für die erste Kopie eines Informationsgutes können erheblich<br />

sein, doch die Kosten für weitere Kopien kann man vernachlässigen.“ Denn Software<br />

läßt sich nicht aufbrauchen. Es kann teuer sein, ein erstklassiges Videospiel zu entwickeln,<br />

ein Konstruktionsverfahren in allen Einzelheiten zu formulieren, ein Musikstück<br />

zu komponieren und aufzunehmen. Sie dann zu vervielfältigen und zu vertreiben, kostet<br />

so gut wie nichts. [...]<br />

Software verschafft dem Wettbewerb eine neue Dynamik.Auf klassischen Märkten diktieren<br />

die Herstellungskosten, bis zu welcher Menge sich die Produktion lohnt. Bei Ideengütern<br />

hat die Produktion keine natürliche Obergrenze. Im Gegenteil: Je mehr Einheiten<br />

abgesetzt worden sind, desto billiger wird jede weitere Kopie für den Anbieter. Er kann<br />

gar nicht genug an die Kunden bringen, solange der Preis nicht ins Bodenlose fällt. Daher<br />

verkaufen viele elektronische Dienstleister ihre Produkte zunächst für Preise weit unterhalb<br />

der Kosten oder verschenken sie gar. Den Profit wollen sie später mit verwandten<br />

Produkten nachholen, wenn ihnen der Markt erst einmal gehört. Diese Anreize machen<br />

den Wettbewerb im Ideengeschäft härter und instabiler als auf traditionellen Märkten.<br />

Einzelne Firmen mit riesigem Angebot können die Konkurrenz beherrschen – und enorme<br />

Gewinne erzielen. Deshalb ist der Kampf um einen neuen oder veränderten Ideenmarkt<br />

auch besonders ruppig. Monopole – oder allgemeiner: Marktbeherrscher, die kräftig<br />

kassieren – sind indes nicht nur wahrscheinlicher als in der klassisch-industriellen<br />

Welt, sondern auch vergänglicher. Zum einen, weil sich Konzepte und Ideen vielfach nur<br />

schwer unter Verschluß halten und gegen Nachahmung sichern lassen. Zum anderen<br />

genießen neue Konkurrenten die gleichen Vorteile, wie sie die derzeit führenden Firmen<br />

wahrnahmen, um den Markt aufzurollen. Mit neuen Ideen können sie die Etablierten<br />

schneller aus dem Feld schlagen, als dies im Industriezeitalter möglich war.<br />

Binnen kurzer Zeit vermag eine Innovation den Markt neu zu definieren. Deshalb<br />

schießen Firmen mit nur einer Idee für eine elektronische Dienstleistung an der Börse<br />

nach oben, obwohl sie kaum Umsatz machen; deshalb bewegen sich die Aktienkurse von<br />

Ideenfirmen wilder auf und ab als diejenigen von klassischen Unternehmen. Zur Beruhigung<br />

trägt dieser Unterschied freilich auf immer weniger Märkten bei: Nach und nach<br />

bestimmen die Regeln des Softwaregeschäfts, bestimmen flüchtige Vorteile und die ständige<br />

Bedrohung der Marktstellung das Gros der Wirtschaft. Und auf uns als Verbraucher<br />

wartet neben der größeren Vielfalt eine schnellere Abfolge der Angebote und der Anbieter.<br />

„Eigentlich machen wir seit 150 Jahren immer nur das Gleiche: Innovationen“, lautet<br />

ein Werbeslogan von Siemens.Aber noch nie mußte der Konzern so schnell so viele alte<br />

Produkte vom Markt nehmen und so viele neue anbieten wie heute, nie sich so radikal<br />

umorganisieren wie jetzt. [...]<br />

Der zweite wesentliche Effekt der digitalen Revolution, die Vernetzung, verändert den<br />

Kapitalismus noch drastischer. Und ich denke dabei nicht an Visionen wie die, daß<br />

uns der Toaster jeden Morgen den aktuellen Kurs unserer Lieblingsaktie ins Brot brennt.<br />

In die gleiche Kategorie paßt der Türknauf, der mit uns redet, oder das Hemd, das der<br />

Waschmaschine mitteilt, wie es gewaschen werden muß. Derlei Ideen sind durchaus realisierbar,<br />

aber nicht alles Mögliche setzt sich auch durch.Vor allem lenken sie davon ab,<br />

daß die Vernetzung Alltag geworden ist und das Wirtschaften längst revolutioniert hat.<br />

[...] Die Vernetzung erreicht vor allem eines: Sie senkt die Kosten der Koordination. Dramatisch.Allerorten.<br />

Einerseits für die Unternehmen: Die Mitarbeiter können via Computer<br />

auf ungleich mehr Informationen zugreifen und engeren Kontakt zu Kunden und Lieferanten<br />

halten.Andererseits für den Markt: Der Austausch wird leichter, für Anbieter<br />

ebenso wie für Nachfrager.<br />

Quelle: Heuser, U. J. (2000): Das Unbehagen im Kapitalismus, Berlin: Berlin Verlag, 17 ff.<br />

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