Emerging Markets Die Welt im Wandel - EXtra-Magazin
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Meinung<br />
Steht der ETF Branche eine<br />
massive Konsolidierung bevor<br />
Der ETF-Experte Detlef Glow beleuchtet und kommentiert <strong>im</strong> <strong>EXtra</strong>-<strong>Magazin</strong> Entwicklungen der ETF-Branche.<br />
Er veröffentlicht regelmäßig in verschiedensten Medien ETF-Artikel und -Kommentare.<br />
In den USA machen sogenannte Todeslisten<br />
börsennotierter Indexfonds (ETFs) die<br />
Runde. Das sind Listen von Fonds, die aufgrund<br />
fehlenden Anlegerinteresses bald<br />
aufgelöst oder mit anderen verschmolzen<br />
werden könnten.<br />
<strong>Die</strong> Autoren der gängigen Todeslisten in<br />
den USA gehen davon aus, dass ETFs, die<br />
nicht über kritische Massen verfügen, für<br />
die Anbieter nicht profitabel sind und daher<br />
früher oder später geschlossen werden.<br />
<strong>Die</strong> Frage ist, wie groß ein ETF sein muss,<br />
damit er profitabel ist. In vielen Fällen ist<br />
von einem verwalteten Vermögen von 100<br />
Millionen Euro pro Fonds die Rede, damit<br />
ein ETF sich wirklich lohnt.<br />
Ein zweites Kriterium ist die Zeit. Da die<br />
Auflage von Fonds die Anbieter Geld kostet,<br />
haben diese kein Interesse daran, Fonds<br />
kurz nach deren Auflage gleich wieder zu<br />
schließen. Doch welche Gnadenfrist werden<br />
Anbieter schwächelnden ETFs zugestehen<br />
Meiner Ansicht nach sind drei Jahre<br />
realistisch. Denn nach dieser Zeit hat ein<br />
Fonds verschiedene Marktzyklen durchlebt.<br />
Demnach wären potenzielle Kandidaten für<br />
eine ETF-Todesliste jene Fonds, die seit<br />
mindestens drei Jahren auf dem Markt sind<br />
und deren Volumina nicht über 100 Millionen<br />
Euro gestiegen sind. Anhand dieser Kriterien<br />
ergibt sich für den deutschen Markt,<br />
der 955 ETFs umfasst, eine Liste von 195<br />
Wackelkandidaten. <strong>Die</strong>se Quote von rund<br />
20 Prozent ist beachtlich. Sind aber wirklich<br />
so viele ETFs von der Schließung bedroht<br />
Bei der Beantwortung dieser Frage gilt<br />
es, zwei Punkte zu berücksichtigen: zum<br />
einen die Frage nach dem Nutzen kleiner<br />
Fonds für die Anleger beziehungsweise<br />
Anbieter. Dabei geht es um den Einsatzzweck,<br />
für den die Fonds aufgelegt wurden.<br />
<strong>Die</strong>nen sie der Komplettierung der<br />
Produktpaletten Sehen die Anbieter sie<br />
als Spezialitäten für ihre Schaufenster an<br />
Benötigen die Investoren diese Fonds, um<br />
Anlageentscheidungen schnell umsetzen<br />
zu können Nutzen sie die Fonds als kurzoder<br />
langfristige Anlageinstrumente<br />
Zum anderen hängt die Profitabilität von<br />
ETFs nicht nur von deren verwalteten Vermögen<br />
ab. Schließlich verdienen viele Anbieter<br />
beziehungsweise deren Mutterbanken<br />
auch mit ihrer Funktion als Authorized<br />
Participant (AP) Geld. Somit ist neben dem<br />
verwalteten Vermögen auch der Börsenumsatz<br />
von ETFs ein wichtiger Faktor, um<br />
die Profitabilität der Fonds zu best<strong>im</strong>men.<br />
Schaut man sich die Liste der 195 obengenannten<br />
ETFs genauer an, so stellt man<br />
fest: Eine Vielzahl dieser Fonds bezieht<br />
sich auf Branchenindizes. Investoren nutzen<br />
diese Fonds oftmals für kurzfristige<br />
Anlagen in speziellen Sektoren, was den<br />
Produkten tendenziell hohe Umsätze beschert.<br />
Daher können sie sich trotz geringer<br />
Volumina für die Anbieter lohnen.<br />
Allerdings gibt es auf der Liste auch eine<br />
große Anzahl von Fonds, die sich auf Strategie-<br />
und Themenindizes beziehen. Strategie-ETFs<br />
sind teilweise hochkomplex, so<br />
dass einige Investoren sie womöglich nicht<br />
verstehen. ETFs auf spezielle Investmentthemen<br />
wie ökologisch und sozial nachhaltiges<br />
Investieren dürften bei vielen Investoren<br />
grundsätzlich nicht zur Anlagestrategie<br />
passen. Daher könnten solche Fonds –<br />
eher als die Branchen-ETFs – tatsächlich<br />
von Schließungen bedroht sein.<br />
Insgesamt denke ich, dass die oft herbeigeredete<br />
Konsolidierung in der ETF-<br />
Branche erst dann einsetzen wird, wenn<br />
die insgesamt verwalteten Vermögen der<br />
Anbieter nicht mehr steigen. Denn solange<br />
die verwalteten Vermögen und damit auch<br />
die Einnahmen der Anbieter steigen, verspüren<br />
diese keinen Druck, ihre Produktpaletten<br />
zu bereinigen und sich eventueller<br />
Chancen zu berauben. Schließlich können<br />
sie, solange das Geschäft insgesamt gut<br />
läuft, Ladenhüter subventionieren. Daher<br />
gehe ich davon aus, dass der Markt für<br />
börsennotierte Indexfonds auch in der Zukunft<br />
wachsen wird.<br />
Detlef Glow, MBA (UoW)<br />
Detlef Glow begann <strong>im</strong> Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für<br />
Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters – Lipper. Anfang<br />
2007 übernahm er die Leitung für die Regionen Zentral-, Nord- und<br />
Osteuropa. Seit Oktober 2010 ist Detlef Glow Leiter der Fondsanalyse<br />
von Lipper in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. Zuvor war er als<br />
Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH<br />
in Bad Homburg als Portfoliomanager für vermögende Privatkunden tätig.<br />
Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der Tecis Holding<br />
AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse für sowohl<br />
das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset<br />
Management AG verantwortlich war.<br />
Seite 27 Oktober 2011