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2 Ausgangspunkt - gemeinsame gesellschaftliche Ten<strong>de</strong>nzen in Europa 11<br />
2.2 Ältere Menschen zwischen Partizipation und Ausgrenzung<br />
Nach <strong>de</strong>m Grünbuch <strong>de</strong>r EU-Kommission „Im<br />
Angesicht <strong>de</strong>s <strong>de</strong>mographischen Wan<strong>de</strong>ls – eine<br />
neue Generationensolidarität“ (Brüssel 2005) wer<strong>de</strong>n<br />
– wenn sich <strong>de</strong>r augenblickliche Trend fortsetzt – die<br />
älteren Menschen in <strong>de</strong>r Europäischen Union in Zukunft<br />
gesün<strong>de</strong>r, aktiver und ökonomisch besser gestellt<br />
sein (S. 10). Jedoch sind die Lebenssituationen <strong>de</strong>r<br />
Senioren in Europa unterschiedlich, sowohl innerhalb<br />
wie auch zwischen <strong>de</strong>n europäischen Staaten. Die<br />
alten Menschen sind keine homogene Gruppe. Es gibt<br />
unter ihnen reiche und arme, gesun<strong>de</strong> und todkranke,<br />
hoch engagierte und völlig vereinsamte. Sie<br />
unterschei<strong>de</strong>n sich ihren Lebenslagen, Lebensstilen,<br />
Lebensorientierungen, in ihren Kompetenzen und<br />
Bedürfnissen, in ihren Möglichkeiten und Zwängen.<br />
Zum Pluralismus <strong>de</strong>r älteren Generation in Europa<br />
tragen auch die Senioren mit Migrationshintergrund<br />
bei, da in vielen Staaten <strong>de</strong>r Europäischen Union<br />
in <strong>de</strong>n letzten Jahren und Jahrzehnten Migranten<br />
eingewan<strong>de</strong>rt sind, die nun ins Rentenalter kommen.<br />
Wegen ihrer verschie<strong>de</strong>nartigen Lebensumstän<strong>de</strong><br />
haben die älteren Menschen nicht per se eine<br />
gemeinsame Interessenslage. Unter ihnen fin<strong>de</strong>n sich<br />
„mehrere Formen von soziopolitischem Bewusstsein,<br />
die nicht so sehr vom Alter abhängen, son<strong>de</strong>rn von<br />
Faktoren wie sozioökonomischer Status, Rasse,<br />
Geschlecht, Religion und Wohnort“ (Walker/Naegele<br />
1999, S. 20).<br />
„Die Lebenschancen sind in <strong>de</strong>n heutigen Gesellschaften<br />
nicht gleich verteilt. Wirksamer und gleicher Zugang<br />
zum Arbeitsmarkt, zu lebenslangem Lernen, sozialen<br />
Dienstleistungen und Gesundheitsfürsorge ist innerhalb<br />
<strong>de</strong>r Europäischen Union <strong>de</strong>utlich verschie<strong>de</strong>n, wobei<br />
ein beachtlicher Teil <strong>de</strong>r EU-Bevölkerung unter Armut<br />
und Ausgrenzung lei<strong>de</strong>t und große Schwierigkeiten,<br />
hat sich einen passablen Lebensunterhalt zu sichern.“<br />
(Kommission <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaften 2007,<br />
S. 8). Das gilt auch für die ältere Generation, <strong>de</strong>nn<br />
Altersarmut ist in mehreren europäischen Län<strong>de</strong>rn ein<br />
ernstes Problem. Eine Untersuchung <strong>de</strong>s Europäischen<br />
Zentrums für Sozialpolitik und Forschung, Wien, hat<br />
jüngst gezeigt, dass eine recht be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Zahl von<br />
älteren Menschen von Armut bedroht ist – „bis zu eine<br />
von sechs älteren Personen in privaten Haushalten“<br />
(Europäisches Zentrum 2006, S. 45) in <strong>de</strong>n EU-<br />
Staaten.<br />
Soziale Ausgrenzung ist nicht nur eine Frage von<br />
Einkommen und Besitz. „Man nimmt an, dass soziale<br />
Risikofaktoren wie Unselbständigkeit im Alter und<br />
soziale Isolation noch zunehmen. Heutzutage leben<br />
28% <strong>de</strong>r Bevölkerung über 70 momentan allein“<br />
(Kommission <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaften 2007,<br />
S. 4). Die Vereinzelung älterer Menschen führt leicht<br />
zu Folgeproblemen, wie Einsamkeit, Alkoholismus,<br />
seelischen Erkrankungen, Selbsttötung. Ältere<br />
Menschen sind in höherem Maße davon betroffen als<br />
Menschen im mittleren Alter.<br />
Der Kampf um das tägliche Überleben ist typisch für die<br />
Lebenssituation und Lebenseinstellung vieler Senioren<br />
in <strong>de</strong>n neuen EU-Staaten Mittel- und Osteuropas.<br />
Unter solchen Lebensbedingungen bleibt wenig Raum<br />
für bürgerschaftliches Engagement.<br />
In Deutschland ist die Armut unter alten Menschen<br />
von 1973 bis 1998 gesunken und entspricht nun<br />
zahlenmäßig genau <strong>de</strong>r Gesamtbevölkerung. Laut<br />
<strong>de</strong>m 3. Nationalen Bericht zu Armut und Reichtum<br />
in Deutschland (veröffentlicht im Juni 2008) ist <strong>de</strong>r<br />
Prozentsatz von in Armut geratenen Senioren nicht<br />
gestiegen. Trotz<strong>de</strong>m ist zu vermuten, dass sich die<br />
wachsen<strong>de</strong> Kluft zwischen Gutsituierten und von Armut<br />
Bedrohten und Betroffenen auch bei älteren Menschen<br />
zunimmt.<br />
Soziale Diskriminierung im Alter geschieht nicht<br />
nur durch ökonomische Ausgrenzungen, son<strong>de</strong>rn<br />
auch dort, wo Strukturen fehlen, die es älteren<br />
Menschen ermöglichen, ihr eigenes Lebensumfeld<br />
aktiv zu gestalten. Senioren wollen mehr sein als zu<br />
versorgen<strong>de</strong> entmündigte Empfänger von Leistungen<br />
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