Kunst und Musik - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design
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schwerpunkt<br />
cAGe | BALtic rAw OrG<br />
20<br />
hAMBurG<br />
Open Museum<br />
hauslückenbesetzer: elektrohaus-Betreiber<br />
schaffen hang Out des sommers<br />
text: DAGrun hintze<br />
Die Organisationsform entspricht einem modularen system<br />
<strong>und</strong> lebt von Fluktuation", heißt es auf der website vom<br />
elektrohaus hamburg. seit 2002 betreiben Móka Farkas<br />
<strong>und</strong> Berndt Jasper das selbst verwaltete künstlerhaus mit angeschlossenem<br />
Ausstellungsraum in st. Georg. unter dem operativen Label<br />
"Baltic raw Org" versammelt das paar außerdem kulturelle netzwerke<br />
<strong>und</strong> realisiert im kollektiv temporäre eingriffe im öffentlichen raum<br />
– 2010 wurde das projekt u.a. zur expo in shanghai eingeladen, um<br />
dort im hamburg-haus die hamburger kunst- <strong>und</strong> kulturszene zu<br />
repräsentieren.<br />
nun hat "Baltic raw Org" eine Baulücke in direkter nachbarschaft<br />
zum elektrohaus besetzt. <strong>und</strong> hamburg hat sein erstes Open MuseuM:<br />
wie immer bei "Baltic raw" als rohbauform einer modularen,<br />
seriellen <strong>Architektur</strong>. Bis 2012 soll die begehbare skulptur von<br />
lokalen <strong>und</strong> internationalen künstlern <strong>und</strong> künstlergruppen bespielt<br />
werden. Darüber hinaus kann die seitenwand des nachbarhauses als<br />
hALBerstADt<br />
AsLsp<br />
klangwechsel beim längsten<br />
<strong>Musik</strong>stück der erde<br />
text: AnnA Brenken<br />
Am 5. August ist es wieder so weit. in halberstadt am harzrand<br />
wird in der st. Burchardikirche, im ehemaligen kloster<br />
st. Burchardi, der elfte klangwechsel zelebriert. Die seit der<br />
Jahrtausendwende in der historischen ruine installierte Orgelanlage<br />
erhält zwei neue töne: das einfach gestrichene c' (16') <strong>und</strong> das gestrichene<br />
des' (16'). ein ton muss gehen: das einfach gestrichene as'. so<br />
schreibt es die partitur von John cage vor.<br />
Der klangwechsel ist <strong>für</strong> die Gemeinde des wohl einflussreichsten<br />
Avantgarde-komponisten, happening- <strong>und</strong> Fluxuskünstlers des<br />
zwanzigsten Jahrh<strong>und</strong>erts John cage ein festliches ereignis. Doch<br />
auch nicht-cageaner beeindruckt dieser Ort, an dem das längste <strong>und</strong><br />
langsamste <strong>Musik</strong>stück der erde erklingt: „OrGAnf/AsLsp“. cage,<br />
der 1912 in Los Angeles geboren wurde, der 1992 in new York starb,<br />
komponierte es am computer – nach dem zufallsprinzip, das er in<br />
die <strong>Musik</strong> einführte.<br />
Die schnörkellose, funktionale Orgelinstallation steht im zentrum<br />
Open Museum im Pulverteich<br />
projektionsfläche genutzt werden, die hintere "waldbühne" bietet<br />
eine plattform <strong>für</strong> konzerte <strong>und</strong> performances.<br />
BrO sieht Brachflächen als urbane ressourcen an <strong>und</strong> will sie zumindest<br />
kurzfristig der Logik einer kommerziellen Verwertung <strong>und</strong> phantasielosen<br />
stadtplanung entziehen. eine "gemischte Öffentlichkeit" soll<br />
sich die neu geschaffenen handlungsräume zu eigen machen <strong>und</strong> im<br />
besten Fall mit zukunftsfähigen Alternativen aufwarten. so steht neben<br />
dem Open MuseuM seit kurzem der "erdbügel": ein halboffenes<br />
hochhaus-Modell in holzrahmenbauweise, das sich formal an<br />
el Lissitzkys "wolkenbügel" orientiert. Darin befinden sich Beete mit<br />
ausschließlich essbaren pflanzen – ein vertikaler nutzgarten, den die<br />
städte von morgen vermutlich gut gebrauchen können. Auf dem plateau<br />
vor der Galerie der Gegenwart würde sich der "erdbügel" übrigens<br />
auch hervorragend machen, aber das nur am rande. erst mal erklären<br />
wir das Open MuseuM im pulverteich zum hang Out des sommers.<br />
http://balticraw.org/blog/category/open-museum-i-broken-home/<br />
John Cage-Installation „ORGANf/ASLSP“ zu spielen „as slow as possible“<br />
eines leeren raums. Die rohen, dunklen Backsteinwände, bilden eine<br />
großartige kulisse <strong>für</strong> ein <strong>Musik</strong>stück, das weit in die zukunft weist.<br />
„AsLsp“ soll hier bis ins Jahr 2639 erklingen. Bei den regelmäßigen<br />
klangwechseln gehen <strong>und</strong> kommen neue töne. Der raum bleibt unverändert.<br />
hier gilt: der klang, die zeit werden zum raum, der tonkünstler<br />
zum bildenden künstler.<br />
warum die spieldauer auf 639 Jahre festgelegt wurde? 1361erklang<br />
im halberstädter Dom die erste, jemals gebaute Orgel. 639 Jahre später,<br />
im Jahr 2000 , sollten die cage-töne zum ersten Mal erklingen.<br />
Auf jeden Fall besitzt halberstadt, das im zweiten weltkrieg schwer<br />
zerstört wurde, wo heute plattenbauten aus DDr-zeiten <strong>und</strong> der historische<br />
stadtkern merkwürdig benachbart sind, mit „AsLsp“ einen<br />
einmaligen Meditationsraum <strong>für</strong> Augen <strong>und</strong> Ohren. ein Gesamtkunstwerk<br />
des begnadeten John cage, der die Grenzen zwischen den<br />
künsten <strong>für</strong> alle zeiten aufhob.<br />
www.john-cage.halberstadt.de