10.11.2012 Aufrufe

3. Migrationslagerung - SSOAR

3. Migrationslagerung - SSOAR

3. Migrationslagerung - SSOAR

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

wie „aus einer Strukturfrage spätkapitalistischer Gesellschaften ein Kulturproblem<br />

der betroffenen Migranten“ werden konnte (1991, S. 99).<br />

Eine empirische Analyse pädagogischer Ethnisierungsprozesse haben<br />

Radtke und seine Forschungsgruppe in einer Untersuchung der institutionalisierten<br />

Diskriminierung in Schulen vorgenommen. Wie im folgenden, programmatisch<br />

gehaltenen Zitat deutlich wird, zielt diese Analyse auch auf eine De-<br />

konstruktion der interkulturellen Erziehung und ihres Gegenstandes, des kulturell<br />

verstandenen Menschen:<br />

„Die im Programm der ,interkulturellen Erziehung“ zugrunde gelegten, wesentlich<br />

ethnisch verstandenen Differenzen zwischen Schülern sind nicht schlicht gegeben,<br />

sondern werden in ihrer sozialen Bedeutsamkeit erst hergestellt ... In den Blick zu<br />

rücken sind auch nicht ausschließlich die subjektiven Handlungsformen und Motive, die<br />

Diskriminierung wesentlich als Problem mangelnder Aufklärung fassen, sondern die der<br />

Schule als Organisation zugehörigen sozialen Prozeduren, die jenseits individueller,<br />

kultureller oder sozialökologischer Merkmale der Kinder die Diskriminierungseffekte,...,<br />

hervorbringen.“ (Bommes/Radtke 1993, S. 487)<br />

Die Autoren sehen hier sowohl von einer schüler- als auch einer lehrerzentrierten<br />

Sichtweise ab und fokussieren die Organisationsprozesse, in denen<br />

Diskriminierungen jeglicher Art zur - nicht auf Intentionen zurilckftihrbaren -<br />

Normalität gehören. Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts fassen Gomol-<br />

la/Radtke (2000, S. 328f, i. O. k.) folgendermaßen zusammen:<br />

„In der Analyse schulischer Entscheidungsmuster geben sich die vergleichsweise<br />

negativen Trends in den Bildungserfolgen von Migrantenkindem als Kumulationseffekte<br />

zahlreicher Einzelentscheidungen zu erkennen, die im Verlauf einer Schulkarriere<br />

getroffen werden. ... Die Mechanismen der Diskriminierung basieren sowohl auf Formen<br />

der Ungleichbehandlung von Migrantenkindem im Vergleich mit ihren Mitschülerinnen,<br />

aufgrund sprachlicher und kultureller Differenzen, als auch auf Formen der<br />

Gleichbehandlung mit anderen Kindem, unter vermeintlich neutralen (,universellen“)<br />

Leistungskriterien, wobei die spezifischen Voraussetzungen von Kindem aus sprachlichen<br />

und kulturellen Minderheiten ignoriert werden.“<br />

Die empirische Dekonstruktion der Institutionen erweist sich als sehr erfolgreich,<br />

insofern sie derem kulturalisierenden Diskurs eine andere Betrachtungsweise<br />

entgegenzusetzen vermag und jenseits von Individuen und ihren Intentionen<br />

argumentiert. Insbesondere die organisationstheoretische Fundierung des<br />

genannten Forschungsprojekts, in der der „Prozeß des Organisierens“ in seiner<br />

„Regelhaftigkeit“ (Radtke 1991, S. 98) untersucht wird, zeigt eine analytische<br />

Distanz, aus der die immanente Rationalität institutioneller ethnischer Diskriminierung<br />

deutlich und verständlich wird.<br />

18

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!