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3. Migrationslagerung - SSOAR

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Identität, des Geschlechts etc. Es geht in der empirischen Rekonstruktion<br />

allerdings nicht darum, die unterschiedlichen Bezugspunkte der Differenzerfahrungen<br />

zu identifizieren. Denn es handelt sich bei diesen Erfahrungen<br />

nicht um „Differenzen zwischen Gruppen, deren Mitgliedern die zugeschriebenen<br />

Eigenschaften wesenseigen sind“ (Krüger-Potratz 1999, S. 158). Solche<br />

Zuschreibungen haben nur im Zusammenhang der „Dynamik sozialer Beziehungen“<br />

(Scherr 1998, S. 54) und der Milieus Geltung, in denen sie entstehen.<br />

Differenzerfahrungen lassen sich also nur in Bezug auf die Milieus derjenigen<br />

interpretieren, die sie machen.<br />

Die Begegnung mit Personen, die dem eigenen Milieu nicht zugehören,<br />

wird auf eine spezifische, für das je eigene Milieu typische Weise erfahren.<br />

Wenn die Differenzerfahrungen sich unterschiedlich gestalten, so ist dies also<br />

nicht mit einer Beliebigkeit zu verwechseln. Jürgen Wittpoth (1994) hat in<br />

einer grundlagentheoretischen Arbeit gezeigt, dass die Begegnung mit fremden<br />

Personen stets durch das eigene Selbst (Mead) bzw. den eigenen Habitus<br />

(Bourdieu) gerahmt wird. Diese Rahmung erst ermöglicht und begrenzt die<br />

Differenzerfahrung. Daher gehören die Rekonstruktion der Differenzerfahrungen<br />

und die Milieuanalyse zusammen. Jene werden erst durch diese verständlich,<br />

beide verweisen in ihrer Genese aufeinander. Denn auch die Erfahrungen<br />

der Differenz sind Bestandteil der Milieus und für diese konstitutiv.<br />

Sehr augenfällig wird der milieukonstitutive Charakter der Differenzerfahrung<br />

bei den Jugendlichen aus Einwanderungsfamilien, in deren Milieus<br />

sich die Erfahrung der Differenz in der Sphärentrennung niederschlägt. Hier<br />

sind die Bewältigungsformen von Differenz habitualisiert. Neben diesen Differenzerfahrungen<br />

im engeren Sinne rekonstruiere ich in dieser Untersuchung bei<br />

allen Jugendlichen, einheimischen wie eingewanderten, Erfahrungen mit der<br />

Überschreitung von Milieugrenzen.<br />

Den Begriff der Differenzerfahrung möchte ich möglichst offen halten. Ich<br />

bezeichne mit ihm die Milieugrenzen überschreitende Erfahrung, d. h. den<br />

erfahrungsmäßigen Niederschlag jenes Vorgangs, bei dem eine Person oder<br />

Gruppe einer anderen Person oder Gruppe begegnet, die dem eigenen Milieu<br />

nicht zugehörig ist. Die Problematik der Differenzerfahrungen beginnt also<br />

nicht erst dort, wo unterschiedliche Kulturen (im Zuge der Einwanderung)<br />

aufeinandertreffen, sondern schon in der Vielfalt der Milieus einer jeden<br />

Gesellschaft.<br />

Meine Rekonstruktionsarbeit geht über die Alltagstheorien der Jugendlichen<br />

hinaus und zielt auf die atheoretische Ebene, d. h. die konjunktive Erfahrung<br />

des Überschreitens von Milieugrenzen. Diese Ebene liegt zum einen dort<br />

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