3. Migrationslagerung - SSOAR
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Die Gruppe Wildcats befindet sich auf dem Höhepunkt ihrer Adoleszenzkrise<br />
in einer Phase, in der ihre Mitglieder nicht nur ihre berufsbiographischen<br />
Zukunftsmöglichkeiten negativ einschätzen, sondern sich auch gänzlich weigern,<br />
dieses Thema in der Gruppendiskussion zu bearbeiten. Diese Phase der<br />
Negation (berufs-) biographischer Entwicklungspotentiale kontrastiert mit der<br />
Reorientierungsphase, in der die Jugendlichen der Gruppe Katze sich mittlerweile<br />
(mit neunzehn Lebensjahren) mit den (berufs-) biographischen Erwartungen<br />
von Gesellschaft und Familie arrangiert und im Breakdance eine biographische<br />
Zukunft eröffnet haben. Im Kontrast dieser beiden Entwicklungsphasen<br />
zeigt sich die adoleszenzspezifische Erfahrungsdimension19 bei jungen<br />
Migranten (siehe dazu Kapitel <strong>3.</strong>0).20<br />
Eine weitere Dimension im Milieu der Gruppe Katze tritt hervor, wenn<br />
man einen dritten Fall, die Gruppe Idee, zum Vergleich heranzieht. Auch diese<br />
Gruppe weist weitgehende Gemeinsamkeiten mit der Gruppe Katze auf (Reorientierungsphase<br />
der Adoleszenz und migrationsspezifische Erfahrungen).<br />
Lediglich in der bildungsspezifischen Erfahrungsdimension lassen sich Unterschiede<br />
finden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fällen meiner empirischen<br />
Analyse, die wie die Gruppe Katze überwiegend aus arbeitenden Jugendlichen<br />
oder solchen bestehen, die sich in der Berufsausbildung oder auf Arbeitssuche<br />
befinden, kommen in der Gruppe Idee Studenten zusammen. Deren<br />
funktionales Äquivalent zum körperlichen Aktionismus des Breakdance ist der<br />
intellektuelle Aktionismus des kontinuierlichen Nachdenkens und Produzierens<br />
19 Mit deren Rekonstruktion knüpfe ich - auf differenzierte Weise - an das Modell<br />
der Adoleszenzentwicklung an, das Bohnsack (1989) in der empirischen Rekonstruktion<br />
von Lehrlingsgruppen entwickelt hat. Danach zeichnet die Lehrlingsgruppen<br />
gegenüber den Gymnasiasten aus, dass in ihnen berufsbiographische<br />
Überlegungen erst dann reflexiv angestellt werden, „wenn die Jugendlichen bereits<br />
im Berufsalltag stehen“ (ebd., S. 199). Im Übergang von der Schule zum Beruf<br />
befinden sie sich in einer „Phase der Suspendierung“ berufsbiographischer Pläne<br />
und geraten dann - nach einer kurzen „Entscheidungsphase“ - in eine Phase der<br />
„Enttäuschung“, insofern sich (unrealistische) Erwartungen an den Beruf nicht<br />
erfüllen lassen. Darauf folgt die „Negationsphase“, in der berufsbiographische<br />
Entwicklungspläne und -möglichkeiten gänzlich suspendiert werden. Nach diesem<br />
Höhepunkt der Adoleszenzkrise kommen die Jugendlichen in eine „Phase der<br />
Reorientierung“, in der vor allem berufsbiographische Pläne neu gefasst und in<br />
Angriff genommen werden (vgl. ebd., S. 199-216).<br />
20 Obwohl es eine breite Forschung zu adoleszenten Migrant(inn)en gibt, konstatierte<br />
Herwartz-Emden noch, dass „eine Theorie der Adoleszenz unter der Bedingung<br />
von Einwanderung und Migration nicht zur Verfügung steht“ (1997, S. 903).<br />
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