Viel Spaß auf dem Stoppelmarkt - Vechtaer Stoppelmarktszeitung
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9. August 2006 STOPPELMARKT IN VECHTA 19<br />
Missverständnisse<br />
Die Partei hat immer Recht, oder?<br />
Lieber Leser, wenn Du diese<br />
Seitegeradeerst<strong>auf</strong>geschlagen<br />
hast, ist es noch nicht zu<br />
spät, umgehend weiterzublättern.<br />
Denn die folgenden Zeilen<br />
handeln ausschließlich von Unglück<br />
und Elend. Ich habe geschworen,<br />
diese traurige Geschichte<br />
von einer Gruppe ehrbarer,<br />
honoriger und <strong>auf</strong>rechter<br />
Demokraten, die Opfer ihres eigenen,<br />
über Jahrzehnte antrainierten<br />
Verhaltens wurden, der<br />
Öffentlichkeit zugänglich zu<br />
machen. Du aber musst Dich<br />
damit nicht befassen. Sag’ also<br />
nicht, ich hätte Dich nicht gewarnt.<br />
Wann genau das Drama begann,<br />
ist unwichtig. Auch den<br />
Namen der Stadt, in der es sich<br />
abspielt, werde ich zum Schutz<br />
der ohnehin bis heute leidenden<br />
Hauptpersonen nicht verraten.<br />
Denn ihre ehrbaren Motive dürfen<br />
nie in Frage gestellt werden.<br />
Sie alle gehören einem <strong>auf</strong> Dauer<br />
angelegten Zusammenschluss<br />
politisch interessierter Menschen<br />
mit weitgehend übereinstimmenden<br />
Vorstellungen, wie<br />
das Gemeinwesen funktionieren<br />
sollte – kurz Partei – an. Doch<br />
genau hier beginnt das Problem.<br />
Denn auch wenn die christlich<strong>dem</strong>okratische<br />
Gruppe, von der<br />
hier die Rede sein wird, die<br />
größte im Vergleich zu verwandten<br />
Verbänden in der Nachbarschaft<br />
ist, ist der Zusammenhalt<br />
nur ein gefühlter, oftmals unsichtbarer:<br />
Lädt die Partei zu einer<br />
Veranstaltung ein, ist die<br />
Zahl der Mitglieder aus den eigenen<br />
Reihen, die sich angesprochen<br />
fühlt, so gering, dass statt<br />
eines Saales oft schon ein durchschnittliches<br />
Wohnzimmer rei-<br />
AUS DEM BLÄTTERWALD<br />
S chützenimKreisVechtaleben<br />
manchmal recht gefährlich:<br />
„Die Fortsetzung des<br />
Schießens <strong>auf</strong> Orden, Mannschaftspokal<br />
und Vereinsmeister<br />
findet heute um 19 Uhr statt.“<br />
Man könnte es auch missverstehen:<br />
„Friesoythes Schiffsmodellbauer<br />
feiern Saisonabschluss<br />
mit traditionellem Abschiffen.“<br />
chen würde, um allen Gästen einen<br />
Platz zu bieten.<br />
Nicht einmal diejenigen, die<br />
für unsere so bedauernswerte<br />
Gruppe öffentliche Ämter bekleiden,<br />
haben in ihrer Gesamtheit<br />
Interesse an einer Teilnahme.<br />
Dass auch Repräsentationspflichten<br />
Teil ihrer Aufgabe sind,<br />
haben viele längst vergessen<br />
oder sie haben es nie verstanden<br />
– wie so viel an ihrer politischen<br />
und öffentlichen Rolle.<br />
Auch das Arbeitsverständnis<br />
innerhalb dieser Partei löst gelegentlich<br />
Verwunderung aus. Fragen<br />
werden gestellt und Probleme<br />
erörtert, wenn niemand außerhalb<br />
des engeren Zirkels<br />
lauscht. Dann, versichern die<br />
Mitglieder, ging es heiß her.<br />
Merken allerdings darf das keiner.<br />
Denn falls doch, könnte ja<br />
der Eindruck entstehen, die<br />
weitgehend übereinstimmenden<br />
Vorstellungen über das Gemeinwesen<br />
seien gar nicht vorhanden<br />
– glauben die Mitglieder. Dass<br />
Du, lieber leidgeprüfter Leser,<br />
der Du bis zu diesen Zeilen<br />
durchgehalten hast, es anders<br />
siehst, nutzt Dir nichts. Zwar<br />
magst Du finden, Demokratie<br />
meint auch die öffentlich ausgetragene<br />
Suche nach einem Kompromiss.<br />
Helfen wird Dir das<br />
aber nicht.<br />
Weil dies nun eine betrübliche<br />
Geschichte ist, kann es auch<br />
kein Happy End geben. Dabei<br />
wäre das leicht zu erreichen. Die<br />
Gruppe müsste sich nur von einem<br />
fatalen Missverständnis lösen:<br />
Dem Missverständnis, dass<br />
Du, lieber Leser, sehr wohl zwischen<br />
wichtigen Diskursen und<br />
Scheindebatten unterscheiden<br />
kannst.<br />
Aus einem Pressetext über<br />
den Milchquotenpreis: „61<br />
Cent pro Kilometer mussten<br />
beim letzten Börsentermin bezahlt<br />
werden.“<br />
Die wohl früheste Hochzeit<br />
der Weltgeschichte erlebte ein<br />
Mann aus <strong>dem</strong> Nordkreis<br />
Cloppenburg: „Bei Geburt war<br />
Ehefrau mit dabei.“<br />
Geld in den Beutel<br />
Für den verarmten Klerus (rechts, in Sack und Asche) will sich<br />
jetzt Vechtas Leihbischof Timmer Evers (links) verschärft einsetzen:<br />
„Kann ja nicht angehen“, so der Bischof, „dass meine Mitbrüder<br />
so ruml<strong>auf</strong>en müssen“. Gemäß des Mottos der Westerheide<br />
geht <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Montagsempfang in Kühlings Zelt der Klingelbeutel<br />
rund. „Tuet Geld in seinen Beutel“, appelliert der Bischof.