Landwirtschaft – Kulturlandschaft – Regionale Esskultur
Landwirtschaft – Kulturlandschaft – Regionale Esskultur
Landwirtschaft – Kulturlandschaft – Regionale Esskultur
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Hansjörg Küster: Dinkel, Gurke, Färberwaid: Kulturpflanzen und ihre Landschaften<br />
litäten unter den Kulturpflanzen: Kaum irgendwo<br />
sonst wurde so viel Raps angebaut wie an der Elbmündung,<br />
Kohl aus Dithmarschen ist ebenso berühmt<br />
wie Obst vom Alten Land und Gemüse aus<br />
den Vierlanden (GROTH 2005, KÜSTER 2007). Durch<br />
den engen Kontakt zwischen Marschen und der Hafenstadt<br />
kamen zahlreiche exotische Gewürze und<br />
andere pflanzliche Produkte in die Marschen, die<br />
heute zu deren kulinarischen Besonderheiten zählen,<br />
unter anderem Tee, Ingwer, Piment und Dill. Dill<br />
wurde zu einem bevorzugten Fischgewürz, das in<br />
norddeutschen Gärten viel angebaut wurde und<br />
wird, obwohl die Pflanze eigentlich aus südlichen<br />
Breiten stammt.<br />
Ebenfalls vorwiegend auf dem Wasserweg wurde<br />
Berlin mit landwirtschaftlichen Produkten aus<br />
der Umgebung versorgt: Gurken und Meerrettich<br />
stammten aus dem Spreewald, Obst aus dem Umland<br />
von Werder und anderen Orten an Spree und<br />
Havel. Weitere Anbaugebiete von Kohl entwickelten<br />
sich in der Nähe anderer Städte, beispielsweise<br />
auf den Fildern bei Stuttgart. Im Weichbild der<br />
Städte spezialisierte man sich auch auf den Anbau<br />
von Gewürzen, mit denen ortsansässige Kaufleute<br />
Handel trieben und die man zur Haltbarmachung<br />
von Speisen verwendete (Meerrettich bei Nürnberg,<br />
Schnittlauch bei Frankfurt, Brunnenkresse bei Erfurt,<br />
Safran bei Ulm; vgl. KÜSTER 2003). Der Anbau<br />
von Schnittlauch und anderen Zutaten der „Grünen<br />
Soße“ in der Nähe von Frankfurt hatte mit der großen<br />
Bedeutung des jüdischen Bürgertums in der<br />
Stadt zu tun.<br />
Abb. 8: Buchweizenfeld bei Amelinghausen in der Lüneburger<br />
Heide<br />
Neue Kulturpflanzen<br />
In den letzten Jahrhunderten, vor allem seit dem<br />
Zeitalter der Entdeckungsreisen, wurden zahlreiche<br />
Kulturpflanzen weltweit verbreitet. Gewächse aus<br />
der Neuen Welt kamen nach Europa, Kulturpflanzen<br />
aus dem Nahen Osten, die seit Jahrtausenden auch<br />
vielerorts in Europa angebaut werden, gelangten<br />
nach Amerika. Dieser wichtige Aspekt von Globalisierung<br />
führte aber <strong>–</strong> zunächst wenigstens <strong>–</strong> nicht zu<br />
einer Nivellierung regionaler Anbaukulturen und<br />
Nahrungsgewohnheiten.<br />
Im Mittelalter, also noch vor den Entdeckungsreisen,<br />
wurden mehrere Kulturpflanzen unter slawischem<br />
Einfluss verbreitet: Gurke, Meerrettich, Hanf,<br />
Buchweizen. Buchweizen (Abb. 8) wurde vor allem<br />
in Gebieten mit armen Böden angebaut, im Gebirge<br />
und in der Lüneburger Heide.<br />
23