Landwirtschaft – Kulturlandschaft – Regionale Esskultur

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Landwirtschaft – Kulturlandschaft – Regionale Esskultur 24 Der aus Südeuropa stammende Spargel lässt sich sehr gut in sandigen Dünengebieten anbauen. Der Spargelanbau dort hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, weil Spargel eine gesuchte Delikatesse ist. Es kam zu einer Markenbildung: Nienburger, Burgdorfer, Schwetzinger oder Schrobenhauser Spargel sind weit bekannt und werden viel nachgefragt. Kartoffeln, die ursprünglich aus Amerika stammen, gedeihen in den Heidegebieten Norddeutschlands besonders gut. Tomaten werden in großen Mengen auf der Insel Reichenau im Bodensee angebaut, wo die Witterung vor allem im Herbst lange milde ist und die Böden fruchtbar sind. In manchen vom Klima begünstigten Gebieten wurde und wird Tabak angebaut. Dort errichte man Tabakscheunen, die Vorbildern in der amerikanischen Heimat des Tabaks ähneln, vor allem in der Oberrheinebene, aber auch noch in den 1980er Jahren an der Mittelelbe (KÜSTER & HOPPE 2010). Fazit Insgesamt zeigt sich als ein interessantes Resultat dieses Überblicks, dass viele regionale Besonderheiten des Anbaus von Kulturpflanzen und der Verwendung von Nahrungspflanzen nicht als ländliche Eigenheiten entstanden, sondern unter dem Einfluss der wachsenden Städte. Durch das Bevölkerungswachstum wurde es besonders notwendig, vor allem in den Siedlungszentren genügend Nahrungsmittel zur Verfügung zu haben. Daher wurden eventuell schon vorhandene Ansätze von Regionalisierung des Anbaus im 19. und 20. Jahrhundert verstärkt. Heute allerdings, unter dem Einfluss eines immer billiger werdenden Transports von Ort zu Ort, könnte diese Regionalisierung verloren gehen. Nicht alle Regionalisierungen des Anbaus von Kulturpflanzen bestanden nur in der Vergangenheit. Viele von ihnen nehmen heute sogar noch zu; dies lässt sich beispielsweise beim Anbau von Obst und Spargel feststellen. Es ist wichtig, die Anbau- und Versorgungsmuster mit den dazu gehörenden Orten der Lagerung und Aufbereitung zu erfassen und dazu die Kenntnisse zum Anbau und zur Verarbeitung der Pflanzen zu dokumentieren. Diese Erfassung könnte durch ehrenamtlich tätige Mitglieder von Heimatvereinen erfolgen, auch in Kooperation mit anderen Verbänden, beispielsweise den Landfrauenverbänden. Eine solche Erfassung ist aus mehreren Gründen notwendig. Zunächst einmal geht es darum, die Eigenart von bestimmten Landschaften zu bewahren, deren Charakter ganz weitgehend von den dort angebauten Pflanzen bestimmt wird. Auch diese Pflanzen gilt es zu erhalten; vermutlich sind in den einzelnen Anbaugebieten noch alte Landsorten zu entdecken, die in eine Erhaltungskultur genommen werden sollten. Ganz besonders wichtig sind weitere Gründe, die für eine genaue Erfassung der Eigenarten des Kulturpflanzenanbaus in bestimmten Gebieten sprechen. Zum einen sollte Einheimischen und Besuchern deutlich gemacht werden, was in einer jeden Landschaft einmalig ist; diese Einmaligkeit kann durch den Anbau bestimmter Kulturpflanzen definiert sein. Zum anderen geht es darum, in Zeiten knapper werdender fossiler Energieträger an Landwirtschafts- und Ernährungsmethoden anknüpfen zu können, die vor der allgemeinen Verbreitung von Kohle und Erdöl bestanden haben. Zu den Lebensverhältnissen der damaligen Zeit werden wir sicher nicht zurückkehren (und auch nicht zurückkehren wollen). Aber mutmaßlich werden wir die Zukunft besser bestehen, wenn wir uns bestimmte Traditionen des Umgangs mit Landschaft und Kulturpflanzen wieder in Erinnerung rufen. Es ist möglich, dass die Beschäftigung mit den Zusammenhängen zwischen Landwirtschaft, Kulturlandschaft und regionaler Esskultur einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsbewältigung leisten kann.
Hansjörg Küster: Dinkel, Gurke, Färberwaid: Kulturpflanzen und ihre Landschaften Literaturverzeichnis GROTH, C. (2005): Die holsteinischen Elbmarschen. Eigenart und Charakter einer Kulturlandschaft. – Diplomarbeit, Hannover. KOCH, F. (1936): Die geographische Verbreitung der Obstkelterei, des Obstwein- und Mostgenusses in Mittel- und Westeuropa. – Öhringen. KÖRBER-GROHNE, U. (1967): Geobotanische Untersuchungen auf der Feddersen Wierde. – Wiesbaden. KÖRBER-GROHNE, U. (1987): Nutzpflanzen in Deutschland. – Stuttgart. KÜSTER, H. (1995): Postglaziale Vegetationsgeschichte von Südbayern. – Berlin. KÜSTER, H. (2003): Kleine Kulturgeschichte der Gewürze. Ein Lexikon von Anis bis Zimt. – 3. Auflage, München. KÜSTER, H. (2007): Die Elbe. Landschaft und Geschichte. – München. KÜSTER, H. (2010): Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa. Von der Eiszeit bis zur Gegenwart. – 4. Auflage, München. KÜSTER, H. (im Druck): Marschen an der Nordseeküste zwischen Ruralität und Urbanität. – Dithmarschen (im Druck). KÜSTER, H. & A. HOPPE (2010): Das Gartenreich Dessau- Wörlitz. Landschaft und Geschichte. – München. SIEMENS, H. P. (1948): Der Obstbau an der Niederelbe (Regierungsbezirk Stade). – Hannover. • 25
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