Schifffahrts - PKF
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Im Falle der Besteuerung von Arbeitnehmern kamen als<br />
Rückfallklauseln bisher grundsätzlich zwei Vorschriften<br />
des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Betracht:<br />
§ 50d Abs. 8 EStG und § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG. Beide<br />
Normen setzen zunächst voraus, dass das maßgebliche<br />
DBA dem ausländischen Staat das Besteuerungsrecht<br />
für die Einkünfte zuteilt und diese in Deutschland<br />
– unter Progressionsvorbehalt – freizustellen sind. Bezogen<br />
auf den Urteilsfall: Irland hat nach dem DBA Irland<br />
das Besteuerungsrecht für die Einkünfte des Piloten,<br />
Deutschland hat diese Einkünfte unter Progressionsvorbehalt<br />
freizustellen.<br />
Diese durch das DBA angeordnete Freistellung der im<br />
Ausland erzielten Einkünfte in Deutschland soll nach<br />
§ 50d Abs. 8 EStG jedoch nur vorgenommen werden,<br />
wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass entweder der<br />
ausländische Staat die Einkünfte besteuert oder auf die<br />
Besteuerung verzichtet hat. Zweck dieser Vorschrift ist<br />
es zu verhindern, dass „weiße“ Einkünfte entstehen, weil<br />
der Steuerpflichtige seinen Erklärungspflichten im ausländischen<br />
Staat pflichtwidrig nicht nachkommt. Ein Verzicht<br />
auf das Besteuerungsrecht im Sinne der Vorschrift<br />
ist deshalb auch darin zu sehen, dass die entsprechenden<br />
Einkünfte – wie im Urteilsfall – nach dem innerstaatlichen<br />
Recht des ausländischen Staates steuerfrei sind. An den<br />
Nachweis des Verzichts sind im Übrigen keine besonderen<br />
Voraussetzungen zu knüpfen; wortwörtlich führt der<br />
BFH in seiner Urteilsbegründung aus: „Was ohnehin feststeht,<br />
muss nicht gesondert nachgewiesen werden“. Den<br />
Nachweis zu führen, dass der ausländische Staat auf das<br />
ihm durch das DBA zugewiesene Besteuerungsrecht verzichtet<br />
hat, ist somit regelmäßig unproblematisch. Als Zwischenergebnis<br />
ist festzuhalten, dass die Rückfallklausel<br />
des § 50d Abs. 8 EStG auf die Einkünfte des Piloten keine<br />
Anwendung findet, denn er konnte den Nachweis führen,<br />
dass Irland seinen Arbeitslohn nicht besteuert.<br />
Damit blieb dem BFH zu prüfen, ob Deutschland – so<br />
übereinstimmend Finanzamt und Finanzgericht Bremen<br />
(EFG 2011, 988) – die Einkünfte des Piloten über § 50d<br />
Abs. 9 Nr. 2 EStG besteuern darf. Nach dieser Vorschrift<br />
will die Verwaltung die Einkünfte entgegen der ausdrücklichen<br />
Bestimmung im DBA nicht steuerfrei stellen, wenn<br />
der ausländische Staat die Einkünfte nur deshalb nicht<br />
besteuert, weil sie von einer nur beschränkt steuerpflichtigen<br />
Person bezogen werden. Die Rückfallklausel in<br />
§ 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG kommt somit allenfalls dann zur<br />
Anwendung, wenn der ausländische Staat gleiche Einkünfte<br />
bei unbeschränkter Steuerpflicht besteuert und bei<br />
nur beschränkter Steuerpflicht nicht. Im Urteilsfall lag es<br />
so, dass Irland die Arbeitslöhne von Piloten dann und nur<br />
dann besteuert, wenn die Piloten in Irland unbeschränkt<br />
steuerpflichtig sind.<br />
Die Finanzverwaltung glaubte, mit den beiden genannten<br />
Rückfallklauseln gewissermaßen doppelten Boden zu<br />
haben: Solange der Arbeitnehmer seine ausländischen<br />
Einkünfte der ausländischen Behörde nicht erklärt hatte,<br />
besteuert Deutschland über § 50d Abs. 8 EStG. Wenn er<br />
die Einkünfte im Ausland zwar vorschriftsgemäß erklärt,<br />
der ausländische Staat sie dort aber aufgrund der nur<br />
beschränkten Steuerpflicht nicht besteuert, sollte § 50d<br />
Abs. 9 Nr. 2 EStG die Besteuerung in Deutschland sicherstellen.<br />
Dem hat der BFH mit seinem obigen Urteil einen<br />
Riegel vorgeschoben. Seiner Ansicht nach findet § 50d<br />
Abs. 9 Nr. 2 EStG bei Einkünften aus nichtselbständiger<br />
Arbeit regelmäßig keine Anwendung: § 50d Abs. 8 EStG als<br />
die speziellere Norm hat sowohl inhaltlich als auch in seiner<br />
gesetzessystematischen Stellung Vorrang. Im Ergebnis<br />
blieb es für den Piloten somit bei „weißen“ Einkünften.<br />
Für Reedereien und Seeleute – präziser: für das Personal<br />
an Bord von Schiffen, auch von Kreuzfahrtschiffen – ist die<br />
Entscheidung von besonderer Bedeutung, denn das DBA<br />
Irland entspricht hinsichtlich der hier maßgeblichen Regelung<br />
dem OECD-MA und somit der ganz überwiegenden<br />
Anzahl der von Deutschland abgeschlossenen DBA, und<br />
nach dem OECD-MA werden Vergütungen von Piloten<br />
wie die Heuern für die Arbeit auf See- und Binnenschiffen<br />
behandelt: Das Besteuerungsrecht hat der Vertragsstaat,<br />
in dem sich die tatsächliche Geschäftsleitung des Unternehmens<br />
befindet. Unternehmen in diesem Sinne kann<br />
nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH vom<br />
18.5.2010 – I R 204/09, BFH/NV 2010, 1636) grundsätzlich<br />
nur ein Unternehmen sein, das selbst internationalen Seebzw.<br />
Binnenverkehr betreibt und zugleich wirtschaftlicher<br />
Arbeitgeber des Besatzungsmitglieds ist. Eine Crewing-<br />
Gesellschaft ist deshalb nicht Unternehmen in diesem<br />
Sinne, wenn sie nicht selbst Seeschiffe im internationalen<br />
Verkehr oder Binnenschiffe betreibt. Eine Ausnahme<br />
besteht hingegen im neuen DBA Zypern, das ausdrücklich<br />
auch Crewing-Ausrüster als Unternehmen im Sinne<br />
der Regelung definiert (vgl. Rauert in HANSA 7/2011, 101;<br />
Rauert in IStR 2012, 164). Insofern ist der Gestaltungsspielraum<br />
für Reedereien mit dem hier besprochenen<br />
Urteil nochmals erheblich erweitert worden.<br />
<strong>PKF</strong> maritime | Mai 2012 | 15