GELD BEOBACHTER KOMPAKT 10/2008 29 ROHSTOFFE Mangelware bringt Profit Das Angebot ist knapp, die Nachfrage riesig – in der Folge steigen die Preise: Das macht Rohstoffe zu einer beliebten Anlageform. In den ärmsten Ländern der Welt sorgt diese Entwicklung allerdings für gewaltige Probleme. Text: Ulrich W. Hanke FOTOS: YASSER AL-ZAYYAT/AFP, SERGIO PITAMITZ/CORBIS/RDB Es beginnt mit dem Einschalten des Lichts am Morgen. Zum Frühstück gibts Kaffee und Weizenmehlbrötchen. Der Morgenmantel ist aus Baumwolle, und die Armbanduhr ist vergoldet. Dann gehts zur Arbeit – mit dem Auto, das aus diversen Metallen besteht und betankt ist mit Benzin oder Diesel. Der Tag fängt mit Rohstoffen an – und sie begleiten uns bis am Abend. Trotzdem investieren nur wenige Privatanleger in diesen Bereich. Obwohl im Zusammenhang mit Rohstoffanlagen seit geraumer Zeit von einem «Megatrend» die Rede ist, bei dem grosse Gewinne möglich sind. Das war früher schon mal anders: In den achtziger Jahren gab es Basis- und Edelmetalle sowie Agrarrohstoffe im Überfluss – und niemand sprach von Energieproblemen. Die Preise für Rohstoffe dümpelten vor sich hin, und Investitionen, etwa für die Erschliessung neuer Vorkommen, blieben weitgehend aus. Folge: Die Produktion nahm ab, bis sich ab 2002 ein Nachfrageüberhang gebildet hatte. Das knappe Angebot – das auch noch unelastisch ist, denn Rohstoffe sind nicht von heute auf morgen abbaubar – führte zu höheren Preisen. Dieser Trend ist noch immer an den Rohstoffmärkten zu beobachten und wird die nächsten Jahre anhalten. Grund dafür ist der wirtschaftliche Aufbruch in Schwellenländern wie zum Beispiel Brasilien und vor allem die rasante Entwicklung in China. Die Volksrepublik mit ihren rund 1,3 Milliarden Menschen hat einen fast unstillbaren Energiehunger. Der Nachholbedarf gegenüber den Wohlstandsländern ist riesig, das Wachstum rasant. Ein Beispiel: Auf 1000 Einwohner kommen in China acht Autos, in den USA sind es 770. In welche Rohstoffe können Anleger investieren, und wo lohnt es sich am meisten Einen Anhaltspunkt können die Lagerbestände an den Rohstoffbörsen wie zum Beispiel der London Metal Exchange Drei Fragen zum Thema Rohstoffe Gibt es einen wertvolleren Rohstoff 1 <strong>als</strong> Gold Ja. Platin kostet etwa doppelt so viel pro Feinunze (31,1 Gramm). Der Grund: Platin ist 30-mal seltener <strong>als</strong> Gold. Zudem liegen die grössten Vorkommen von Platin, rund 80 Prozent, konzentriert auf einem Fleck der Erde: im südafrikanischen Bushveld-Komplex (www.lme.com) bieten. Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten zum Kauf: die Rohstoffe selbst (über Terminwarengeschäfte oder teils physisch), strukturierte Produkte auf die Rohstoffpreisentwicklung oder ein Rohstoffindex, Fonds mit Rohstoffaktien (Minen, Gas- und Ölförderer) oder einzelne Rohstofftitel. Dabei variiert vor allem das Risiko. Einzelne Minenaktien sind besonders spekulativ, weil der Anleger mit ihnen auch erhebliche Risiken eingeht. Das können Minenunglücke oder schlechtes Management sein. Sicherer sind Rohstofffonds, die einen Korb aus Minenaktien abbilden und die Risiken verteilen. Auch dabei ist der Privatanleger praktisch Aktionär. Anders ist dies wiederum bei strukturierten Produkten (siehe Seite 34). Diese bilden den einzelnen Rohstoffpreis oder einen Rohstoffindex nach. Bekannte Rohstoffindizes sind etwa der Commodity Research Bureau Index (CRB-Index), der Rogers International Commodity Index (RICI) und der Goldman Sachs Commodity Index (GSCI). Um deren Entwicklung nachzubilden, verwenden die Emittenten nördlich von Johannesburg. Wie viel Gold gibt es noch in der Erde 2 Nach Schätzungen des US-Geologiedienstes sind weltweit noch rund 42 000 Tonnen abbaubare Goldreserven im Boden. Beim heutigen Stand der Technik sind diese in 17 Jahren gefördert. Dann ist Schluss. Es sei denn, die bis heute nicht abbaubaren 50 000 Tonnen können dank neuen Technologien gehoben werden. Die weltweite Goldmenge beträgt rund 252 000 Tonnen. 3 Gibt es Möglichkeiten, in Rohstoffaktien zu investieren, ohne auf Minen oder Öl- und Gasförderer zu setzen Durchaus. Die Chancen bei Unternehmen, die Equipment zur Förderung oder zum Anbau von Agrarrohstoffen herstellen, sind sogar sehr gut. Allerdings kauft der Anleger damit oft nicht ein reines Rohstoffunternehmen und investiert so auch nicht in die reine Rohstoffpreisentwicklung. der Produkte Warentermingeschäfte (Futures). Dabei wird ein Rohstoff zu einem bestimmten Termin in der Zukunft gekauft. Da der Finanzinvestor – im Gegensatz zum verarbeitenden Unternehmen – aber den Rohstoff zu diesem Termin gar nicht geliefert bekommen möchte, muss er den Future vor Ablauf der vereinbarten Frist wieder verkaufen und in den nächsten einsteigen (Fachbegriff: Rollen). Nun kommtesdaraufan,obdasnächsteTermingeschäft zu günstigen oder weniger günstigen Konditionen abgeschlossen werden kann. Das hängt von der Marktmeinung ab. Ist der nächste Future teurer, nennt man das Contango. Der umgekehrte Fall wird mit Backwardation bezeichnet. Warum ist das wichtig Bei strukturierten Produkten können so zusätzliche Gewinne oder Verluste entstehen. Als Alternative bietet sich der Kauf von Futures selbst an. Dies ist für Privatanleger bisher nur über wenige Broker und Direktbanken möglich. Der Anleger muss dabei einen Teil des Kapit<strong>als</strong> <strong>als</strong> Sicherheit hinterlegen. Dieses kann jedoch zinsbringend angelegt werden und gleicht so oftm<strong>als</strong>
30 GELD BEOBACHTER KOMPAKT 10/2008 Karachi Stock Exchange, 2008