Kompakt-Gesamtausgabe als PDF - Beobachter
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34 GELD BEOBACHTER KOMPAKT 10/2008<br />
STRUKTURIERTE PRODUKTE<br />
Trendanlagen mit Tücken<br />
Strukturierte Produkte sind eine komplexe Anlageform. Wer einige Grundregeln<br />
befolgt, findet aber interessante Anlagemöglichkeiten. Oberstes Gebot ist allerdings:<br />
Bilden Sie sich vor dem Kauf eine klare Meinung zum Markt. Text: Volker Strohm<br />
Eine Aktie gewinnt innert Wochenfrist<br />
fünf Prozent an Wert – und gleichzeitig<br />
verdient der Anleger 20 Prozent.<br />
Hokuspokus Überproportional verdienen,<br />
<strong>als</strong>o mit sogenanntem Hebeleffekt,<br />
wenn sich ein Titel in die erwartete Richtung<br />
bewegt: Das mutet für viele Anleger<br />
wie die Quadratur des Kreises an. Entsprechend<br />
trauen sie der Sache nicht, scheuen<br />
Derivate oder strukturierte Produkte wie<br />
der Teufel das Weihwasser und deklarieren<br />
sie <strong>als</strong> «Zockerinstrumente». Wenig<br />
zur Vertrauensbildung tragen auch Namen<br />
wie Bloc, Booster, Barrier Triple Reverse<br />
Convertible oder Long Mini-Future bei.<br />
Und dennoch: Derivate und strukturierte<br />
Produkte sind die Anlageerfolgsgeschichte<br />
par excellence. Seit Jahren befindet sich die<br />
Derivatbranche auf der Überholspur und<br />
generiert Wachstumsraten, von denen andere<br />
nur träumen. Waren es zunächst nur<br />
die Hebelprodukte, die vorab in den neunziger<br />
Jahren die boomenden Aktienmärkte<br />
begleiteten und für so manch fetten Gewinn<br />
sorgten, gesellten sich seit der Jahrtausendwende<br />
vermehrt Anlageprodukte<br />
dazu, die Partizipation, Renditeoptimierung<br />
oder auch Kapit<strong>als</strong>chutz ermöglichen.<br />
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr.<br />
Viele strukturierte Produkte haben es Privatanlegern<br />
erst ermöglicht, in gewisse<br />
Anlagethemen zu investieren: Neue geographische<br />
Regionen, Zinsen, Währungen,<br />
Hedge-Fund-Strategien und vor allem das<br />
riesige Feld der Rohstoffe haben sich kostengünstig<br />
erschlossen.<br />
Strukturierte Produkte bergen aber auch<br />
Risiken, wie die Turbulenzen an den<br />
Aktienmärkten zeigen: Viele Anleger<br />
wurden in den vergangenen Monaten<br />
«ausgeknockt». Dieser Fachbegriff steht<br />
für die Erreichung einer Preislimite, die im<br />
Voraus definiert worden ist und die das<br />
Auszahlungsprofil (Pay-off) verändert.<br />
Diese Veränderung sieht in aller Regel vor,<br />
dass dem Anleger nun anstelle des Kapit<strong>als</strong><br />
eine abgemachte Anzahl Aktien ins<br />
Drei Fragen zum Thema strukturierte Produkte<br />
Warum soll ich überhaupt ein strukturiertes<br />
Produkt kaufen, statt direkt<br />
1<br />
in die Aktie zu investieren<br />
Ein Aktienkauf ist nur dann sinnvoll,<br />
wenn in Zukunft steigende Kurse<br />
erwartet werden. Bei einer Seitwärtsperformance<br />
liegt das investierte Geld<br />
brach, im Fall von sinkenden Kursen<br />
verliert man Geld. Strukturierte Produkte<br />
bieten für jede Markterwartung<br />
eine Lösung: Hat eine Aktie wenig<br />
Kurspotential, kann es sich lohnen,<br />
mit Bonus- oder Discount-Zertifikaten<br />
sowie Reverse Convertibles die Rendite<br />
zu optimieren. Rechnet man gar mit<br />
einem Kurszerfall, ist der Einsatz von<br />
Short Mini-Futures denkbar. Noch<br />
einmal der wichtigste Grundsatz: Erst<br />
eine klare Marktmeinung bilden, dann<br />
investieren.<br />
An strukturierten Produkten verdienen<br />
2<br />
in erster Linie die Banken, <strong>als</strong>o die<br />
Emittenten, lautet ein oft gehörter Vorwurf.<br />
Wer überwacht eigentlich den Markt<br />
Der Markt für strukturierte Produkte<br />
ist in der Tat wenig reguliert, doch<br />
genau dies ist dessen Vorteil. Anders<br />
sieht es bei den Anlagefonds aus: Sie<br />
sind dem Kollektivanlagengesetz (KAG)<br />
unterstellt, was aber nebst dem zusätzlichen<br />
Anlegerschutz auch mit sich<br />
bringt, dass die Zulassung eines neuen<br />
Produkts vergleichsweise behäbig<br />
daherkommt. Mit strukturierten Produkten<br />
hingegen kann man sehr rasch<br />
auf geänderte Marktsituationen oder<br />
allgemeine Trends reagieren. Für<br />
Depot gelegt wird, und zwar nicht unbedingt<br />
die Aktien, die man sich wünscht.<br />
Die massenhaften Knock-outs haben<br />
manchem Anleger schmerzlich aufgezeigt,<br />
dass der eigentliche Funktionsmechanismus<br />
des Produkts nicht ausreichend<br />
an der Börse kotierte Produkte bilden<br />
immerhin die Zulassungsbedingungen<br />
eine Art Regulatorium, für den riesigen<br />
Markt des OTC-Handels («over the<br />
counter», ausserbörslich) haben sich<br />
die Emittenten auf eine «vereinfachte<br />
Prospektpflicht» geeinigt. Diese sagt<br />
aus, welche Mindestangaben in einem<br />
Produktbeschrieb veröffentlicht werden<br />
müssen. Mit dieser Offensive haben die<br />
Banken die immer wieder geforderte<br />
KAG-Unterstellung für strukturierte<br />
Produkte ad acta gelegt.<br />
3<br />
Lohnt es sich nach der Finanzkrise<br />
überhaupt noch, in strukturierte<br />
Produkte zu investieren<br />
Durchaus. Wer vorsichtig investieren<br />
will, greift zu Kapit<strong>als</strong>chutzprodukten.<br />
Dazu kommt, dass die massiv gestiegene<br />
Volatilität – <strong>als</strong>o die Schwankungsbreite<br />
einzelner Basiswerte – Produkte<br />
wie Bonus- oder Discount-Zertifikate<br />
sowie Reverse Convertibles attraktiver<br />
gemacht hat. Die Emittenten können<br />
höhere Coupon- oder Bonuszahlungen<br />
in Aussicht stellen – und der sogenannte<br />
Risikopuffer, <strong>als</strong>o die Differenz von<br />
aktuellem Kurs bis zu einer Knock-in-<br />
Schwelle, ist grösser geworden. Aus<br />
steuerlicher Optik sollten Schweizer<br />
Anleger übrigens Bonus- und Discount-<br />
Zertifikate den Reverse Convertibles<br />
vorziehen: Deren Couponzahlungen<br />
müssen zumindest teilweise (Zinskomponente)<br />
versteuert werden, bilden<br />
aber dennoch den derzeit beliebtesten<br />
Produkttyp im Markt.<br />
verstanden wurde. Weder vom Anleger<br />
selbst, aber vielfach auch nicht von dessen<br />
Berater.<br />
Zu Knock-outs später noch mehr – doch<br />
so viel vorweg: Schmerzliche Erfahrungen<br />
mit strukturierten Produkten müssen nicht