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AUFTRAG_283_w.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

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RELIGION UND GESELLSCHAFT<br />

menheit vor. Die Kommission für die<br />

Sakramente formulierte Berichte zu<br />

Firmung, Buße, Ehe sowie Ehehindernissen<br />

sowie zur Frage von Ehekonsens,<br />

Eheprozess und Scheidung.<br />

Die Liturgiekommission bearbeitete<br />

nur ein Projekt, und zwar jenes<br />

zur Neufassung der liturgischen Ordnung<br />

der Heiligen Messe. Die Kommission<br />

für Studien und Seminare<br />

fertigte drei Berichte zu den Themen<br />

„Priesterberufung“, „Gehorsam gegenüber<br />

dem geistlichen Lehramt“<br />

und zum Thema „Ausbildung“ an<br />

kirchlichen Schulen, Seminaren und<br />

Hochschulen an. Elf Projekte gab es<br />

zur Frage der Ostkirchen und den Kirchen<br />

des Orients. Bei der Kommission<br />

für die Mission ging es um folgende<br />

Fragen: Arbeit der Mission, Disziplin<br />

des Klerus, die Orden, die Liturgie,<br />

die Disziplin der Gläubigen, Lehre in<br />

den Seminaren sowie die missionarische<br />

Zusammenarbeit.<br />

Das Pressesekretariat setzte sich<br />

mit verschiedenen Nachrichtenmitteln<br />

auseinander. Das Sekretariat für<br />

die Einheit der Christen behandelte:<br />

die Ökumene aus katholischer Sicht,<br />

das Gebet für die Einheit der Christen,<br />

das Wort Gottes als Mittel zur Einigung<br />

und zur religiösen Freiheit sowie<br />

das Recht der Menschen auf Religion<br />

und ihrer Ausübung in der bürgerlichen<br />

Gesellschaft. Insgesamt kam es<br />

zur Sichtung und Analyse von 2150<br />

Schreiben mit fast 9000 Einzelwünschen<br />

durch die Zentralkommission<br />

und die Fachkommissionen, die wie<br />

ausgeführt in 16 Quartbänden 9920<br />

Seiten in lateinischer Sprache umfassen.<br />

Obwohl viele Konzilsteilnehmer<br />

über eher schwache Lateinkenntnisse<br />

verfügten, wurde vom Papst die Entscheidung<br />

durchgesetzt, Latein als<br />

alle Glieder der Kirche verbindende<br />

Arbeitssprache auf dem II. Vaticanum<br />

zu führen.<br />

Es zeigte sich in der Vorbereitungskommission<br />

und in der ersten<br />

Sitzungsperiode des II. Vaticanums,<br />

dass die römische Kurie gegenüber<br />

den Bischöfen an Einfluss verlor, auch<br />

Dank des Engagements von Papst<br />

Johannes XXIII., der eine Stärkung<br />

der Ortskirchen und der nationalen<br />

Bischofskonferenzen intendierte. So<br />

konnte die Liturgiekommission ein<br />

besonders konkretes und progressives<br />

Papier vorlegen, welches sich im<br />

<strong>AUFTRAG</strong> <strong>283</strong> • SEPTEMBER 2011<br />

Laufe des Konzils behaupten konnte<br />

und Eingang in die Schlussdokumente<br />

des II. Vaticanums fand. Andere<br />

Dokumente waren eher schwerfällig<br />

formuliert und in einem wenig aussagekräftigen<br />

Schreibstil, der auf die<br />

römische Kurie verweist, gehalten.<br />

V<br />

Fazit<br />

on der Vorbereitungskommission<br />

des II. Vaticanums bleibt<br />

der Versuch der römischen Kurie im<br />

Gedächtnis, allzu große Neuerungen<br />

zu verhindern oder abzublocken. In<br />

der ersten Sitzungsperiode konnten<br />

sich selbstbewusste Kardinäle wie<br />

Ottaviani oder Frings durchsetzen, in<br />

dem sie ergebnisoffene Diskussionen<br />

zum prägenden Merkmal der ersten<br />

Sitzungsperiode realisierten. Diese<br />

Diskussionen waren so offen und progressiv,<br />

dass nach dem Tod von Papst<br />

Johannes XXIII. diese Dokumente<br />

kurzerhand als geheim klassifiziert<br />

wurden. Außerdem beschloss die römische<br />

Kurie, dass alle Tagungsordnungspunkte<br />

der ersten Sitzungsperiode,<br />

also:<br />

– über die Liturgie<br />

– über die Offenbarung<br />

– über die Kommunikationsmittel<br />

– über die Ostkirchen<br />

– über die Kirche<br />

noch einmal verhandelt wurden.<br />

So sind die heutigen Ergebnisse<br />

und Dokumente des II. Vaticanums<br />

vor allem den Prägungen durch<br />

Papst Paul VI. zu verdanken. Dabei<br />

ließ Paul VI. seine Erfahrungen als<br />

Diplomat des Heiligen Stuhles mit<br />

einfließen, weshalb etwa ein Thema<br />

wie die „Religionsfreiheit“ oder der<br />

„Dialog mit nicht-christlichen Religionsgemeinschaften“<br />

einen so breiten<br />

Raum in den Abschlusstexten des II.<br />

Vaticanums einnehmen.<br />

Die Nichtveröffentlichung und<br />

Nicht-Verbreitung der Protokolle und<br />

Beschlüsse der ersten Sitzungsperiode<br />

hängt aber nicht nur damit zusammen,<br />

dass diese keinen Einfluss auf<br />

die zweite Sitzungsperiode ausüben<br />

sollten. Vielmehr sollte verhindert<br />

werden, dass sie überhaupt einen<br />

Einfluss auf die römisch-katholische<br />

Kirche ausüben sollen. Insoweit können<br />

wir heute weder Themen noch einen<br />

nachhaltigen kirchenpolitischen<br />

Einfluss der ersten Sitzungsperiode<br />

verifizieren. Allerdings waren die<br />

Tagungsordnungspunkte der ersten<br />

Sitzungsperiode zwingende Vorgaben<br />

für die Durchführung der zweiten<br />

und abschließenden Sitzungsperiode.<br />

Insoweit bedeutet der Tod von<br />

Papst Johannes XXIII. eine wirkungsmächtige<br />

Zäsur, der im Grunde<br />

das gesamte Konzilsgeschehen<br />

zurück auf Anfang stellte. Spekulativ<br />

bleiben Überlegungen, wenn<br />

Papst Johannes XXIII. länger gelebt<br />

oder gar das II. Vaticanum zu Ende<br />

gebracht hätte. Das dauerhafte Vermächtnis<br />

von Papst Johannes XXIII.,<br />

dem „guten Papst“, bleibt, dass er die<br />

katholische Kirche zur Welt von heute<br />

öffnete und sich seine Nachfolger<br />

diesem geistigen Erbe nicht entziehen<br />

können. ❏<br />

Literaturhinweise:<br />

– G. Albergigo, K. Wittstadt: Geschichte<br />

des Zwieten Vatikanischen<br />

Konzils (1959-1965), Band<br />

1 „Die katholische Kirche auf<br />

dem Weg in ein neues Zeitalter.“<br />

Mainz-Leuven 1997; Band<br />

2 „Das Konzil auf dem Weg zu<br />

sich selbst“. Mainz-Leuven 2000<br />

– W. Beinert: Das Zweite Vatikanische<br />

Konzil: Hintergründe –<br />

Gründe – Grundlage, in: Una<br />

Sancta 65, 2010, S. 57-71<br />

– W. Damberg: Das Zweite Vatikanische<br />

Konzil (1962-1965). Josef<br />

Kardinal Frings und die katholische<br />

Kirche in Deutschland,<br />

in: Historisches Jahrbuch 125<br />

(2005), S. 473-494<br />

Redaktionsschluss für <strong>AUFTRAG</strong> 284<br />

Freitag, 7. Oktober 2011<br />

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