ÖMZ 3/2009
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Streuungsradien, innerhalb derer 50% aller Treffer liegen, für<br />
die 1859 eingeführten Gewehre dargestellt. Die Einführung<br />
der Wahrscheinlichkeitsrechnung bietet die Möglichkeit, auch<br />
die Treffwahrscheinlichkeit dieser Waffen nach der im 20.<br />
Jahrhundert üblichen Methode mit ausreichender Genauigkeit<br />
zu berechnen. 22) Dadurch bietet sich die Möglichkeit einer<br />
zusätzlichen Beurteilung, die den zeitgenössischen Autoren<br />
nicht zugänglich war. Die Auflösung der geschlossenen Infanterieformationen<br />
in Tirailleurschwärme erfordert nämlich<br />
gezieltes Schießen auf einzelne Soldaten, nicht den Schuss<br />
auf eine gegenüberstehende kompakte Fläche von Infanterie.<br />
Chance, einen ungedeckt stehenden österreichischen Soldaten<br />
zu treffen. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass die<br />
Angriffe der piemontesischen Divisionen schon weit vor jener<br />
Entfernung zusammenbrachen, auf der das Bajonett einsetzbar<br />
gewesen wäre.<br />
Der schweizerische Hauptmann von Elgger schrieb zum<br />
Feldzug von 1859: 23) „Man frage jene Offiziere beider Armeen,<br />
welche bei Magenta und Solferino den ganzen Tag in erster<br />
Linie gefochten haben, ob sie jemals im freien Felde ein Bajonettgefecht<br />
oder ein Handgemenge gesehen haben. Man wird<br />
sich eines anderen belehren“. Und weiter: „Es ist gut und sogar<br />
Der bestrichene Raum gibt nur an, ob der Soldat überhaupt<br />
im Wirkungsbereich der Waffe liegt. Durch die mit der Entfernung<br />
steigende Waffenstreuung kann man auch rechts und<br />
links an ihm vorbeischießen.<br />
Alle Männer sind nun etwa 40 cm breit, und der zu treffende<br />
Körper von den Oberschenkeln aufwärts etwa 80 cm<br />
hoch. Berechnet man die Treffwahrscheinlichkeit für eine<br />
solche Fläche mit Verwendung der Daten aus Abbildung<br />
5, so ergeben sich unter Schießplatzbedingungen folgende<br />
Treffwahrscheinlichkeiten:<br />
Die körperliche und seelische Belastung im Gefecht reduziert<br />
diese berechneten Werte erheblich. Die übliche Annahme ist,<br />
dass sich die Streuungswerte verdoppeln und die Treffwahrscheinlichkeiten<br />
halbieren.<br />
Bei den Angriffen der piemontesischen Armee<br />
auf das VIII. Korps ist anzunehmen, dass sich ihre<br />
Angriffskolonnen ab etwa 200 m in jener Zone<br />
befanden, in der das österreichische Lorenz-Gewehr<br />
theoretisch 100% Treffer erzielen konnte.<br />
Die Piemontesen hatten aber - unter der Annahme<br />
bester Schießplatzbedingungen - auf 200 m keine<br />
und erst bei 75 m Meter eine etwa 70-prozentige<br />
nothwendig, dass der Soldat Vertrauen zu seinem Bajonett habe<br />
und dass er sich im Nahkampf für unüberwindlich halte. Doch<br />
dass - wie das Benehmen der Österreicher im Feldzuge 1866<br />
in Böhmen gezeigt - höhere Offiziere und Generäle das wahre<br />
Wesen des Bajonettangriffes nicht besser kennen und es sich<br />
einfallen lassen, alles mit dem Bajonett machen zu wollen, dass<br />
sie nicht wissen, dass der Bajonettangriff moralisch, aber nicht<br />
physisch wirkt, das ist doch zu arg“.<br />
Rüstow und Elgger kamen zu dem Schluss, dass „ein<br />
gründliches Studium der Kriegswissenschaften“ die Österreicher<br />
veranlassen hätte müssen, bei Solferino erst innerhalb von 225 m<br />
mit ihren dann sicher treffenden Gewehren das Feuer zu eröffnen.<br />
Beim VIII. Korps Benedeks scheint dies auch tatsächlich<br />
der Fall gewesen zu sein. Im Mittel- und Südteil des Schlacht-<br />
<strong>ÖMZ</strong>-Online 3/<strong>2009</strong> 27