2/2011 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle
2/2011 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle
2/2011 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle
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Ausgabe 2/11<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum<br />
<strong>Halle</strong> (Saale)<br />
medialog<br />
z e i t s c h r i f t d e s u n i v e r s i t ä t s k l i n i k u m s h a l l e ( s a a l e )<br />
Sportmedizin<br />
Betreuung für den Spitzen- und Breitensport<br />
Gynäkologie<br />
Behandlung von Inkontinenzbeschwerden<br />
Kin<strong>der</strong>- und Jugendmedizin<br />
Funktionelle Bauchbeschwerden<br />
Ausgabe 2/11<br />
1 |
e d i t o r i a l<br />
Sehr geehrte Damen<br />
und Herren,<br />
liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen,<br />
in <strong>der</strong> neuen Ausgabe unserer Zeitschrift<br />
medialog berichten wir diesmal über einen<br />
Schwerpunkt, den man nicht zuerst mit<br />
einem <strong>Universität</strong>sklinikum assoziiert: Sportmedizin.<br />
Seit vielen Jahren betreuen die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter <strong>der</strong> halleschen<br />
<strong>Universität</strong>smedizin viele Leistungssportler<br />
aus <strong>Halle</strong> – von Paul Bie<strong>der</strong>mann über<br />
Matthias Fahrig bis hin zu Bundesligamannschaften<br />
im Basketball und Handball. Die Mediziner<br />
fungieren als Mannschaftsärzte vor<br />
Ort bei Bundesligaspielen, führen die Leistungsdiagnostik<br />
bei Spitzensportlern durch,<br />
behandeln Verletzungen und Erkrankungen,<br />
beraten bei <strong>der</strong> Gabe von Medikamenten, damit<br />
die Sportler nicht in Konflikten mit den<br />
Anti-Doping-Bestimmungen geraten, kooperieren<br />
mit dem Olympiastützpunkt sowie<br />
<strong>der</strong> Sportschule. Dabei arbeiten die Sportmediziner<br />
aus verschiedenen Kliniken des UKH<br />
zusammen: Innere Medizin I bis III, Unfallchirurgie,<br />
Kin<strong>der</strong>- und Jugendmedizin, Kin<strong>der</strong>kardiologie<br />
und Orthopädie. Doch nicht<br />
nur Spitzensportler werden betreut, auch<br />
Breitensportlern stehen wir zur Verfügung.<br />
Neben dem Sportmedizin-Schwerpunkt<br />
bieten wir Ihnen ein breites Spektrum an<br />
Themen zur Lektüre an. In den Meldungen<br />
stellen wir Ihnen zwei neue Direktoren vor.<br />
Die <strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für Geburtshilfe<br />
wird nun durch Professor Dr. Michael<br />
Tchirikov geleitet. Neue Direktorin des<br />
Instituts für Humangenetik ist Professor Dr.<br />
Katrin Hoffmann, welche die Forschung, aber<br />
auch Patientenversorgung dieses Fachgebietes<br />
voran bringen möchte.<br />
Eine wichtige Neuigkeit möchte ich Ihnen<br />
an dieser Stelle noch berichten: Wir arbeiten<br />
intensiv an <strong>der</strong> Zukunft des <strong>Universität</strong>sklinikums.<br />
Einen wichtigen Schritt werden<br />
wir jetzt bei <strong>der</strong> baulichen Sanierung machen<br />
können. In diesem Herbst startet <strong>der</strong><br />
Abschluss <strong>der</strong> baulichen Sanierung unseres<br />
Hauptstandortes in <strong>der</strong> Ernst-Grube-Straße.<br />
Bald werden sich die Unterbringungsmöglichkeiten<br />
von Patienten in den konservativen<br />
Fächern deutlich verbessern. Vier-Bett-Zimmer<br />
werden dann unter an<strong>der</strong>em Geschichte<br />
sein.<br />
Wir würden uns freuen, wenn Sie uns weiterhin<br />
mit Anregungen und Hinweisen aus<br />
Ihrer täglichen Praxis dabei helfen würden,<br />
unsere Leistungen und unseren Service weiter<br />
zu verbessern. Sehen Sie medialog auch als<br />
Forum des kollegialen Austausches. Fragen<br />
und Hinweise können Sie beispielsweise auch<br />
per E-Mail an medialog@medizin.uni-halle.de<br />
richten. Sie bekommen eine Antwort.<br />
Bis dahin verbleibe ich<br />
mit freundlichen Grüßen<br />
PD Dr. Thomas Klöss<br />
Ärztlicher Direktor<br />
| 2
i n h a l t<br />
04 |<br />
I n n e r e M e d i z i n / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Sportmedizin am <strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Dr. Rüdiger Neef, PD Dr. Axel Schlitt<br />
06 |<br />
I n n e r e M e d i z i n<br />
Leistungsdiagnostik im Spitzensport<br />
Frank Noack, PD Dr. Axel Schlitt<br />
08 |<br />
I n n e r e M e d i z i n<br />
Leistungsdiagnostik im Breitensport<br />
Dr. Ulrich Pein<br />
11 |<br />
I n n e r e M e d i z i n<br />
Doping im Breitensport<br />
Sebastian Bubel, PD Dr. Axel Schlitt<br />
13 |<br />
O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Überlastungsschäden im Alltagssport<br />
Dr. Lars Irlenbusch, Dr. Alexan<strong>der</strong> Hagel<br />
16 |<br />
S t r a h l e n t h e r a p i e<br />
Stereotaktische Strahlentherapie <strong>der</strong> Leber<br />
Prof. Dr. Dirk Vor<strong>der</strong>mark, Dr. Christine Kornhuber<br />
18 |<br />
I n n e r e M e d i z i n<br />
Pulmonale Hypertonie<br />
Dr. Bernd Schmidt<br />
20 |<br />
G y n ä k o l o g i e<br />
Die Behandlung von Inkontinenzbeschwerden<br />
Dr. Christian Göpel, Dr. Alice Hemsen<br />
22 |<br />
O r t h o p ä d i e<br />
Neuroorthopädische Betreuung<br />
Dr. Susanne Lebek<br />
24 |<br />
O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Frakturen von Wirbelkörpern im Alter<br />
Dr. Holger Siekmann, Dr. Marc Röllinghoff<br />
26 |<br />
K i n d e r - u n d J u g e n d m e d i z i n<br />
„Mein Bauch tut immer so weh“<br />
Dr. Frank Schmidt, Dr. Daniel Clauß<br />
28 |<br />
30 |<br />
I n n e r e M e d i z i n<br />
Blutgruppeninkompatible Nierentransplantation<br />
Dr. Ulrich Pein, Dr. Silke Markau<br />
Meldungen<br />
Ausgabe 2/11<br />
3 |
I n n e r e M e d i z i n / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Sportmedizin am<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum<br />
<strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Dr. Rüdiger Neef<br />
PD Dr. Axel Schlitt<br />
<strong>Halle</strong> ist eine Stadt des Sports.<br />
Zahlreiche Sportler haben den<br />
Namen unserer Stadt in den<br />
vergangenen Jahrzehnten in<br />
die ganze Welt getragen, so<br />
wie Paul Bie<strong>der</strong>mann, Daniela<br />
Schreiber, Nadine Müller und<br />
Matthias Fahrig die Stadt<br />
<strong>Halle</strong> auch weiterhin würdig<br />
repräsentieren.<br />
I<br />
m Breitensport behauptet die<br />
Saalestadt eine Position weit vor<br />
an<strong>der</strong>en deutschen Großstädten.<br />
Zum Beispiel sind im Stadtsportbund <strong>Halle</strong><br />
176 Vereine registriert. Allein die beiden<br />
Großvereine, <strong>der</strong> SV <strong>Halle</strong> und <strong>der</strong> USV <strong>Halle</strong>,<br />
besitzen fast 7000 Mitglie<strong>der</strong>. Aus ihrer Fusion<br />
wird zukünftig <strong>der</strong> größte Sportverein<br />
Sachsen-Anhalts entstehen. Hier trainieren<br />
Spitzenathleten für nationale und internationale<br />
Wettkämpfe neben engagierten Freizeitund<br />
Breitensportlern.<br />
Einen großen Raum nimmt ebenfalls die För<strong>der</strong>ung<br />
des Nachwuchsbereiches ein. Die<br />
Sportschule in <strong>Halle</strong> ist eine von 39 Eliteschulen<br />
des Sports des Deutschen Olympischen<br />
Sportbundes (DOSB). An ihr lernen und trainieren<br />
550 Kin<strong>der</strong> und Jugendliche ab <strong>der</strong> 5.<br />
Klasse.<br />
Das <strong>Universität</strong>sklinikum ist <strong>der</strong> medizinische<br />
Hauptpartner des Olympiastützpunktes <strong>Halle</strong>.<br />
Ebenso wird das lizenzierte Untersuchungszentrum<br />
des DOSB durch unser Klinikum repräsentiert.<br />
An vier Tagen pro Woche werden<br />
Sprechstunden am Olympiastützpunkt abgehalten.<br />
Viele Mannschaftsärzte wie die <strong>der</strong> renommierten<br />
Vereine des SV <strong>Halle</strong> LIONS (1. Damenbasketballbundesliga),<br />
des SV Union <strong>Halle</strong>-Neustadt-Wildcats<br />
(2. Handballbundesliga<br />
<strong>der</strong> Damen) und des MEC <strong>Halle</strong> 04 SaaleBulls<br />
(3. Eishockeybundesliga <strong>der</strong> Herren) sind am<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum beschäftigt.<br />
Die vorhandene volle Weiterbildungsermächtigung<br />
garantiert die Ausbildung neuer Sportmediziner,<br />
so dass die Zahl qualifizierter Mediziner<br />
stetig zunimmt und hochkarätige<br />
| 4
I n n e r e M e d i z i n / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Sportveranstaltungen abgesichert werden<br />
können wie zuletzt <strong>der</strong> Hallorenpokal und die<br />
Deutschen Meisterschaften im Wasserspringen.<br />
Seit zwei Semestern wird mit großem<br />
studentischem Interesse eine fakultative Seminarreihe<br />
für Humanmediziner im 7. und 8.<br />
Semester angeboten, um frühzeitig an die interdisziplinäre<br />
Aufgabe <strong>der</strong> Sportmedizin heran<br />
zu führen.<br />
Das Spektrum eines <strong>Universität</strong>sklinikums<br />
garantiert die Versorgung aller Erkrankungen<br />
und Verletzungen eines Sportlers. Im Vor<strong>der</strong>grund<br />
stehen Probleme des Haltungs- und Bewegungsapparates<br />
sowie Beschwerden und<br />
Erkrankungen aus dem internistischen (insbeson<strong>der</strong>e<br />
kardiologischen und pneumologischen)<br />
Formenkreis. Folglich haben Unfallchirurgen/Orthopäden<br />
und Internisten den<br />
intensivsten Kontakt zu den Sportlern.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Lizenzuntersuchungen für<br />
Ka<strong>der</strong>athleten wird nicht nur <strong>der</strong> Untersuchung<br />
des Bewegungsapparates son<strong>der</strong>n auch<br />
<strong>der</strong> internistisch-sportmedizinischen Diagnostik<br />
(z.B. Echokardiographie und Belastungsuntersuchungen/Spiroergometrie)<br />
breite Aufmerksamkeit geschenkt. Hier wurde<br />
im vergangenen Jahr mit einem neuen Laufband<br />
und neuen Laktatmessgeräten durch das<br />
UKH in die Sportmedizin investiert. Mehrere<br />
Mannschaften unterschiedlicher Ballsportarten<br />
haben diese Art <strong>der</strong> Leistungsdiagnostik<br />
als Basis für ihre Trainingspläne genutzt.<br />
Als Sportärzte sind wir den durch uns betreuten<br />
Sportlern auch Aufklärung, Beratung<br />
und Hilfestellung hinsichtlich des Dopings<br />
schuldig. Jährliche Fortbildungen sind<br />
durch stetige Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Richtlinien,<br />
<strong>der</strong> verbotenen Substanzen und <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Medikamentenapplikationsformen<br />
eine selbstverständliche Pflichtaufgabe. Dabei<br />
ist auch <strong>der</strong> sportartspezifischen Verbotsliste<br />
<strong>der</strong> Nationalen Antidoping Agentur (NADA)<br />
Rechnung zu tragen. Wichtig ist auch die Unterstützung<br />
von Sportlern mit medikamentös<br />
zu behandelnden chronischen Erkrankungen,<br />
um durch ein korrektes Meldeverfahren unbewusste<br />
Dopingverdächtigungen und nachfolgende<br />
Sanktionen zu vermeiden.<br />
Aber Sport ist mehr als nur die Jagd nach neuen<br />
Rekorden. Sport vermittelt Freude, Wohlbefinden,<br />
Gesundheit, Gemeinschaftsgefühl<br />
und soziale Kompetenz. Sport und Bewegung<br />
helfen, beim Älterwerden fit und gesund zu<br />
bleiben. Aktiver Freizeit- und Gesundheitssport<br />
sind unübertroffen, wenn es darum<br />
geht, nach Erkrankungen und Verletzungen<br />
wie<strong>der</strong> fit und gesund zu werden.<br />
Die Definition <strong>der</strong> Sportmedizin als „diejenige<br />
theoretische und praktische Medizin, welche<br />
den Einfluss von Bewegung, Training<br />
und Sport sowie den von Bewegungsmangel<br />
auf den gesunden und kranken Menschen je<strong>der</strong><br />
Altersstufe untersucht, um die Befunde<br />
<strong>der</strong> Prävention, Therapie und Rehabilitation<br />
sowie dem Sporttreibenden dienlich zu<br />
machen“, zeigt die Aufgabenvielfalt dieses<br />
Faches. Im Gegensatz zu den meisten medizinischen<br />
Fachrichtungen ist Sportmedizin<br />
nicht diagnose- o<strong>der</strong> organbezogen, son<strong>der</strong>n<br />
untersucht die Bedeutung <strong>der</strong> körperlichen<br />
Aktivität für Gesundheit und Leistungsfähigkeit.<br />
Zentrales Anliegen ist dabei die Erforschung<br />
<strong>der</strong> Wirkungen körperlicher Aktivität<br />
bzw. des Bewegungsmangels auf den Organismus.<br />
Allgemein ausgedrückt: Sportmedizin<br />
befasst sich mit den medizinischen Fragen<br />
von Bewegung und Sport. Die Deutsche<br />
Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention<br />
(Deutscher Sportärztebund e.V.(DGSP),<br />
in dem auch die beiden Autoren Mitglie<strong>der</strong><br />
sind, ist <strong>der</strong> Dachverband <strong>der</strong> 18 Landessportärzteverbände<br />
in Deutschland, in denen die<br />
in Deutschland an <strong>der</strong> Sportmedizininteressierten<br />
bzw. auf diesem Feld tätigen Ärzte aller<br />
Fachdisziplinen organisiert sind.<br />
Getreu dieser Grundsätze bietet die Sportmedizin<br />
des <strong>Universität</strong>sklinikums <strong>Halle</strong> allen<br />
Sporttreibenden, vom Top-Athleten, über<br />
den Freizeitsportler bis zum Teilnehmer an<br />
Präventionsprogrammen und <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Gesundheitsfürsorge, vom kindlichen<br />
Sportler bis zur Seniorensportgruppe die<br />
Möglichkeit, sich beraten, untersuchen und<br />
behandeln zu lassen.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Unfall- und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />
Dr. Rüdiger Neef<br />
Tel.: (0345) 557-7008<br />
Fax: (0345) 557-7073<br />
ruediger.neef@medizin.uni-halle.de<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin III<br />
PD Dr. Axel Schlitt<br />
Tel.: (0345) 557-2622<br />
Fax: (0345) 557-2029<br />
axel.schlitt@medizin.uni-halle.de<br />
Ausgabe 2/11<br />
5 |
I n n e r e M e d i z i n<br />
Frank Noack<br />
PD Dr. Axel Schlitt<br />
Leistungsdiagnostik<br />
im<br />
Spitzensport<br />
Das <strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale) bietet als Zentrum<br />
<strong>der</strong> Maximalversorgung und durch die enge Vernetzung <strong>der</strong><br />
verschiedenen Fachrichtungen optimale Voraussetzungen zur<br />
interdisziplinären Betreuung von Spitzenathleten.<br />
F<br />
reitagabend 21 Uhr klingelt das<br />
Telefon. Am Sonntag sind deutsche<br />
Meisterschaften und ein<br />
Hochleistungssportler ist erkältet. Was auf<br />
den ersten Blick nicht gerade wie ein medizinischer<br />
Notfall erscheint, ist aus Sicht des<br />
den Spitzenathleten betreuenden Sportmediziners<br />
ein komplexes Problem. Einem Freizeitsportler<br />
würde man raten, die sportlichen<br />
Aktivitäten für ein paar Tage ruhen zu lassen<br />
und die Krankheit auszukurieren.<br />
Natürlich steht auch bei einem Spitzensportler<br />
<strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Gesundheit an erster Stelle.<br />
Es sind jedoch zusätzliche Aspekte zu bedenken.<br />
Die deutschen Meisterschaften sind<br />
die einzige Qualifikationsmöglichkeit für den<br />
Jahreshöhepunkt, die Weltmeisterschaften,<br />
auf den <strong>der</strong> Sportler das gesamte Jahr hingearbeitet<br />
hat. Die Eingruppierung als Ka<strong>der</strong>athlet<br />
mit entsprechen<strong>der</strong> finanzieller För<strong>der</strong>ung<br />
sowie Sponsorengel<strong>der</strong> sind meist<br />
leistungsabhängig. Sollte man also wegen einer<br />
Erkältung die gesamte Sportkarriere o<strong>der</strong><br />
zumindest das aktuelle „Sportjahr“ riskieren?<br />
Die Antwort des Sportlers ist immer gleichlautend.<br />
Er möchte in 24 Stunden gesund<br />
sein und starten.<br />
Aber natürlich kann auch ein Sportmediziner<br />
nicht zaubern. Hier ist vielmehr ein sorgfältiges<br />
Abwägen <strong>der</strong> gesundheitlichen Risiken<br />
gegen die Karriereinteressen des<br />
Sportlers gefragt. Da zwangsläufig auch unpopuläre<br />
Entscheidungen, wie Startverbote,<br />
getroffen werden müssen, ist ein absolutes<br />
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt<br />
und Spitzensportler unabdingbar. In <strong>der</strong> Regel<br />
werden alle Entscheidungen gemeinsam<br />
getroffen. Ein aktuelles Beispiel für eine im<br />
Sinne des Gesundheitsschutzes des Spitzenathleten<br />
getroffene schwierige Entscheidung<br />
war <strong>der</strong> Startverzicht <strong>der</strong> mehrfachen Olympiasiegerin<br />
im Biathlon (Magdalena Neuner)<br />
- bei fiebriger Erkältung - beim Weltcupfinale<br />
<strong>2011</strong>. Magdalena verlor zwar den Gesamtweltcup,<br />
verhin<strong>der</strong>te aber möglicherweise<br />
eine Herzmuskelentzündung. Dagegen<br />
fand <strong>der</strong> eingangs beschriebene „Erkältungs-<br />
Notfall“ mit dem Deutschen Meistertitel ein<br />
sportliches Happy End.<br />
Anhand des oben stehenden Beispiels kann<br />
man erahnen, dass die sportmedizinische Betreuung<br />
von Spitzenathleten komplex und<br />
multifaktoriell ist und nur durch entsprechend<br />
erfahrene Fachärzte mit <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung<br />
„Sportmedizin“ erfolgen sollte.<br />
Diese Voraussetzungen sind am <strong>Universität</strong>sklinikum<br />
<strong>Halle</strong> (Saale) optimal erfüllt. Durch<br />
die jahrelange sportmedizinische Betreuung<br />
von Leistungssportlern ist ein interdisziplinäres<br />
sportmedizinisches Team mit entsprechend<br />
großem Erfahrungsschatz gewachsen.<br />
Da das <strong>Universität</strong>sklinikum als Zentrum<br />
<strong>der</strong> Maximalversorgung alle apparativen und<br />
personellen Voraussetzungen bietet und somit<br />
das gesamte medizinische Spektrum abdeckt,<br />
können hier alle sportmedizinischen<br />
Probleme innerhalb kürzester Zeit bearbeitet<br />
werden. Dies ist insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Betreuung<br />
von Spitzenathleten eine wesentliche<br />
Voraussetzung, da <strong>der</strong> Zeitfaktor in <strong>der</strong><br />
Regel eine wichtige Rolle spielt. Daher erhalten<br />
die betreuten Spitzensportler auch für die<br />
kleineren und größeren medizinischen Notfälle<br />
außerhalb <strong>der</strong> regulären Sprechstundenzeiten<br />
eine Kontaktnummer.<br />
Nicht nur Notfälle spielen in <strong>der</strong> sportmedizinischen<br />
Betreuung von Leistungssportlern<br />
eine Rolle. Ebenso wichtig sind die regelmäßige<br />
Durchführung allgemeiner Untersuchungen<br />
(z.B. im Rahmen von Lizenzuntersuchungen)<br />
zur frühzeitigen Detektion von<br />
Überlastungsschäden sowie spezieller Diagnostiken<br />
(z.B. Lungenfunktionsuntersuchungen)<br />
bei Sportlern mit einer chronischen<br />
Erkrankung. So leiden beispielsweise 20 bis<br />
50 Prozent aller Freiluft-Ausdauersportler an<br />
einem Belastungsasthma, welches durch eine<br />
regelmäßige Reizung <strong>der</strong> Atemwege durch die<br />
unter Belastung immensen Atemminutenvolumina<br />
(bis zu 220 Liter passieren bei einem<br />
| 6
I n n e r e M e d i z i n<br />
Spitzensportler pro Minute die Lunge) getriggert<br />
wird. Auch die Beratung <strong>der</strong> Athleten<br />
hinsichtlich notwendiger Medikationen, unter<br />
Beachtung <strong>der</strong> sportartspezifischen Verbotsliste<br />
<strong>der</strong> Nationalen Antidoping Agentur<br />
(NADA) sowie sportmedizinisch orientierte<br />
Ernährungsberatungen spielen eine wesentliche<br />
Rolle in den Sprechstunden für Hochleistungssportler.<br />
Zudem erhalten die betreuten Spitzenathleten<br />
bei Bedarf regelmäßig eine an die jeweilige<br />
Sportart angepasste sportmedizinische<br />
Leistungsdiagnostik. Sie gibt Informationen<br />
zum aktuellen Leistungsstand des Sportlers,<br />
erlaubt Verlaufsbeurteilungen, zeigt Ansatzpunkte<br />
für ein zielorientiertes Training<br />
auf und ist wesentlich für die sinnvolle Gestaltung<br />
eines Trainingsprogramms auf hohem<br />
Niveau. Weiterhin können durch die Belastungsuntersuchungen<br />
unter kontrollierten<br />
Bedingungen (es ist immer ein Arzt anwesend)<br />
Krankheitsbil<strong>der</strong> (wie z.B. ein Belastungsasthma<br />
o<strong>der</strong> kardiale Erkrankungen)<br />
frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt<br />
werden.<br />
Am <strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale) werden<br />
an leistungsdiagnostischen Verfahren die<br />
Spiroergometrie und die Laktat-Leistungsdiagnostik<br />
auf dem Laufband o<strong>der</strong> dem Fahrra<strong>der</strong>gometer<br />
angeboten. Dabei werden anhand<br />
einer Reihe von Messparametern (z.B.<br />
Atemgase, Laktatwerte, Herzfrequenzen)<br />
vielfältige Informationen über den Stoffwechsel<br />
in Ruhe und unter Belastung gewonnen.<br />
Vor allem die Ermittlung <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Schwellen des aeroben und anaeroben<br />
Energiestoffwechsels ist für die Festlegung<br />
<strong>der</strong> für den einzelnen Sportler individuellen<br />
Trainingsbereiche und somit optimalen Trainingssteuerung<br />
von Bedeutung. Ebenso werden<br />
in Zusammenarbeit mit den Sportwissenschaftlern<br />
<strong>der</strong> <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>Halle</strong>-Wittenberg vor allem für Mannschaftssportarten<br />
interessante spielsportartspezifische<br />
Komplextests mit Elementen <strong>der</strong><br />
Grundlagen- und Schnelligkeitsausdauer angeboten.<br />
Im Rahmen dieser leistungsdiagnostischen<br />
Tests laufen verschiedene Forschungsprojekte<br />
mit Spitzenathleten, um zur<br />
stetigen Weiterentwicklung des sportmedizinischen<br />
Fachgebietes einen Beitrag zu leisten.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin I<br />
Schwerpunkt Pneumologie<br />
Frank Noack<br />
Tel.: (0345) 557-3238<br />
Fax: (0345) 557-2253<br />
frank.noack@medizin.uni-halle.de<br />
Spitzensportler sind ständig gefor<strong>der</strong>t, Höchstleistungen<br />
an <strong>der</strong> Grenze <strong>der</strong> körperlichen Belastbarkeit<br />
zu erbringen. Dabei sollte jedoch <strong>der</strong><br />
Erhalt <strong>der</strong> Gesundheit höchste Priorität haben.<br />
Aufgabe <strong>der</strong> betreuenden Sportmediziner ist es,<br />
die Athleten auf dem schmalen Grat zwischen<br />
sportlichen Spitzenleistungen und maximalem<br />
Gesundheitsschutz zu begleiten.<br />
Ausgabe 2/11<br />
7 |
I n n e r e M e d i z i n<br />
Leistungsdiagnostik<br />
im Breitensport<br />
Dr. Ulrich Pein<br />
Neben <strong>der</strong> primären Betreuung<br />
von Hochleistungssportlern und<br />
Ka<strong>der</strong>athleten bietet <strong>der</strong> Bereich<br />
Sport- und Präventionsmedizin<br />
<strong>der</strong> <strong>Universität</strong>sklinik <strong>Halle</strong><br />
(Saale) auch weiterführende<br />
Diagnostik für ambulante<br />
Problemfälle ambitionierter<br />
Breitensportler.<br />
S<br />
port erhöht nicht nur in jungen<br />
Jahren die körperliche Leistungsfähigkeit<br />
und senkt das Erkrankungsrisiko,<br />
er schützt bis ins hohe Alter vor<br />
vielen chronischen Krankheiten. Mittlerweile<br />
ist auch die ältere Generation wie<strong>der</strong><br />
mehr sportlich aktiv. Sport birgt aber gerade<br />
auch in dieser Klientel Gefahren. Aus medizinischer<br />
Sicht gilt es, ein oft komplexes Bild an<br />
Begleiterkrankungen einzuordnen, um Umfang<br />
und Intensität <strong>der</strong> körperlichen Belastung<br />
festlegen zu können. Dies betrifft nicht<br />
nur die ältere Generation son<strong>der</strong>n auch Patienten<br />
mit manifesten Vorerkrankungen (z.B.<br />
Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Koronare<br />
Herzerkrankung), die von einer genauen<br />
Leistungsanalyse profitieren. Hierbei<br />
sollten vor allem Gesundheits- und nicht Leistungsgesichtspunkte<br />
im Vor<strong>der</strong>grund stehen.<br />
Sportmedizinische Leistungsdiagnostik umfasst<br />
im Wesentlichen Untersuchungsverfahren,<br />
welche im Spitzensport differenziert<br />
den Leistungsstand <strong>der</strong> Sportler wi<strong>der</strong>spiegeln<br />
und <strong>der</strong> optimierten Trainingssteuerung<br />
dienen. In den vergangenen Jahren rückt jedoch<br />
die leistungsdiagnostische Untersuchung<br />
auch immer mehr in den Fokus des<br />
Freizeit- und Breitensports. Viele leistungsdiagnostische<br />
Testverfahren sind deshalb bereits<br />
in <strong>der</strong> ambulanten sportmedizinischen<br />
Versorgung etabliert und verbreitet. Im Freizeitbereich<br />
sind es vor allem wettkampforientierte<br />
Breitensportler, die ärztliche Angebote<br />
zur medizinischen Vorsorge und Betreuung<br />
nutzen. Dennoch trainiert <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong><br />
Freizeitsportler ohne medizinischen Background.<br />
Häufig führen gerade hierbei falsches<br />
Training, Überlastung, z.B. nach langer sport-<br />
| 8
I n n e r e M e d i z i n<br />
licher Pause und die fehlenden (sport-)medizinischen<br />
Kontrollen zu Gesundheitsschäden,<br />
mit denen <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassene Kollege, sei es<br />
Hausarzt, Sportmediziner o<strong>der</strong> Orthopäde,<br />
konfrontiert ist.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e Sportler im mittleren Lebensalter,<br />
die nach Jahren o<strong>der</strong> Jahrzehnten wie<strong>der</strong><br />
mit körperlicher Aktivität beginnen wollen,<br />
stellen hierbei ein Hochrisikokollektiv dar. In<br />
dieser Gruppe sind die Volkskrankheiten arterielle<br />
Hypertonie und Koronare Herzerkrankung,<br />
insbeson<strong>der</strong>e bei den männlichen<br />
Sportlern, häufig und unerkannt. Für diese<br />
Sportler kann die Aufnahme eines Trainings<br />
mit unkontrolliert hoher Intensität ein Risiko<br />
darstellen.<br />
Bei den Sportlern dieser Gruppe sollte bei <strong>der</strong><br />
sportmedizinischen Beratung neben <strong>der</strong> üblichen<br />
Trainingsanamnese die medizinische<br />
Anamnese im Vor<strong>der</strong>grund stehen. Diese<br />
muss eingehend genug sein, chronische Erkrankungen<br />
zu detektieren bzw. festzustellen,<br />
ob diese adäquat behandelt sind. Die zentrale<br />
leistungs-medizinische Untersuchung<br />
zur Bestimmung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit ist<br />
die Ergometrie. Diese kann in Abhängigkeit<br />
von Sportart und Trainingsziel um spiroergometrische<br />
bzw. echokardiographische Untersuchungen<br />
erweitert werden, wobei <strong>der</strong><br />
Aufwand <strong>der</strong> Fragestellung und Zielgruppe<br />
angemessen sein sollte. Laktatbasierte Untersuchungen<br />
spielen im Freizeit- und Breitensportbereich<br />
eine eher untergeordnete Rolle<br />
(Vgl. Abb.1).<br />
Oft treten gerade auch im Breitensport medizinische<br />
Problemsituationen auf, welche einer<br />
umfangreicheren Diagnostik bedürfen.<br />
Ein charakteristisches Beispiel stellt <strong>der</strong> unklare<br />
Leistungsabfall dar. Trotz unauffälliger<br />
ambulanter Leistungsdiagnostik sowie elektrokardiografischer<br />
bzw. laborchemischer Befunde<br />
kann beispielsweise eine Herzmuskelentzündung<br />
(Myokarditis) ursächlich für die<br />
Symptomatik sein.<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Kooperation zwischen Sportmedizinern<br />
des <strong>Universität</strong>sklinikums und<br />
<strong>der</strong> Krankenkasse BarmerGEK entstand Ende<br />
vergangenen Jahres. Teilnehmer dieses Programms<br />
erhalten im Rahmen einer Präventionssprechstunde<br />
einen detaillierten Überblick<br />
über ihren Gesundheitszustand. Das <strong>Universität</strong>sklinikum<br />
erstellt nach durchgeführter Leistungsdiagnostik<br />
für die Teilnehmer eine Bewertung<br />
<strong>der</strong> eigenen Belastbarkeit und gibt<br />
zusätzlich Empfehlungen für ein Ausdauertraining.<br />
Seinen Gesundheitszustand und die eigene<br />
Belastbarkeit zu kennen, sind die Grundvoraussetzungen,<br />
um gesund, sicher und effektiv<br />
Sport zu treiben. Hierbei kann <strong>der</strong> Bereich<br />
Sport- und Präventionsmedizin des <strong>Universität</strong>sklinikums<br />
<strong>Halle</strong> primär den nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Kollegen mit sportmedizinischem<br />
Schwerpunkt als zusätzliche Anlaufstelle für<br />
Informationen rund um komplexe o<strong>der</strong> unklare<br />
Fälle dienen, welche über die üblichen,<br />
ambulant zu Verfügung stehenden Möglichkeiten<br />
hinausgehen.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin II<br />
Dr. Ulrich Pein<br />
Tel.: (0345) 557-2717<br />
ulrich.pein@medizin.uni-halle.de<br />
Ausgabe 2/11 1/11<br />
9 |
I n n e r e M e d i z i n<br />
Wirkung von androgen-anabolen Steroiden<br />
Erwünschte Wirkungen<br />
• Erhöhung <strong>der</strong> Skelettmuskelmasse<br />
• Androgenisierung<br />
• Stimulation <strong>der</strong> Erythropose<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Regeneration<br />
• Knochenaufbau<br />
Wichtige Nebenwirkungen<br />
• ausgeprägte Akne (Steroidakne)<br />
• Virilsierung/Vermännlichung bei Frauen<br />
- Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Stimme (irreversibel)<br />
- Verän<strong>der</strong>ung des Behaarungsmusters<br />
- Störungen des Menstruationszyklus<br />
• Gynäkomastie (Männer)<br />
• Wassereinlagerung im Gewebe<br />
• Häufung kardiovaskulärer Erkrankungen (Koronare<br />
Herzerkrankung, arterielle Hypertonie, Kardiomyopathie,<br />
Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen)<br />
• irreversible Leberschäden<br />
• vorzeitiger Verschluss <strong>der</strong> Epiphysenfugen bei Jugendlichen<br />
• Infertilität<br />
• Aggression<br />
| 10
I n n e r e M e d i z i n<br />
Sebastian Bubel, PD Dr. Axel Schlitt<br />
Doping im Breitensport<br />
„Doping steht im Wi<strong>der</strong>spruch zum Geist des Sports. Wer sich einen Vorteil dadurch zu<br />
verschaffen versucht, dass er sich im Training o<strong>der</strong> im Wettkampf verbotener Substanzen<br />
o<strong>der</strong> Methoden zur Leistungssteigerung bedient, missachtet die Fairness, betrügt die an<strong>der</strong>en<br />
Sportler und die Zuschauer und gefährdet seine Gesundheit“ (NADA Code 2009).<br />
I<br />
m Allgemeinen wird <strong>der</strong> Begriff<br />
Doping als <strong>der</strong> Einsatz von verbotenen<br />
Substanzen o<strong>der</strong> Methoden<br />
zur Leistungssteigerung im Sport verstanden.<br />
Der Code <strong>der</strong> Nationalen Anti Doping Agentur<br />
Deutschland (NADA) definiert Doping<br />
als „den Gebrauch bzw. den Versuch des Gebrauchs<br />
einer verbotenen Substanz o<strong>der</strong> Methode,<br />
die Weigerung zur Teilnahme an Dopingkontrollen,<br />
die Verabreichung an einen<br />
Athleten (durch einen Trainer o<strong>der</strong> Arzt), sowie<br />
<strong>der</strong> Nachweis von verbotenen Substanzen<br />
im Blut o<strong>der</strong> Urin.“<br />
Systematisches Doping kam seit Beginn <strong>der</strong><br />
50er Jahre im Berufs- und Profisport auf. Es<br />
wurde in ähnlicher Form wie Forschung zur<br />
Trainingssteuerung und Materialforschung<br />
zum integrativen Bestandteil des Leistungssports.<br />
Zu Beginn kamen Stimulanzien wie<br />
Kokain und Strichnin, später Glukokortikoide<br />
sowie Anabolika zum Einsatz. Seit den 80er<br />
Jahren gewannen rekombinante Hormone<br />
wie Erythropoetin an zunehmen<strong>der</strong> Bedeutung.<br />
Seit 1998 wird durch die World-Anti-<br />
Doping-Agency (WADA) eine jährlich aktualisierte<br />
Liste mit verbotenen Substanzen und<br />
Methoden veröffentlicht, zuletzt als „Prohibited<br />
List <strong>2011</strong>“.<br />
Der Fokus des öffentlichen Interesses liegt auf<br />
dem Leistungs- und Hochleistungssport. Über<br />
Dopingmissbrauch in diesen Bereichen wird<br />
in regelmäßigen Abständen durch die Medien<br />
berichtet. Die Vorreiterrolle dürfte dabei <strong>der</strong><br />
Radsport spielen: In keiner an<strong>der</strong>en Sportart<br />
standen in den vergangenen Jahren ähnlich<br />
viele Athleten unter Verdacht des Wettbewerbsbetruges.<br />
Doping ist aber auch immer mehr ein Phänomen<br />
des Breitensports geworden. Das Robert-<br />
Koch-Institut (RKI) veröffentlichte zusammen<br />
mit dem Statistischen Bundesamt einen<br />
umfassenden Bericht über Doping im Breitensport.<br />
Über dieses Phänomen wird seit etwa<br />
20 Jahren, auch in <strong>der</strong> <strong>Medizinische</strong>n Fachpresse,<br />
berichtet. Anlass dafür waren Befragungen<br />
an Highschool-Schülern in den USA<br />
und in Kanada Ende <strong>der</strong> 80er Jahre: Hierbei<br />
ließ sich eine Vermutung über Missbrauch<br />
von Anabolika und an<strong>der</strong>en Substanzen bei<br />
Jugendlichen belegen.<br />
In <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre entstanden die ersten<br />
Fitnessstudios als neue Institution neben<br />
dem bisher verbreiteten Vereinssport. Deren<br />
Zahl stieg nach Erhebungen des Forschungsinstituts<br />
EMNID im Jahr 2003 innerhalb<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung auf zuletzt etwa 6500 Studios<br />
mit insgesamt 4,6 Millionen registrierten<br />
Mitglie<strong>der</strong>n innerhalb <strong>der</strong> Bundesrepublik an.<br />
In deutschen Fitnessstudios sind nach <strong>der</strong><br />
Kenntnis <strong>der</strong> Autoren bisher keine Dopingkontrollen<br />
durchgeführt worden. Allerdings<br />
existieren mehrere groß angelegte Erhebungen<br />
für Dopingmissbrauch in Fitnessstudios.<br />
Die beiden größten Studien innerhalb<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik, die den Arzneimittelgebrauch<br />
bei Fitnesssportlern untersucht haben,<br />
sind die „Lübecker Studie“ und die sogenannte<br />
„Multicenterstudie“. Bei beiden<br />
wurden Fragebögen an Sporttreibende in insgesamt<br />
58 Fitnessstudios verteilt. Die Sporttreibenden<br />
mussten, um teilnehmen zu<br />
können, über mindestens drei Monate Trainingserfahrung<br />
verfügen und Grundkenntnisse<br />
im Bereich des Krafttrainings haben.<br />
Von insgesamt 1.297 Fragebögen, welche in<br />
den zwei Studien ausgegeben worden waren,<br />
hatten die Untersucher einen Rücklauf<br />
von etwa 35 Prozent. Unter den beantworteten<br />
Fragebögen gaben 19 Prozent <strong>der</strong> Besucher<br />
Arzneimittelmissbrauch an (22 Prozent<br />
<strong>der</strong> Männer, 8 Prozent <strong>der</strong> Frauen). Diejenigen<br />
Befragten, die den primären Aufbau von<br />
Muskelmasse angaben, berichteten auch von<br />
vermehrtem Arzneimittelmissbrauch. Der Altersgipfel<br />
<strong>der</strong> Missbrauchshäufigkeit lag zwischen<br />
dem 20. und 35. Lebensjahr. Die häufigste<br />
angegebene Substanzklasse waren die<br />
anabolen androgenen Steroide (AAS) o<strong>der</strong><br />
kurz Anabolika. Weit weniger häufig war <strong>der</strong><br />
Einsatz von Stimulanzien. Der Missbrauch<br />
von Wachstumshormonen wurde von lediglich<br />
zwei Befragten angegeben. Weiterhin<br />
wurde festgestellt, dass Sporttreibende mit<br />
Arzneimittelmissbrauch auch häufiger zu an<strong>der</strong>en<br />
Genussmitteln und Drogen greifen. So<br />
war <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Raucher in dieser Gruppe<br />
deutlich höher. Auch <strong>der</strong> Konsum von Ecstasy<br />
und Amphetaminen/Kokain wurde doppelt so<br />
häufig angegeben wie in <strong>der</strong> Vergleichsgruppe.<br />
Die Substanzen innerhalb <strong>der</strong> Klasse <strong>der</strong> AAS<br />
sind chemische Derivate des Testosterons.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> auf dem Markt vorhandenen<br />
Präparate ist überschaubar. Zu den im Missbrauchsfall<br />
häufig eingesetzt Wirkstoffen zähen:<br />
Methandienon, Nandrolon, Stanozolol<br />
und Testosteron. Die Einnahme erfolgte in<br />
<strong>der</strong> Multicenter-Studie mehrheitlich als Injektion.<br />
Bezogen werden die Anabolika nach den<br />
Ergebnissen <strong>der</strong> Multicenterstudie von „Bekannten“,<br />
vom Trainer o<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Apotheke.<br />
Etwa 14 Prozent <strong>der</strong> Befragten gaben an, die<br />
Präparate vom Arzt zu erhalten.<br />
Ausgabe 2/11<br />
11 |
I n n e r e M e d i z i n<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin III<br />
Sebastian Bubel<br />
Tel.: (0345) 557-2631<br />
sebastian.bubel@medizin.uni-halle.de<br />
Literaturquellen beim Autor zu erfragen<br />
Wie schwerwiegend die gesundheitlichen Folgen<br />
bei <strong>der</strong> Einnahme von Dopingmitteln sind,<br />
kann an Hand verschiedener Untersuchungen<br />
belegt werden. Eine wichtige Quelle für die Erfassung<br />
von Nebenwirkungen <strong>der</strong> anabolen<br />
Steroide sind die Sportakten <strong>der</strong> ehemaligen<br />
DDR. Dort wurde vor allem das Anabolikum<br />
Oralturinabol eingesetzt, welches eine starke<br />
anabole und eine nur schwach androgene Wirkung<br />
hat.<br />
Die kurze Vorstellung <strong>der</strong> aufgeführten Studien<br />
soll aufzeigen, dass neben <strong>der</strong> Dopingproblematik<br />
im Spitzensport Arzneimittelmissbrauch<br />
auch im Breitensport ein relevantes<br />
Problem darstellt. Die Motivation des Dopings<br />
im Breitensport unterscheidet sich von <strong>der</strong> im<br />
Spitzensport: Es geht nicht darum, sich wie im<br />
Spitzensport einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil<br />
zu verschaffen. Hier ist die Motivation<br />
in erster Linie das erleichterte Erreichen<br />
körperlicher Ideale – unter Inkaufnahme<br />
<strong>der</strong> Gefährdung <strong>der</strong> eigenen Gesundheit.<br />
Prohibited List <strong>2011</strong><br />
Zu je<strong>der</strong> Zeit verbotene Subtanzen / Methoden<br />
Verbotene Substanzen:<br />
S0 nicht erprobte / zugelassene Substanzen<br />
S1 Anabolika<br />
S2 Peptidhormone<br />
S3 Beta-2-Agonisten<br />
S4 Hormonantagonisten- und Modulatoren<br />
S5 Diuretika / maskierende Substanzen<br />
Verbotene Methoden:<br />
M1 Steigerung <strong>der</strong> Sauerstofftransportkapazität<br />
M2 Chemische / physikalische Manipulation<br />
M3 Gendoping<br />
In <strong>der</strong> Wettkampfphase verbotene Substanzen<br />
S6 Stimulanzien<br />
S7 Narkotika<br />
S8 Cannabinoide<br />
S9 Glucocortikosteroide<br />
Verbotene Substanzen in bestimmten Sportarten<br />
P1 Alkohol (Bogenschießen, Motorsport, Karate u.a.)<br />
P2 Betablocker (Golf, Curling Schießen u.a.)<br />
Die Folgen dieses Trends sind aktuell noch wenig<br />
spürbar, dürften aber in einigen Jahren<br />
sichtbar zu Tage treten. Anhand <strong>der</strong> Studien<br />
lassen sich sicher keine Rückschlüsse auf die<br />
Gesamtbevölkerung ziehen. Die Vermutung<br />
liegt aber nah, dass es in Zukunft eine wachsende<br />
Zahl von Patienten geben wird, die unter<br />
den Folgen des Dopings zu leiden haben.<br />
| 12
O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Überlastungsschäden<br />
im Sport<br />
Dr. Lars Irlenbusch<br />
Dr. Alexan<strong>der</strong> Hagel<br />
Die Überbeanspruchung des menschlichen Organismus durch<br />
zu einseitige Belastung, Fehlbelastung o<strong>der</strong> Übertraining kann<br />
zu längeren Zwangspausen und Verletzungen führen. Es kann<br />
jeden treffen, <strong>der</strong> regelmäßig Sport treibt. Leistungssportler sind<br />
hierfür prädisponiert. Denn es gilt: Je intensiver man trainiert und<br />
Sport treibt und je älter man ist, desto häufiger ist mit typischen<br />
Fehlbelastungsfolgen, wie zum Beispiel muskuläre Dysbalancen,<br />
Sehnenreizungen o<strong>der</strong> Stressfrakturen zu rechnen.<br />
F<br />
ehlbelastungen o<strong>der</strong> Überlastungsreaktionen<br />
treten vor allen<br />
Dingen bei Ausdauersportarten<br />
auf. Zu den beliebtesten zählen in Deutschland<br />
Radfahren, Schwimmen und Laufen.<br />
Der Ausdauersport setzt ein intaktes Stützund<br />
Bewegungssystem voraus. Je nach Sportintensität<br />
unterliegen die Muskulatur, <strong>der</strong><br />
Knochen o<strong>der</strong> die Sehnen unterschiedlich<br />
starken Belastungen. Mit Steigerung <strong>der</strong><br />
sportlichen Aktivität passt sich <strong>der</strong> Organismus<br />
den vermehrten Belastungen bis zu<br />
einem bestimmten Grad an. Die Beanspruchung<br />
nimmt somit ab. Einen guten „Marker“<br />
zur Beurteilung des Trainingszustandes<br />
Ausgabe 2/11<br />
13 |
O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Muskuläre Dysbalance<br />
und des Anpassungsgrades an die Belastung,<br />
stellt die Muskulatur dar. Aber auch Knorpel,<br />
Sehnen, Bän<strong>der</strong> und Knochen müssen sich an<br />
die zunehmende Belastung adaptieren. Bemerkenswert<br />
hierbei ist, dass für diese eine<br />
etwa drei Mal längere Anpassungszeit an die<br />
Trainingsbelastung notwendig ist als bei <strong>der</strong><br />
Muskulatur. Die Folgen exzessiver und unkontrollierter<br />
sportlicher Aktivität können<br />
somit Fehlbelastungen und Verletzungen dieser<br />
Strukturen sein.<br />
Die typischen Beschwerden bei Fehlbeanspruchung<br />
hängen von <strong>der</strong> individuellen Belastbarkeitsgrenze<br />
ab. Kleinste Verletzungen<br />
im Stütz- und Bewegungssystem, so genannte<br />
Mikrotraumatisierungen, können die Folge<br />
von Fehlbelastungen sein. Meistens werden<br />
diese nicht gleich erkannt. Die ersten<br />
Anzeichen werden häufig ignoriert. Hierzu<br />
zählen zum Beispiel Schmerzen an Sehnenansatzbereichen<br />
o<strong>der</strong> gehäufter Muskelkater.<br />
Sollten diese Symptome auftreten, ist eine<br />
Belastungsumstellung zu empfehlen. Negiert<br />
man die Beschwerden, können diese chronifizieren<br />
und zu bleibenden Schäden führen.<br />
Der Skelettmuskel weist in Ruhe eine bestimmte<br />
Grundspannung auf. Diese wird als<br />
Muskeltonus bezeichnet. Wenn nach wie<strong>der</strong>holten<br />
Belastungen einzelne Muskelfasern<br />
nicht sofort in ihren Ausgangszustand zurückkehren<br />
und ein erhöhter Muskeltonus<br />
bestehen bleibt, entwickeln sich so genannte<br />
Verkürzungszustände. Halten diese längere<br />
Zeit an, können sich muskuläre Balancestörungen<br />
entwickeln, welche zu Gelenkfunktionsstörungen<br />
bis hin zu therapieresistenten<br />
Beschwerden im Bereich <strong>der</strong> Wirbelsäule führen<br />
können. Zu Muskeln, die sehr schnell zur<br />
Verkürzung neigen, zählen zum Beispiel die<br />
Kniegelenksstrecker am Oberschenkel o<strong>der</strong><br />
die Rückenstreckmuskulatur. Ursächlich hierfür<br />
können zum Beispiel eine Unter- o<strong>der</strong><br />
Fehlbelastung, eine Störung im Bereich <strong>der</strong><br />
Propriozeption o<strong>der</strong> Haltungs- und Stellungsabweichungen<br />
sein. Ebenso können mangelhafte<br />
Belastungsvorbereitung (fehlendes<br />
Aufwärmen), unüberlegte Belastungsintensitäten,<br />
Verletzungen o<strong>der</strong> längere sportliche<br />
Inaktivitäten Ursache von muskulären Dysbalancen<br />
sein. Die Therapie erfolgt initial symptomatisch.<br />
Dabei sollten schmerzstillende<br />
Medikamente o<strong>der</strong> Injektionen jedoch nur<br />
kurzfristig eingesetzt werden, da die Ursache<br />
hierbei nicht beseitigt wird. Nur durch ein aktives<br />
Ausgleichstraining sind die Beschwerdebil<strong>der</strong><br />
langfristig positiv beeinflussbar. Ist<br />
eine abgeschwächte o<strong>der</strong> verkürzte Muskelgruppe<br />
erkannt, sollte diese Muskulatur gekräftigt<br />
und gedehnt werden. Außerdem ist<br />
ein gezieltes Training mit Kräftigung <strong>der</strong> antagonistischen<br />
Muskelgruppen sowie eine intensiven<br />
Koordinationsschulung sinnvoll. Präventiv<br />
sollte ein allgemeinathletisches und<br />
vielschichtiges Trainingsprogramm erstellt<br />
werden, um diese Probleme zu vermeiden.<br />
Achillessehnen- und Plantarsehnenreizung<br />
(Achillodynie, Fersensporn)<br />
Sehnenreizungen im Bereich <strong>der</strong> Achillessehne<br />
bzw. <strong>der</strong> Plantarsehne entstehen als Folge<br />
einer zu starken o<strong>der</strong> einseitigen Zugbelastung<br />
<strong>der</strong> Wadenmuskulatur. Häufig<br />
können inadäquates Schuhwerk o<strong>der</strong> ungeeigneter<br />
Laufuntergrund die Ausbildung <strong>der</strong><br />
Beschwerden begünstigen. Therapeutisch<br />
sind neben einer temporären Schmerztherapie<br />
und Entzündungshemmung, physiotherapeutische<br />
Beübungen und Muskeldehnung<br />
anzuraten. Außerdem ist natürlich eine vorübergehende<br />
Reduktion <strong>der</strong> sportlichen Belastung<br />
sowie eine Trainings- bzw. Sportumstellung<br />
zu empfehlen. Bei Therapieresistenz<br />
sind außerdem Behandlungen mit Ultraschall<br />
o<strong>der</strong> Reizströmen sowie Injektionen (Lokalanästhetikum/Cortison)<br />
möglich. In den letzten<br />
Jahren hat man aufgrund <strong>der</strong> möglichen<br />
Nebenwirkungen jedoch Abstand von Cortisoninjektionen<br />
genommen. Heutzutage wird<br />
häufig eine ACP®-Injektion (=autologous conditioned<br />
Plasma) durchgeführt, welche wir<br />
auch in unserem Hause anbieten können.<br />
Bei dieser Methode wird körpereigenes, aufbereitetes<br />
Blut, welches dem Patienten kurz<br />
vorher entnommen wurde, an die entsprechenden<br />
Schmerzpunkte injiziert. Dadurch<br />
kommt es zu einer schnelleren Entzündungshemmung<br />
mit bisher recht positiven Ergebnissen.<br />
Am wichtigsten ist jedoch nicht die<br />
Therapie <strong>der</strong> Beschwerden, son<strong>der</strong>n vorbeugende<br />
Maßnahmen, wie zum Beispiel das regelmäßige<br />
Dehnen <strong>der</strong> Muskulatur, einem<br />
dem Trainingszustand angepassten Belastungsgrad<br />
und passendes Schuhwerk.<br />
| 14
O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Stressfraktur<br />
Zu einer Stressfraktur kann es vor allen Dingen<br />
bei den Laufsportarten im Bereich des<br />
Mittelfußes bzw. des Schienbeines kommen.<br />
Eine Stressfraktur weist oft keine völlige<br />
Konturunterbrechung des betroffenen Knochens<br />
auf. Häufig haben die Patienten zu Beginn<br />
gelegentlich Schmerzen, welche ignoriert<br />
und im Verlauf stärker werden. Auch<br />
eine Röntgendiagnostik muss zunächst nicht<br />
Zeil führend sein, so dass letztendlich nur<br />
eine MRT-Untersuchung die sichere Diagnose<br />
dieses Problems erbringt. Als Ursachen<br />
für eine Stressfraktur werden hohe Zug- und<br />
Scherbelastungen <strong>der</strong> ansetzenden Muskulatur<br />
diskutiert. Als Behandlung ist eine vollständige<br />
Trainingspause von vier bis sechs<br />
Wochen zu empfehlen. Außerdem hat sich die<br />
Applikation von Vitamin D und Kalzium als<br />
heilungsför<strong>der</strong>nd erwiesen. Zusammenfassend<br />
ist festzustellen, dass für erfolgreiche,<br />
gesunde und möglichst verletzungsfreie<br />
sportliche Betätigungen bestimmte körperbauliche<br />
Voraussetzungen notwendig sind.<br />
Dies betrifft vor allem den leistungsorientierten<br />
Sportler aber auch den Breitensportler.<br />
Einseitige Belastungen und Fehlbelastungen<br />
können zu muskulären Dysbalancen und damit<br />
zu einer Reihe von Fehlbelastungsfolgen<br />
und Überbeanspruchungen führen. Je höher<br />
die Belastung und je älter <strong>der</strong> Sportler desto<br />
größer die Gefahr eines Überlastungsschadens.<br />
Aufgrund dessen sind für den Breitensportler<br />
mo<strong>der</strong>ate und abwechslungsreiche<br />
sportliche Aktivitäten zu empfehlen, um<br />
Überlastungsschäden zu vermeiden.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Department für Orthopädie, Unfallund<br />
Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />
Sportmedizinische Sprechstunde<br />
Dr. Lars Irlenbusch<br />
Dr. Alexan<strong>der</strong> Hagel<br />
Tel. (0345) 557-5750<br />
lars.irlenbusch@medizin.uni-halle.de<br />
Ausgabe 2/11<br />
15 |
S t r a h l e n t h e r a p i e<br />
Abb. 1a<br />
Abb. 1b<br />
Abb. 1 a) und b): Patientenlagerung im stereotaktischen „Body-Frame“.<br />
Stereotaktische<br />
Strahlentherapie<br />
<strong>der</strong> Leber<br />
Die stereotaktische Strahlentherapie außerhalb des<br />
Gehirns, auch „Body-Stereotaxie“ o<strong>der</strong> „extrakranielle<br />
stereotaktische Strahlentherapie“ (ESRT) genannt,<br />
wurde Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre am Karolinska-Institut in<br />
Stockholm zur effektiven Hochpräzisionsstrahlentherapie<br />
von Lungen- und Lebertumoren entwickelt [Blomgren et<br />
al., Acta Oncol 1995].<br />
Professor Dr. Dirk Vor<strong>der</strong>mark<br />
Dr. Christine Kornhuber<br />
P<br />
rinzipien dieses Verfahrens sind die<br />
Behandlung umschriebener Tumorgebiete<br />
mit hohen Einzeldosen in<br />
wenigen Sitzungen, eine rigide Fixierung des<br />
Patienten (z. B. sog. „stereotactic body frame“),<br />
sowie die Überprüfung <strong>der</strong> Patienten- und Tumorposition<br />
am CT vor je<strong>der</strong> Bestrahlung.<br />
Die Methode wurde seit Ende <strong>der</strong> 90er Jahre<br />
an deutschen Zentren etabliert und wird seit<br />
2008 am <strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
angeboten.<br />
Die Body-Stereotaxie kommt sowohl bei Lebermetastasen<br />
als auch bei primären Lebertumoren<br />
zum Einsatz. Bei kolorektalen Tumoren<br />
kann die lokale Kontrolle von Lebermetastasen<br />
im Rahmen eines onkologischen Gesamtkonzepts<br />
eine kurative Chance eröffnen. Die<br />
Body-Stereotaxie wurde bisher überwiegend<br />
bei solchen Lebermetastasen eingesetzt, die<br />
für eine Resektion o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ablative Verfahren<br />
nicht geeignet waren. Nach aktuellen<br />
Empfehlungen können bis zu drei Metastasen<br />
mit einem maximalen Durchmesser von sechs<br />
Zentimetern behandelt werden, entscheidend<br />
ist die Schonung eines ausreichenden Volumens<br />
gesunden Lebergewebes (700 ml < 15<br />
Gy). In älteren Studien, die zum Teil nicht die<br />
aus heutiger Sicht optimalen Dosiskonzepte<br />
verwendeten, wurde eine Zwei-Jahres-Lokalkontrollrate<br />
von 71-86 Prozent erreicht [Übersicht<br />
in Dawood et al., Eur J Cancer 2009]. In<br />
einer neueren Phase- I/II-Studie wurde bei Le-<br />
| 16
S t r a h l e n t h e r a p i e<br />
K o n t a k t<br />
Abb. 2<br />
Abb. 2: Feldformung im Strahlerkopf durch die<br />
Bleilamellen des Multi-Leaf-Kollimators<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Strahlentherapie<br />
Prof. Dr. Dirk Vor<strong>der</strong>mark<br />
OA Dipl.-Med. Thomas Reese<br />
Tel. (0345) 557-4310<br />
Fax (0345) 557-4333<br />
dirk.vor<strong>der</strong>mark@medizin.uni-halle.de<br />
thomas.reese@medizin.uni-halle.de<br />
Abb. 3: 3D-Dosisverteilung für die stereotaktische<br />
Strahlentherapie einer Lebermetastase<br />
(transversal, sagittal, koronar). Das Planungszielvolumen<br />
wird von <strong>der</strong> 65%-Isodose umschlossen,<br />
auf die in 3 Sitzungen jeweils 12,5 Gy appliziert<br />
werden.<br />
Abb.3<br />
bermetastasen verschiedener Primärtumore<br />
– bei geringer Toxizität - eine lokale Kontrolle<br />
nach zwei Jahren in 92 Prozent, bei Metastasen<br />
< 3cm sogar von 100 Prozent berichtet<br />
[Rusthoven et al., J Clin Oncol 2009]. Speziell<br />
bei Metastasen eines kolorektalen Karzinoms<br />
wurde bei Patienten, die überwiegend bereits<br />
an<strong>der</strong>e lokal-ablative Verfahren erhalten hatten,<br />
mit einem heute üblichen Dosiskonzept<br />
(3 x 12.5 Gy) ein Zwei-Jahres-Lokalkontrollrate<br />
von 74 Prozent erreicht [van <strong>der</strong> Pool, Br<br />
J Surg 2009]. Das 2-Jahres-Gesamtüberleben<br />
bei diesem Kollektiv betrug 83 Prozent.<br />
Beim hepatozellulären Karzinom (HCC) liegen<br />
umfangreichere Erfahrungen mit <strong>der</strong> Body-<br />
Stereotaxie überwiegend aus dem asiatischen<br />
Raum vor. Für Patienten mit inoperablem<br />
HCC (medianes Volumen 41 ml) sowie bereits<br />
Progress nach transarterieller Chemoembolisation<br />
konnte noch in zwei Dritteln eine lokale<br />
Tumorkontrolle nach zwei Jahren erreicht<br />
werden [Seo et al., J Surg Oncol 2010]. In einer<br />
an<strong>der</strong>en Serie von Patienten, <strong>der</strong>en HCC<br />
(medianes Volumen 15 ml) aus Sicht eines interdisziplinären<br />
Teams für OP o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ablative<br />
Verfahren nicht geeignet war, betrug<br />
nach drei Jahren die lokale Tumorkontrolle<br />
68 Prozent und das Gesamtüberleben 59 Prozent<br />
[Kwon et al., BMC Cancer 2010].<br />
Die Vorstellung zur stereotaktischen Strahlentherapie<br />
von Leberherden erfolgt über die<br />
regionalen interdisziplinären Tumorkonferenzen<br />
o<strong>der</strong> direkt über die Ambulanz <strong>der</strong><br />
<strong>Universität</strong>sklinik für Strahlentherapie. Zu<br />
Beginn erfolgt ein umfassendes Aufklärungsgespräch<br />
über Sinn, Ablauf und mögliche Nebenwirkungen<br />
<strong>der</strong> geplanten Behandlung. Der<br />
erste Schritt <strong>der</strong> Bestrahlungsvorbereitung<br />
ist die Festlegung <strong>der</strong> Bestrahlungsposition<br />
im sog. „Body Frame“, einer speziellen Lagerungshilfe<br />
mit integrierter Vakuummatte, die<br />
eine stabile Patientenposition insbeson<strong>der</strong>e<br />
während <strong>der</strong> einzelnen Bestrahlungssitzungen<br />
ermöglicht (Abb. 1). In dieser Position werden<br />
dann nach festgelegten Protokollen Bestrahlungsplanungs-CTs<br />
angefertigt, die insbeson<strong>der</strong>e<br />
auch die Atembeweglichkeit <strong>der</strong> zu behandelnden<br />
Läsion dokumentieren. Diese CTs<br />
werden am Planungsrechner mit <strong>der</strong> vorliegenden<br />
diagnostischen Bildgebung (CT, MRT,<br />
FDG-PET) fusioniert. Durch den Strahlentherapeuten<br />
wird das zu bestrahlende Zielvolumen<br />
konturiert. Der Medizinphysiker ermittelt<br />
dann den optimalen Bestrahlungsplan.<br />
Die stereotaktische Strahlentherapie ist durch<br />
eine hohe Zahl von Einstrahlrichtungen gekennzeichnet,<br />
die wie<strong>der</strong>um einen sehr steilen<br />
Dosisabfall am Rand des Zielgebietes ermöglicht<br />
(Abb. 2). Damit kann eine selektive<br />
Schonung angrenzen<strong>der</strong> gesun<strong>der</strong> Gewebe (je<br />
nach Lage <strong>der</strong> Läsion: Darm, Gallenblase, Niere,<br />
gesunde Leberanteile) erreicht werden.<br />
Vor je<strong>der</strong> Bestrahlungssitzung wird in <strong>der</strong> definierten<br />
Patientenposition am CT die Lage des<br />
Zielgebietes geprüft, um eine hohe Präzision<br />
<strong>der</strong> verabreichten Strahlendosis zu erreichen.<br />
Ein typisches Therapiekonzept umfasst drei<br />
Sitzungen, bei denen jeweils 12,5 Gy auf die<br />
sog. „65 Prozent-Isodose“, die das Tumorzielgebiet<br />
umschließt, gegeben werden. Die Dosis<br />
im Zentrum des Zielgebiets ist dadurch noch<br />
deutlich höher (ca. 19 Gy pro Sitzung). Aufgrund<br />
<strong>der</strong> starken biologischen Wirkung hoher<br />
Einzeldosen ist das Konzept sehr wirksam,<br />
bereits die Dosis am Rand des Zielgebiets entspricht<br />
einer biologisch effektiven Dosis von<br />
etwa 84 Gy in normaler Fraktionierung.<br />
Die Dauer einer Bestrahlungssitzung am Linearbeschleuniger<br />
(Abb. 3) beträgt einschließlich<br />
CT-gestützter Verifikation etwa 30 bis 40 Minuten.<br />
In dieser Zeit muss <strong>der</strong> Patient ruhig liegen,<br />
verspürt ansonsten jedoch nichts von <strong>der</strong> Bestrahlung.<br />
Die genannten drei Sitzungen werden<br />
üblicherweise innerhalb einer Woche, jeweils<br />
mit einem Tag Pause, unter stationären Bedingungen<br />
appliziert. Unter antiemetischer Abdeckung<br />
werden in <strong>der</strong> Regel außer einer leichten<br />
Müdigkeit keine Akutnebenwirkungen berichtet.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Nachsorge sind erste bildgebende<br />
Kontrolluntersuchungen nach sechs bis<br />
acht Wochen sinnvoll. Die Patienten stellen sich<br />
dann sowohl in <strong>der</strong> <strong>Universität</strong>sklinik für Strahlentherapie<br />
als auch in bei den betreuenden Gastroenterologen<br />
und Onkologen wie<strong>der</strong> vor.<br />
Ausgabe 2/11<br />
17 |
I n n e r e M e d i z i n<br />
Pulmonale<br />
Hypertonie<br />
Dr. Bernd Schmidt<br />
Gerhard M. (54) kommt in die<br />
Sprechstunde und klagt über zunehmende<br />
Belastungsluftnot. Auskultatorisch findet sich<br />
ein unauffälliger Befund.<br />
Die Lungenfunktion, die unter dem<br />
Verdacht auf eine COPD durchgeführt<br />
wird, ergibt keinen Anhalt<br />
für eine Obstruktion; echokardiographisch<br />
zeigt sich eine normale linksventrikuläre<br />
Funktion. Hinter dieser Alltagsgeschichte<br />
könnte sich eine idiopathische pulmonal<br />
arterielle Hypertonie (IPAH) verbergen.<br />
Dieses seltene Krankheitsbild (Inzidenz ca.<br />
1,5:1.000.000) könnte durch die verfügbaren<br />
spezifischen Therapiekonzepte langfristig stabilisiert<br />
und gebessert werden. Die Voraussetzung<br />
für eine solche Therapie ist die korrekte<br />
Diagnosestellung und <strong>der</strong> Ausschluss an<strong>der</strong>er<br />
Formen <strong>der</strong> Pulmonalen Hypertonie (PH).<br />
Unter dem Terminus Pulmonale Hypertonie<br />
werden unterschiedliche Erkrankungen zusammengefasst.<br />
Dazu gehören Erkrankungen<br />
des Herzens, Erkrankungen <strong>der</strong> Lunge, chronisch-thrombembolische<br />
o<strong>der</strong> medikamentös-toxisch<br />
bedingte Erkrankungen, Bindegewebserkrankungen<br />
und weitere seltene<br />
Erkrankungen wie z.B. die porto-pulmonale<br />
Hypertonie. Die aktuelle Klassifikation <strong>der</strong><br />
pulmonalen Hypertonie führt nicht weniger<br />
als 28 unterschiedliche Formen o<strong>der</strong> Assoziationen<br />
in fünf Klassen auf. In einer gemeinsamen<br />
Leitlinie <strong>der</strong> European Respiratory Society<br />
und <strong>der</strong> European Society of Cardiology<br />
wurden 2009 erstmals interdisziplinär Strategien<br />
und Konzepte für Diagnostik und Therapie<br />
publiziert. Die Umsetzung <strong>der</strong> Leitlinie,<br />
die 2010 an die Verhältnisse in Deutschland<br />
angepasst wurde (DMW 2010; 135: S61-<br />
S132), ist nur in enger Vernetzung aller beteiligten<br />
Fachdisziplinen möglich.<br />
Die Symptome <strong>der</strong> PH sind mit Belastungsdyspnoe<br />
und Müdigkeit unspezifisch und<br />
eine Differenzialdiagnostik <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />
PH-Klassen ist klinisch nicht sicher<br />
möglich. EKG, Lungenfunktion und Röntgen-<br />
Thorax können Hinweise geben und ggf. bestimmte<br />
Formen <strong>der</strong> PH ausschließen (z.B.<br />
Ausschluss einer PH infolge COPD bei normaler<br />
Lungenfunktion). Echokardiographisch<br />
lassen sich Zeichen einer pulmonalarteriellen<br />
Druckerhöhung und Rechtsherzbelastung<br />
finden. Eine genaue Quantifizierung<br />
und die Interpretation <strong>der</strong> Echo-Befunde<br />
sind jedoch stark abhängig vom Untersucher.<br />
Der Nachweis einer pulmonalen Hypertonie<br />
und die Bestimmung des pulmonalarteriellen<br />
Druckes sind nur mit Hilfe des Rechtsherzkatheters<br />
möglich. Weitere bildgebende<br />
Verfahren (z.B. Ventilations-/ Perfusionsszintigraphie<br />
und CT-Thorax) sind in <strong>der</strong> Differenzialdiagnostik<br />
ebenso erfor<strong>der</strong>lich wie<br />
umfangreiche Labordiagnostik. Das diagnostische<br />
Mosaik wird erst in <strong>der</strong> interdisziplinären<br />
Betrachtung mit Kardiologen, Pneumologen,<br />
Rheumatologen, Gastroenterologen,<br />
Radiologen und ggf. weiteren Fachdisziplinen<br />
zum schlüssigen Krankheitsbild.<br />
Ist die Diagnose einer pulmonalen Hypertonie<br />
gestellt, so müssen im nächsten Schritt<br />
die therapeutischen Optionen ausgelotet werden:<br />
Ist eine spezifische Therapie möglich (bei<br />
<strong>der</strong> Pulmonalarteriellen Hypertonie PAH)?<br />
Sind an<strong>der</strong>e ursächliche Erkrankungen zu behandeln<br />
(z.B. kardiale Erkrankungen, Lungenerkrankungen<br />
o<strong>der</strong> chronisch thrombembolische<br />
Erkrankungen)? Besteht eventuell<br />
die Indikation für eine Lungentransplantation?<br />
Entscheidungen in diesem komplexen<br />
Kontext erfor<strong>der</strong>n eine strukturierte<br />
interdisziplinäre Diskussion. Die Durchführung<br />
einer Therapie, insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong><br />
PAH, erfor<strong>der</strong>t spezifische Kenntnisse und<br />
Erfahrungen. Regelmäßige Kontrollen des<br />
Therapieerfolges und <strong>der</strong> Therapie-Nebenwirkungen<br />
sind obligat.<br />
| 18
I n n e r e M e d i z i n<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin I<br />
Schwerpunkt Pneumologie<br />
Leiter: Dr. Bernd Schmidt<br />
pneumologie_innere1@uk-halle.de<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin I<br />
Gastroenterologie / Hepatologie<br />
Ansprechpartner:<br />
PD Dr. Matthias Dollinger<br />
matthias.dollinger@medizin.uni-halle.de<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin II<br />
Schwerpunkt Rheumatologie<br />
Leiter: Prof. Dr. Gernot Keyßer<br />
gernot.keyszer@medizin.uni-halle.de<br />
Die Prognose des eingangs vorgestellten Patienten,<br />
Herr M., hängt davon ab, ob seine<br />
Erkrankung richtig erkannt und dementsprechend<br />
optimal behandelt wird. Die<br />
vorliegende idiopathische Pulmonal arterielle<br />
Hypertonie (IPAH) wurde nach Ausschluss<br />
aller an<strong>der</strong>en PH-Formen diagnostiziert und<br />
mit einer initialen Mono- später mit einer<br />
Zweifach-Therapie erfolgreich behandelt. Die<br />
Symptome besserten sich deutlich und die<br />
Alltagsaktivitäten erreichten nahezu ein normales<br />
Niveau. Der Patient wird alle drei bis<br />
sechs Monate in <strong>der</strong> Ambulanz gesehen.<br />
Am <strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale) nutzen<br />
wir die Verfügbarkeit aller Fachdisziplinen<br />
für eine strukturierte interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit in <strong>der</strong> Diagnostik und Therapie<br />
<strong>der</strong> pulmonalen Hypertonie. Im Rahmen<br />
des „Interdisziplinären Kompetenzzentrums<br />
Pulmonale Hypertonie“ entwickeln wir<br />
gemeinsame Strategien und Algorithmen.<br />
Unabhängig von <strong>der</strong> primär behandelnden<br />
Einrichtung soll ein einheitliches Vorgehen<br />
für jeden Patienten mit Pulmonaler Hypertonie<br />
die bestmögliche Diagnostik und Therapie<br />
garantieren. Gleichzeitig wollen wir als Kompetenzzentrum<br />
Ansprechpartner für unsere<br />
internen und externen Partner sein.<br />
<strong>Universität</strong>sklink und Poliklinik für<br />
Innere Medizin III<br />
Kardiologie, Angiologie<br />
Ansprechpartner:<br />
PD Dr. Henning Ebelt<br />
henning.ebelt@medizin.uni-halle.de<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Department für Innere Medizin<br />
Ambulanz Innere Medizin<br />
Ernst-Grube-Str. 40<br />
06120 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Tel.: (0345) 557-0<br />
Ausgabe 2/11<br />
19 |
G y n ä k o l o g i e<br />
Die Behandlung von<br />
Inkontinenzbeschwerden<br />
Die Behandlung von Inkontinenz- und Senkungsbeschwerden<br />
bei Frauen hat in den vergangenen Jahren das Spektrum <strong>der</strong><br />
Frauenheilkunde erheblich verän<strong>der</strong>t.<br />
| 20
G y n ä k o l o g i e<br />
Dr. Christian Göpel<br />
Dr. Alice Hemsen<br />
Nahezu jede dritte gynäkologische<br />
Operation ist ein Eingriff am Beckenboden.<br />
Da fast jede zweite<br />
Frau ab dem 70. Lebensjahr Probleme mit<br />
dem Beckenboden hat, wird dieser Bereich<br />
weiter an Bedeutung gewinnen. In <strong>der</strong> <strong>Universität</strong>sklinik<br />
für Gynäkologie werden deshalb<br />
drei urogynäkologische Sprechstunden<br />
angeboten. Bei etwa 950 Patientenvorstellungen<br />
im Jahr wird nach Erstellung <strong>der</strong> Anamnese,<br />
gynäkologischer und sonographischer<br />
Untersuchung oft eine urodynamische Messung<br />
und eventuell eine Zystoskopie durchgeführt.<br />
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer<br />
Belastungsinkontinenz- bzw. einer überaktiven<br />
Blase. An<strong>der</strong>erseits geht es um <strong>der</strong><br />
Beurteilung bzw. Klassifizierung <strong>der</strong> Senkungsproblematik<br />
im vor<strong>der</strong>en Kompartiment<br />
(Zystozele), mittleren (Scheidenstumpfprolaps<br />
o<strong>der</strong> Prolaps uteri), bzw.<br />
hinteren Kompartiment (Rekto-, bzw. Enterozele).<br />
Während die Dranginkontinenz oft<br />
konservativ behandelt wird, besteht bei <strong>der</strong><br />
Belastungsinkontinenz auch die Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> operativen Behandlung.<br />
Vor allem die Implantation <strong>der</strong> spannungsfreien<br />
retropubischen Schlinge (TVT) verän<strong>der</strong>te<br />
das operative Spektrum seit 1999 an<br />
unserer Klinik. Seit 2003 wird die schneller<br />
durchführbare transobturatorische Schlinge<br />
favorisiert die in unserer Klinik mehr als<br />
3000 mal angewendet wurde. Seit 2006 kommen<br />
auch immer wie<strong>der</strong> kurze Schlingen (z.B.<br />
TVT-Secur) zu Einsatz. Diese Ergebnisse werden<br />
zur Zeit in einer Promotionsarbeit ausgewertet,<br />
eine Überlegenheit dieser Methode<br />
ist jedoch fraglich.<br />
Die wissenschaftliche Bindegewebsarbeitsgruppe<br />
konnte in elektronenmikroskopischen<br />
Untersuchungen das vermin<strong>der</strong>te<br />
Auftreten intakter elastischer Fasern periurethral<br />
bei Frauen mit Belastungsinkontinenz<br />
nachweisen, publizieren und damit die Theorie<br />
einer Bindegewebskomponente als Ursache<br />
bei <strong>der</strong> Entstehung einer weiblichen Belastungsinkontinenz<br />
untermauern. Eine ab<br />
September <strong>2011</strong> aufgelegte multizentrische<br />
propektiv randomisierte Studie mit Beteiligung<br />
<strong>der</strong> Frauenklinik <strong>Halle</strong> soll die Wirksamkeit<br />
körpereigener Stammzellen, welche<br />
periurethral injiziert werden, unter Beweis<br />
stellen.<br />
Bei <strong>der</strong> Prolapsbehandlung stehen uns neben<br />
den klassischen OP-Verfahren wie z.B. die vaginalen<br />
Plastiken seit 2003 auch die Netzeinlagen<br />
zur Verfügung. Die Erfahrungen und<br />
Ergebnisse mit über 4000 transvaginalen<br />
Netzeinlagen werden in einer weiteren Promotionsarbeit<br />
ausgewertet. Sämtliche Patientinnen<br />
mit Einsatz von Fremdmaterial<br />
werden in unseren Ambulanzen nachuntersucht.<br />
Unsere Klinik beteiligte sich an zwei internationalen<br />
Studien (Prolift und Prosima-Studie)<br />
die 2010 publiziert wurden und ein weiterer<br />
wichtiger Schritt zur Verbesserung <strong>der</strong><br />
OP-Methoden sind. Bei <strong>der</strong> Entwicklung einer<br />
Beckenbodensenkung spielen auch Bindegewebsuntersuchungen<br />
ein entscheidende<br />
Rolle. Diese Verän<strong>der</strong>ungen wurden in unserer<br />
wissenschaftlichen Arbeitsgruppe immunhistochemisch<br />
nachgewiesen und publiziert.<br />
Die Ergebnisse zur Untersuchung <strong>der</strong> enzymatischen<br />
Aktivität als Ursache für die Entwicklung<br />
eines Prolaps sind in unseren Arbeiten<br />
wi<strong>der</strong>sprüchlich. Die „so genannte“<br />
Bindegewebsschwäche ist <strong>der</strong>zeit keine einheitliche<br />
und reproduzierbare Verän<strong>der</strong>ung,<br />
weshalb wir 2012 ein internationales Symposium<br />
mit renommierten Bindegewebsforschern<br />
in <strong>Halle</strong> veranstalten werden.<br />
Der größte Anteil unserer klinischen Forschung<br />
bezieht sich auf die Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> OP-Techniken. Dabei hat die sogenannte<br />
6-Punkt-Fixation zur Therapie von<br />
Senkungszuständen um vor<strong>der</strong>en und mittleren<br />
Kompartiment eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung,<br />
da in <strong>Halle</strong> deutschlandweit die meisten<br />
Operationen dieser Art durchgeführt wurden.<br />
Der Schwerpunkt unserer jetzigen Bemühungen<br />
ist die Etablierung einer eigenen OP-<br />
Technik, mit Anhebung <strong>der</strong> Gebärmutter<br />
durch ein transvaginales Vorgehen ohne laparoskopischen<br />
o<strong>der</strong> abdominalen Zugang, die<br />
in sehr kurzer OP-Zeit durchführbar ist. Die<br />
bilaterale transzervikale sacrospinale Hysterpexie<br />
verzichtet auf eine Implantation von<br />
Netzmaterialien und stelle in <strong>der</strong> Hand eines<br />
geübten Beckenbodenchirurgen eine Alternative<br />
zu den bisher bekannten Verfahren dar.<br />
Damit sind wir dem Ziel unserer Klinik die<br />
Patientinnen trotz zum Teil komplexer Probleme<br />
im Beckenboden schon nach wenigen<br />
Tagen, ohne intra- und postoperative Komplikationen<br />
zu entlassen schon sehr nahe<br />
gekommen. Die seit seit 2004 monatlich<br />
durchgeführten beckenbodenchirurgischen<br />
Workshops mit nationalen und internationalen<br />
Gästen zur Präsentation unserer klinischen<br />
Forschungsdaten bestätigen die hohe<br />
Qualitität bei <strong>der</strong> Versorgung urogynäkologischer<br />
Patientinnen in unserer Klinik.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Gynäkologie<br />
Bereich Urogynäkologie<br />
Oberarzt: Dr. Christian Göpel<br />
Tel: (0345) 557-1847<br />
Fax: (0345) 557-1501<br />
christian.goepel@uk-halle.de<br />
T e r m i n v e r e i n b a r u n g<br />
Urogynäkologische Sprechstunde<br />
Tel: (0345) 557-1866<br />
Ausgabe 2/11<br />
21 |
O r t h o p ä d i e<br />
Neuroorthopädische<br />
Betreuung<br />
Dr. Susanne Lebek<br />
Neuroorthopädie beschäftigt sich mit <strong>der</strong> umfassenden Diagnostik, Analyse, Behandlung, Rehabilitation<br />
und Vorbeugung von orthopädischen Problemen des Bewegungsapparates, die bei Menschen mit<br />
Bewegungsbehin<strong>der</strong>ungen durch neurogene und muskuläre Erkrankungen auftreten.<br />
I<br />
hr Ziel ist die Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität.<br />
Das wird in einer<br />
spezifischen Betreuung, Beratung,<br />
Behandlung und Hilfsmittelversorgung bewegungsbehin<strong>der</strong>ter<br />
Kin<strong>der</strong> und Erwachsener<br />
umgesetzt. Funktionseinschränkungen<br />
müssen im Kontext mit dem Patienten und<br />
seinem sozialen Umfeld untersucht, die Ergebnisse<br />
interpretiert und ein individueller<br />
Behandlungsplan erstellt werden. Diese Arbeit<br />
funktioniert in multiprofessionellen<br />
Teams am besten.<br />
Neuroorthopädische Betreuung benötigen<br />
Betroffene nach Apoplexie, Querschnittslähmung<br />
o<strong>der</strong> Schädel-Hirn-Traumen, Patienten<br />
mit Muskelerkrankungen o<strong>der</strong> degenerativen<br />
Hirnerkrankungen und Kin<strong>der</strong> mit<br />
Hirnerkrankungen (z.B. Zerebralparese), neuromuskulären<br />
Erkrankungen (z.B. Muskeldystrophien,<br />
spinale Muskelatrophie) o<strong>der</strong> Rückenmarkserkrankungen<br />
(z.B. Spina bifida).<br />
Aber: Brauchen wir dafür eine Unterspezialisierung<br />
in <strong>der</strong> Orthopädie?<br />
Natürlich erkennt je<strong>der</strong> Orthopäde die Verän<strong>der</strong>ungen<br />
am Muskel-Skelett-System. Die<br />
Aufgabe des Orthopäden geht bei <strong>der</strong> Versorgung<br />
von Patienten mit neurologischen<br />
Erkrankungen über die Verordnung von<br />
Heil- und Hilfsmitteln hinaus. Mo<strong>der</strong>ne Neuroorthopädie<br />
begnügt sich nicht mit <strong>der</strong> Verordnung<br />
von Hilfsmitteln auf Vorschlag von<br />
Betroffenen und Orthopädietechnikern o<strong>der</strong><br />
von Heilmitteln auf Vorschlag von Physiound<br />
Ergotherapeuten. Sie erstellt im Team einen<br />
Plan mit den Zielen <strong>der</strong> Funktions- und<br />
Pflegeverbesserung und überprüft diese regelmäßig.<br />
Dazu ist das Wissen zu den zu Grunde<br />
liegenden Erkrankungen notwendig.<br />
Die Entscheidung zur orthopädischen Intervention<br />
bedarf einer gründlichen und zeitaufwändigen<br />
Vorarbeit (Anamnese, klinischer<br />
Befund, krankengymnastischer Befund, Bilddiagnostik,<br />
Ganglabor) und eines interdisziplinären<br />
Teams, um optimale Lösungen, die<br />
eine Funktions- o<strong>der</strong> Pflegeverbesserung für<br />
die Betroffenen haben, zu finden. Unter Umständen<br />
ist die Indikation zu einer Operation<br />
notwendig. Dann müssen Rehabilitationsmaßnahmen<br />
organisiert werden.<br />
Die Ansprüche <strong>der</strong> Eltern betroffener Kin<strong>der</strong><br />
und die Ansprüche <strong>der</strong> von neurologischen<br />
Erkrankungen betroffenen Erwachsenen<br />
sind größer geworden. Sie müssen in den<br />
Entscheidungsprozess einbezogen werden.<br />
Aber auch Unterschiede im Verlauf <strong>der</strong> Erkrankungen<br />
und den Einfluss des Wachstums<br />
muss <strong>der</strong> geschulte Orthopäde kennen, um<br />
optimale Entscheidungen treffen zu können.<br />
Ein Problem vieler neurologischer Erkrankungen<br />
ist die Entstehung von Kontrakturen.<br />
Die Behandlungskonzepte unterscheiden sich<br />
aber nach <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung: bei Muskel-<br />
| 22
O r t h o p ä d i e<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Department für Orthopädie, Unfall- und<br />
Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Orthopädie<br />
Dr. Susanne Lebek<br />
Tel.: (0345) 557-4805<br />
Fax: (0345) 557-4809<br />
Susanne.lebek@uk-halle.de<br />
Osteoporose in Folge neurologischer Erkrankungen<br />
ist an<strong>der</strong>s zu bewerten und zu behandeln<br />
als die postmenopausale Osteoporose.<br />
Substitutionsbehandlung bringt kaum Vorteile,<br />
weil die Hauptursachen in <strong>der</strong> durch die<br />
Erkrankung bedingten Inaktivität und den<br />
entstehenden Kontrakturen liegen, also ist<br />
eine Behandlung dieser Ursachen notwendig.<br />
dystrophien werden kontrakturprophylaktische<br />
Weichteiloperationen durchgeführt,<br />
bei Spina bifida werden Kontrakturen nur<br />
operativ behoben, wenn die erreichten Funktionen<br />
durch diese beeinträchtigt sind und<br />
bei Zerebralparese werden sowohl knöcherne<br />
als auch weichteilige Operationen notwendig.<br />
Ein wichtiger Baustein ist die prä- und postoperative<br />
Überprüfung <strong>der</strong> Funktion im Ganglabor<br />
unserer Klinik.<br />
Hüftluxationen sind bei Zerebralparese ein<br />
häufiges Problem- und sie sind vermeidbar.<br />
Der Sinn neuroorthopädischer Intervention<br />
bei dieser Erkrankung ist die Symmetrieerhaltung.<br />
Sie dient bei den weniger stark<br />
betroffenen Kin<strong>der</strong>n (GMFCS 1-3) dem Erhalt<br />
<strong>der</strong> symmetrischen Gangabwicklung,<br />
den stark betroffenen Kin<strong>der</strong>n (GMFCS 4-5)<br />
einem symmetrischen Sitzen ohne Druckstellen.<br />
Immerhin verbringen diese Kin<strong>der</strong> die<br />
Hälfte des Tages im Sitzen.<br />
Neuropädiater in Deutschland haben nach<br />
skandinavischem Vorbild die so genannte<br />
Hüftampel erstellt (Abb. 1 „Hüftampel“).<br />
Sie kann für die betreuenden Kin<strong>der</strong>ärzte<br />
eine gute Handlungsanleitung sein, den richtigen<br />
Zeitpunkt zur Überweisung zum Neuroorthopäden<br />
zu finden. In Schweden wird<br />
dieses System genutzt, Hüftluxationen bei<br />
Betroffenen mit Zerebralparesen „auszurotten“.<br />
Wir könnten dieses System nutzen, um<br />
die immer noch hohe Zahl <strong>der</strong> Hüftluxationen<br />
bei Kin<strong>der</strong>n mit Zerebralparese zu vermin<strong>der</strong>n.<br />
Neurologische Erkrankungen sind die Ursache<br />
vielfältiger Fußdeformitäten: Knick-,<br />
Hohl-, Platt-, Klumpfüße. Sowohl die konservativen<br />
Maßnahmen als auch <strong>der</strong> Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Operation müssen in Abhängigkeit von<br />
Funktion und Progression <strong>der</strong> Erkrankung<br />
festgelegt werden.<br />
Das Wissen bei seltenen o<strong>der</strong> beispielsweise<br />
durch PID selten werden<strong>der</strong> Erkrankungen<br />
wird geringer und muss gebündelt werden.<br />
Möglichkeiten dazu bestehen in spezialisierten<br />
Einrichtungen o<strong>der</strong> interdisziplinären<br />
Teams. Etabliert ist die Betreuung von Kin<strong>der</strong>n<br />
mit neurologischen Erkrankungen in<br />
SPZs o<strong>der</strong> MVZs. Für Jugendliche und Erwachsene,<br />
<strong>der</strong>en Verän<strong>der</strong>ungen am Muskel-<br />
Skelett- System fortschreiten und die weiter<br />
orthopädischer Kontrollen bedürfen, gibt es<br />
erst einzelne Transitionsmodelle.<br />
Neuroorthopädie ist eine kleine Sparte <strong>der</strong><br />
Orthopädie, die durch Teamarbeit einer Anzahl<br />
von Betroffenen zu einer erheblichen<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität verhelfen<br />
kann.<br />
Information:<br />
Eine interdisziplinäre Sprechstunde mit Krankengymnastin,<br />
Orthopädietechniker, Neurologem<br />
mit dem Ziel einer funktionellen<br />
Verbesserung (neuroorthopädischen Sprechstunde,<br />
montags 9-13 Uhr und donnerstags<br />
13-16 Uhr, Ambulanz <strong>der</strong> Orthopädischen<br />
<strong>Universität</strong>sklinik, Magdeburger Straße 22;<br />
Überweisung durch Hausärzte, Kin<strong>der</strong>ärzte<br />
und betreuende Ärzte in Heimen ist unkompliziert<br />
möglich.<br />
Tel.: (0345) 557-4870<br />
kin<strong>der</strong>orthopaedie@medizin.uni-halle.de<br />
Ausgabe 2/11<br />
23 |
O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Frakturen von<br />
Wirbelkörpern im Alter<br />
Langfristige konservative<br />
Therapiemaßnahmen<br />
bei <strong>der</strong> Versorgung von<br />
Wirbelkörperfrakturen<br />
im höheren Lebensalter<br />
werden zunehmend durch<br />
minimal-invasive operative<br />
Therapieverfahren ersetzt.<br />
Dr. Marc Röllinghoff<br />
Dr. Holger Siekmann<br />
W<br />
urden noch vor zehn bis 15<br />
Jahren auch höher gradige Wirbelfrakturen<br />
des älteren Menschen<br />
häufig einer konservativen Therapie zugeführt,<br />
die teils in einer wochenlangen Bettruhe<br />
bestand, so wird heute auch bei <strong>der</strong><br />
überwiegenden Zahl von Frakturen im höheren<br />
Lebensalter eine operative Therapie in<br />
Erwägung gezogen. Dies ist zum einen eine<br />
Folge des zunehmenden Verständnisses <strong>der</strong><br />
Biomechanik <strong>der</strong> Frakturen, zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong><br />
Entwicklung minimal-invasiver und den Patienten<br />
wenig belasten<strong>der</strong> Operationsverfahren.<br />
Zwar können Wirbelfrakturen auch<br />
des alten Menschen Folge eines adäquaten<br />
Traumas sein, häufig sind sie aber Folge eines<br />
Bagatelltraumas o<strong>der</strong> treten gänzlich ohne ein<br />
stattgehabtes Unfallereignis auf. Dieser Situation<br />
entsprechend überwiegen im Alter eher<br />
Typ A- gegenüber Typ B- und C-Frakturen.<br />
Bei älteren Patienten steht die Schmerzreduktion<br />
gegenüber <strong>der</strong> anatomischen Rekonstruktion<br />
im Vor<strong>der</strong>grund. Zudem sollten in<br />
die Überlegung zur Wahl Therapie das Ausmaß<br />
des Knochenabbaus sowie unfallunabhängige<br />
Erkrankungen <strong>der</strong> Wirbelsäule (Morbus<br />
Bechterew, Spondylarthrose, spinale Enge<br />
usw.) einbezogen werden. Es existiert keine<br />
definitive Altersgrenze am Übergang vom<br />
anatomischen rekonstruktiven zum schmerzorientiert<br />
minimal invasiven Vorgehen, als<br />
grobe Orientierung ist hier jedoch <strong>der</strong> Beginn<br />
<strong>der</strong> 7. Lebensdekade zu sehen. Im Nachfolgenden<br />
sollen die typischen operativen Therapieverfahren<br />
bei <strong>der</strong> Versorgung von Wirbelfrakturen<br />
im höheren Lebensalter dargestellt<br />
werden:<br />
Kyphoplastie<br />
Seit Jahren gehören Vertebroplastie und Kyphoplastie<br />
zu den etablierten Verfahren in <strong>der</strong><br />
minimalinvasiven Stabilisierung osteoporotischer<br />
Wirbelfrakturen. Seit März <strong>2011</strong> wird<br />
in unserer Klinik eine neue Technik verwendet,<br />
die Radiofrequenz-Kyphoplastie (RFK).<br />
Hiermit lassen sich Kompressionsfrakturen,<br />
egal ob osteoporotischer, onkologischer o<strong>der</strong><br />
traumatischer Herkunft, jetzt noch sicherer,<br />
knochenschonend und substanzerhaltend<br />
wie<strong>der</strong> aufrichten.<br />
Die RFK kann unter Lokalanästhesie o<strong>der</strong><br />
Vollnarkose durchgeführt werden und dauert<br />
nur etwa 25 Minuten pro Wirbel – knapp<br />
die Hälfte <strong>der</strong> herkömmlichen Operationszeit.<br />
Über einen unilateralen Zugang führt<br />
<strong>der</strong> Operateur einen Introducer in den behandlungsbedürftigen<br />
Wirbelkörper ein und<br />
| 24
O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
legt gezielt kleine Gänge zur kontrollierten<br />
Zementverteilung an. Mithilfe eines hydraulischen<br />
Applikationssystems gelangt <strong>der</strong> speziell<br />
entwickelte und ultrahoch visköse PM-<br />
MA-Zement in die vorbereiteten Bahnen und<br />
umschließt die intakten spongiösen Knochenstrukturen,<br />
ohne sie unnötig zu zerstören.<br />
Während <strong>der</strong> Anwendung erhält <strong>der</strong> zuvor<br />
zähflüssige Zement einen Radiofrequenzimpuls.<br />
Dadurch wird <strong>der</strong> Polymerisationsprozess<br />
gezielt beschleunigt <strong>der</strong> Zement verwandelt<br />
sich in eine gummiartige Masse. Eine<br />
extrem lange Verarbeitungszeit von mehr als<br />
30 Minuten erhöht die Applikationskontrolle<br />
und ermöglicht eine sichere Intervention. Zementaustritte<br />
o<strong>der</strong> -verschleppungen in die<br />
benachbarten Areale lassen sich somit minimieren<br />
beziehungsweise ganz vermeiden. Die<br />
Applikation selbst erfolgt über ein hydraulisches<br />
Start-Stopp-System, das <strong>der</strong> Operateur<br />
per Fernbedienung in einem Abstand von<br />
bis zu drei Metern zur Strahlenquelle bedient.<br />
Hierdurch wird die Strahlenbelastung des OP-<br />
Personals gegenüber herkömmlicher Verfahren<br />
deutlich reduziert. Kurze Zeit nach dem<br />
Eingriff kommt es gewöhnlich zu einer signifikanten<br />
Schmerzlin<strong>der</strong>ung und einer damit verbundenen<br />
dauerhaften Steigerung <strong>der</strong> Lebensqualität.<br />
Percutane Implantation eins Fixateur<br />
interne sowie Kombinationsverfahren<br />
Bei sicherer Beteiligung <strong>der</strong> Hinterkante sowie<br />
bei Hinweisen auf eine B- o<strong>der</strong> C-Fraktur<br />
sollte ein percutanes Fixateurverfahren, ggf.<br />
auch zementaugmentiert, als Ergänzung zum<br />
Einsatz kommen. Weiterhin kann eine entsprechende<br />
Ergänzung auch immer bei älteren<br />
Frakturen diskutiert werden, bei denen<br />
nach Wochen <strong>der</strong> konservativen Therapie mit<br />
zunehmen<strong>der</strong> Sinterung und Kyphosierung<br />
im betroffenen Wirbelkörper mit einer Aufrichtung<br />
<strong>der</strong> Kyphose durch die Kyphoplastie<br />
nicht mehr zu rechnen ist. Auf diesem<br />
Wege können, gerade bei längerfristig komprimierten<br />
Wirbelkörpern, möglicherweise<br />
zunehmende Knochenlysen um den eingebrachten<br />
Zement herum vermieden werden,<br />
indem ein Teil <strong>der</strong> Last über den dorsalen Fixateur<br />
weitergeleitet wird.<br />
Ebenso hat <strong>der</strong> dorsale Fixateur einen protektiven<br />
Effekt gerade bei A- und B-Frakturen<br />
mit einer Hinterkantenbeteiligung, bei<br />
denen bei alleiniger Nutzung <strong>der</strong> Kyphoplastie<br />
eine zunehmende Kompromittierung des<br />
Rückenmarkes durch das Hinterkantenfragment<br />
gesehen werden kann. Gleiches gilt für<br />
eher traumatisch denn osteoporotisch bedingte<br />
Wirbelfrakturen, bei denen sich gerade<br />
im präoperativen CT eine überwiegende<br />
Berstungskomponente des Wirbelkörpers<br />
zeigt.<br />
Entgegen <strong>der</strong> üblichen homogenen Kompression<br />
bei im wesentlich osteoporotisch bedingter<br />
Sinterung scheinen traumatisch und<br />
berstungsbedingte Frakturen <strong>der</strong> Wirbelkörper<br />
eine vermehrte Pseudarthrosenentwicklung<br />
im Rahmen einer alleinigen Kyphoplastie<br />
zu zeigen.<br />
Somit kann abschließend gesagt werden, dass<br />
nicht jede Fraktur im höheren Alter allein für<br />
die Kyphoplastie geeignet ist. Alternativ- und<br />
Kombinationsverfahren sollten vorhanden und<br />
ihr Einsatzspektrum bekannt sein. Wirbelfrakturen<br />
mit Zeichen <strong>der</strong> Rückenmarkskompromittierung<br />
sollten dazu Anlass geben, einen Operateur<br />
mit einer entsprechenden Erfahrung in<br />
<strong>der</strong> operativen Versorgung dieser Frakturen zu<br />
konsultieren. Entsprechend beginnende Querschnittssymptome<br />
bedürfen <strong>der</strong> notfallmäßigen<br />
wirbelsäulenchirurgischen Versorgung.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Department für Unfallchirurgie,<br />
Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie und<br />
Orthopädie<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Unfall- und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />
Ernst-Grube-Straße 40<br />
06120 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Tel.: (0345) 557-7071<br />
Fax: (0345) 557-7073<br />
unfallchirurgie@medizin.uni-halle.de<br />
Wirbelsäulensprechstunde Unfallchirurgie<br />
komm. Direktor Dr. Holger Siekmann,<br />
OA Dr. Lars Jansch<br />
dienstags 8 –15 Uhr<br />
Tel.: (0345) 557-5750<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Orthopädie<br />
Magdeburgerstr. 22<br />
06112 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Tel.: (0345) 557-4805<br />
Fax: (0345) 557-4809<br />
ortho@uk-halle.de<br />
Wirbelsäulensprechstunde Orthopädie<br />
OA Dr. Planert, OA Dr. Röllinghoff<br />
mittwochs 8 –14.30 Uhr<br />
Tel.: (0345) 557-4870<br />
Ausgabe 2/11<br />
25 |
K i n d e r - u n d J u g e n d m e d i z i n<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Klinik und Poliklinik für Kin<strong>der</strong>- und<br />
Jugendmedizin<br />
OA Dr. Frank Schmidt<br />
OA Dr. Daniel Clauß<br />
Dr. Antje Voigt<br />
Ernst-Grube-Straße 40<br />
06120 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Tel: (0345) 557-2388<br />
Fax: (0345) 557-2389<br />
paediatrie@medizin.uni-halle.de<br />
Terminvereinbarung über Telefon<br />
(0345) 557-2053 (Ambulanz)<br />
„Mein Bauch tut<br />
immer so weh“<br />
Dr. Frank Schmidt<br />
Dr. Daniel Clauß<br />
Die Funktionelle Bauchschmerzsprechstunde an <strong>der</strong> halleschen<br />
<strong>Universität</strong>skin<strong>der</strong>klinik stellt sich vor.<br />
S<br />
chmerzen bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
sind häufig und beeinflussen<br />
die Lebensqualität<br />
sowie das psychosoziale Funktionsniveau beträchtlich.<br />
Bei einer Drei-Monats-Schmerzprävalenz<br />
von 71 Prozent traten bei 24,3 Prozent<br />
<strong>der</strong> Elf- bis 17-Jährigen mindestens<br />
einmal wöchentlich Schmerzen auf (Kin<strong>der</strong>und<br />
Jugendgesundheitssurvey des Robert-<br />
Koch-Instituts). Im Klein- und Grundschulalter<br />
bestehen Schmerzen am häufigsten im<br />
Bauchbereich, mit einer Verschiebung in den<br />
Kopfbereich mit zunehmendem Alter. Neben<br />
starken Einschränkungen <strong>der</strong> Lebensqualität<br />
führen Schmerzen zu einer erhöhten Medikamenteneinnahme<br />
und zu einer verstärkten<br />
Inanspruchnahme des Gesundheitssystems.<br />
Untersuchungen zeigen eine Auswirkung von<br />
chronischen Schmerzen auf den gesamten<br />
weiteren Lebensverlauf. An Hand des Symptoms<br />
chronischer Bauchschmerz wird im<br />
Folgenden die ganzheitliche Betrachtung von<br />
funktionellen Schmerzstörungen im Sinne<br />
des bio-psycho-sozialen Krankheitsmodells<br />
kurz vorgestellt.<br />
Kasuistik: Der 10jährige Philipp hat seit<br />
mehr als zwei Jahren Bauchschmerzen. Diese<br />
sind meist morgens um den Bauchnabel<br />
lokalisiert. Sie bestehen fast täglich und<br />
dauern etwa 30 Minuten. In <strong>der</strong> Nacht gibt<br />
es keine Probleme. Stuhlauffälligkeiten o<strong>der</strong><br />
Gewichtsprobleme bestehen nicht. Philipps<br />
Nahrung ist ausgewogen. Er trinkt gerne<br />
Säfte, konsumiert aber auch Milch. Alles<br />
wird gut vertragen. Philipp besucht die<br />
5. Klasse und die Schule macht ihm Spaß.<br />
Er hat eine dreijährige Schwester. Die Eltern<br />
sind verheiratet. In <strong>der</strong> Familienanamnese<br />
und <strong>der</strong> Eigenanamnese gibt es ebenfalls keine<br />
Auffälligkeiten. Die Laboranalytik, die H-<br />
2-Atemteste nach Fruktose, Laktose und Sorbitol<br />
zeigen sich unauffällig. Im Sonogramm<br />
des Abdomens und im C13-Atemtest gibt es<br />
keine pathologischen Auffälligkeiten. Bei Philipp<br />
bestehen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit<br />
funktionelle Bauchschmerzen. Durch<br />
die Betreuung in <strong>der</strong> „funktionellen Bauchschmerzsprechstunde“<br />
erfolgten eine altersgerechte<br />
Aufklärung des Patienten und<br />
Empfehlungen zur Schmerzlin<strong>der</strong>ung. Nach<br />
einem Jahr wurden über nur noch einige kurze<br />
Schmerzepisoden berichtet, mit welchen<br />
jedoch jetzt „entspannter“ umgegangen werden<br />
konnte. Die weitere symptombezogene<br />
Betreuung wurde wie<strong>der</strong> in die hausärztliche<br />
Praxis übergeben.<br />
Die <strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für Kin<strong>der</strong>-<br />
und Jugendmedizin bietet seit einigen<br />
Jahren in einer interdisziplinären „Funktionellen<br />
Bauchschmerzsprechstunde“ für Patienten<br />
mit chronischen Bauchschmerzen<br />
Diagnostik, Beratung und therapeutische Interventionen.<br />
Nach einer ausführlichen Anamnese, bei <strong>der</strong><br />
beson<strong>der</strong>s Alarmzeichen für organische Ur-<br />
| 26
K i n d e r - u n d J u g e n d m e d i z i n<br />
aus Petermann F, Schulte IE:<br />
Funktioneller Bauchschmerz im Kindesalter.<br />
Der Schmerz 23 (2009) 79-86<br />
Alarmzeichen <strong>der</strong><br />
chronischen<br />
Bauchschmerzen<br />
Unfreiwilliger Gewichtsverlust<br />
Wachstumsverzögerungen<br />
Gastrointestinaler Blutverlust<br />
Andauerndes Erbrechen<br />
Chronischer starker Durchfall<br />
Anhaltende Schmerzen im unteren o<strong>der</strong><br />
oberen Bauchbereich<br />
Unerklärliches Fieber<br />
Positive Familienanamnese: u.a. Ulkus,<br />
chronische Darmentzündung<br />
Gestörter Nachtschlaf aufgrund <strong>der</strong><br />
Schmerzen<br />
Nächtliche Diarrhoe<br />
Verspätete Pubertät<br />
Arthritis<br />
Schluckstörungen<br />
sachen (siehe Tabelle) abgefragt werden, erfolgt<br />
ein „somatisches Basisprogramm“.<br />
Dieses beinhaltet fallbezogen die laborchemische<br />
Analytik sowie den Ausschluss infektiöser<br />
Ursachen, chronisch entzündlicher<br />
Darmerkrankungen und Kohlenhydratmalassimilationen.<br />
Bereits bei <strong>der</strong> ersten Vorstellung<br />
wird mit den Kin<strong>der</strong>n und Eltern besprochen,<br />
dass es sich bei den chronischen<br />
Bauchschmerzen in den meisten Fällen um<br />
eine funktionell-gastrointestinale Störung<br />
handelt. Nach Nöcker (2008) bestehen bei<br />
funktionellen Bauchschmerzen meist eine abdominelle<br />
Schmerzintensivierung sowie eine<br />
abgesenkte Schmerzwahrnehmungsschwelle<br />
als Folge vorhergehen<strong>der</strong> abdomineller Entzündungsprozesse.<br />
Gerade die Ängste <strong>der</strong> Eltern vor schwerwiegenden<br />
Erkrankungen ihrer Kin<strong>der</strong> müssen<br />
bei <strong>der</strong> ersten Vorstellung angesprochen<br />
werden. Ängste <strong>der</strong> Patienten und Eltern sowie<br />
eine dysfunktionale intraindividuelle<br />
Schmerzverarbeitung und Schmerzkommunikation<br />
in <strong>der</strong> Familie erhöhen die Gefahr einer<br />
inadäquaten Krankheitsverarbeitung und<br />
die Entstehung einer somatoformen Störung.<br />
Weiterhin hat die Erwähnung und Aufklärung<br />
über die funktionelle Bauchschmerzproblematik<br />
schon in <strong>der</strong> ersten Vorstellung den<br />
Vorteil, dass am Ende <strong>der</strong> erfolgten Diagnostik<br />
(bei <strong>der</strong> in den meisten Fällen kein organisches<br />
Korrelat diagnostiziert wird) die Kin<strong>der</strong><br />
und Eltern die Diagnose „funktioneller<br />
Bauchschmerz“ besser akzeptieren und nicht<br />
als „Verlegenheitsdiagnose“ bewerten. Die<br />
Nichtakzeptanz dieser Diagnose birgt die Gefahr<br />
von „Ärztehopping“ und einer „Überdiagnostik“.<br />
Bei stark ausgeprägten Einschränkungen<br />
<strong>der</strong> Lebensqualität o<strong>der</strong> des psychosozialen<br />
Funktionsniveaus des Kindes (Schulabsentismus)<br />
bzw. <strong>der</strong> gesamten Familie, erfolgt<br />
eine weitergehende psychiatrisch/psychologische<br />
Betreuung. Neben <strong>der</strong> Abklärung möglicher<br />
Stressfaktoren o<strong>der</strong> intrapsychischer<br />
Konflikte erfolgt <strong>der</strong> Aufbau altersentsprechen<strong>der</strong><br />
Copingstrategien. Dabei werden verhaltensmedizinische<br />
Interventionen (Gedankenstopp,<br />
Ablenkungstechniken) eingeübt<br />
und die Selbstwirksamkeit geför<strong>der</strong>t. Um die<br />
Spaltung zwischen „Soma“ und „Psyche“ zu<br />
überbrücken, finden gemeinsame Gespräche<br />
des Teams mit Patienten und Eltern statt. Zusätzlich<br />
werden Fälle in Teambesprechungen<br />
diskutiert.<br />
Zur Optimierung des Behandlungsangebotes<br />
gibt es seit Mai <strong>2011</strong> an unserer Klinik den<br />
Bereich <strong>der</strong> Pädiatrischen Ernährungsmedizin.<br />
Mit <strong>der</strong> Ausbildung zweier ärztlicher Kollegen<br />
wurde dem Bedarf dieser Spezialrichtung<br />
in unserer Region nachgegangen. Dabei<br />
kommen ernährungsmedizinische Interventionen<br />
interdisziplinär vor<strong>der</strong>gründig bei Kin<strong>der</strong>n<br />
mit Mangelgedeihen, übergewichtig/<br />
adipösen Kin<strong>der</strong>n sowie chronisch kranken<br />
Patienten zur Anwendung.<br />
Ausgabe 2/11<br />
27 |
I n n e r e M e d i z i n<br />
Blutgruppeninkompatible<br />
Nierentransplantation<br />
In <strong>der</strong> Vergangenheit konnten etwa 30 Prozent aller potentiellen Lebend-<br />
Transplantationen aufgrund von Blutgruppen-Unverträglichkeiten nicht durchgeführt<br />
werden. Technische und medizinische Neuerungen bieten hierfür einen Ausweg.<br />
Dr. Ulrich Pein<br />
Dr. Silke Markau<br />
| 28
I n n e r e M e d i z i n<br />
E<br />
ine erfolgreiche Nierentransplantation<br />
entspricht nach wie vor <strong>der</strong><br />
besten Behandlung einer terminalen<br />
Niereninsuffizienz. Aktuell warten in<br />
Deutschland etwa 12.000 Patienten auf eine<br />
Organspende, davon ca. 8.000 auf eine Niere.<br />
Damit stehen etwa dreimal mehr Menschen<br />
auf <strong>der</strong> Warteliste für eine neue Niere,<br />
als Transplantate für eine Vermittlung zur<br />
Verfügung stehen. Aufgrund des steigenden<br />
Bedarfs an Spen<strong>der</strong>organen und <strong>der</strong> zunehmenden<br />
Inzidenz <strong>der</strong> Dialysepflicht gewinnt<br />
vor allem die Nierenlebendspende erheblich<br />
an Bedeutung.<br />
Ein Großteil <strong>der</strong> Patienten kommt jedoch für<br />
eine Lebend-Transplantation nicht in Frage,<br />
da sich kein geeigneter Lebendspen<strong>der</strong> findet.<br />
Auch wenn die Bereitschaft zur Nierenspende<br />
vorlag, konnten in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
etwa 30 Prozent aller möglichen Lebendspenden<br />
wegen Blutgruppenunverträglichkeiten<br />
nicht durchgeführt werden. Mit <strong>der</strong> sog. AB0-<br />
inkompatiblen Nierentransplantation steht<br />
nun ein relativ neues Verfahren zur Verfügung,<br />
mit dem eine Nierenlebendspende auch<br />
zwischen solchen Personen möglich ist, <strong>der</strong>en<br />
Blutgruppeneigenschaften nicht zueinan<strong>der</strong><br />
passen. Beispielsweise kann hiermit einem<br />
Patienten <strong>der</strong> Blutgruppe 0 eine Niere <strong>der</strong><br />
Blutgruppe B transplantiert werden.<br />
Das Verfahren wird zurzeit nur in wenigen<br />
spezialisierten Zentren angeboten, wobei das<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale) das einzige<br />
Zentrum in Sachsen Anhalt ist, welches<br />
blutgruppeninkompatibel transplantiert.<br />
Hierbei besteht eine enge Kooperation zwischen<br />
<strong>der</strong> Klinik für Innere Medizin II (Direktor:<br />
Prof. Dr. Matthias Girndt), <strong>der</strong> Klinik<br />
für Urologie unter Leitung von Prof. Dr. Paolo<br />
Fornara und <strong>der</strong> Einrichtung für Transfusionsmedizin<br />
des <strong>Universität</strong>sklinikums <strong>Halle</strong><br />
(Saale) unter Leitung von Dr. Julian Hering.<br />
Nach ausführlichen Aufklärungsgesprächen<br />
und umfangreichen Untersuchungen im<br />
Transplantationszentrum wird das weitere<br />
Vorgehen geplant. Dieses umfasst eine spezielle<br />
immunologische Vorbereitung des Empfängers<br />
mit einer Kombination aus präoperativer<br />
Immunsuppression und mehrfachen<br />
Immunadsorptionsbehandlungen über spezifische<br />
Anti-A/B-Adsorptionssäulen. Bei <strong>der</strong><br />
Immunadsorption handelt es sich um ein dialyseähnliches<br />
Verfahren, durch das gezielt<br />
Antikörper aus dem Blut eliminiert werden<br />
können. Im konkreten Fall werden die inkompatiblen<br />
Blutgruppen- Antikörper in einem<br />
extrakorporalen Blutkreislauf an eine mit<br />
Blutgruppen-Antigenen beladene Adsorptionssäule<br />
gebunden. Damit ein Empfänger<br />
<strong>der</strong> Blutgruppe 0 eine Niere <strong>der</strong> Blutgruppe B<br />
nicht sofort abstößt, werden aus seinem Blut<br />
Antikörper gegen die Blutgruppe B entfernt.<br />
Um die physiologische Antikörperproduktion<br />
schon im Vorfeld zu minimieren, erfolgt<br />
bereits vier Wochen vor geplanter Transplantation<br />
die einmalige Gabe einer medikamentösen<br />
Immunsuppression (Rituximab 375<br />
mg/m²KOF iv.). Hierfür wird <strong>der</strong> Patient stationär<br />
aufgenommen und kann meist am Folgetag<br />
die Klinik wie<strong>der</strong> verlassen. Sieben Tage<br />
vor <strong>der</strong> Transplantation erfolgt die eigentliche<br />
stationäre Aufnahme mit Beginn <strong>der</strong><br />
Immunadsorptionsbehandlungen, sowie <strong>der</strong><br />
weiteren medikamentösen Immunsuppression,<br />
welche ab dann dauerhaft eingenommen<br />
werden muss. In <strong>der</strong> Regel können durch<br />
vier bis fünf Immunadsorptionen Blutgruppen-Antikörper<br />
bis unter die für eine Rejektion<br />
kritische Nachweisgrenze abgesenkt werden.<br />
Die Dauer einer Behandlungssitzung<br />
beträgt dabei etwa vier Stunden. Am Tag vor<br />
<strong>der</strong> Operation erfolgt dann die Verlegung von<br />
<strong>der</strong> Inneren Klinik in das Nierentransplantationszentrum.<br />
Die Operation selbst unterscheidet<br />
sich dabei nicht von einer normalen<br />
Nierenlebendspende.<br />
Postoperativ werden regelmäßig die Antikörpertiter<br />
bestimmt und ggf. weitere Immunadsorptionen<br />
durchgeführt. Die Blutgruppen-Antikörper<br />
müssen für sechs Wochen<br />
nach <strong>der</strong> Transplantation unterhalb einer kritischen<br />
Grenze gehalten werden, ggf. sind<br />
weitere Immunadsorptionen erfor<strong>der</strong>lich. Im<br />
weiteren Verlauf nach <strong>der</strong> Transplantation<br />
besteht dann kein erhöhtes Risiko einer Antikörpervermittelten<br />
Abstoßung mehr. Die genauen<br />
Mechanismen dieses als „Akkommodation“<br />
bezeichneten Phänomens sind noch<br />
unklar, aber <strong>der</strong> Verlauf entspricht nun exakt<br />
dem einer jeden an<strong>der</strong>en Nierentransplantation<br />
aus Lebendnierenspende.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Innere Medizin II<br />
Prof. Dr. med. Matthias Girndt<br />
LOÄ Dr. med. Silke Markau<br />
Tel: (0345) 557-2717<br />
Fax: (0345) 557-2236<br />
silke.markau@medizin.uni-halle.de<br />
Ausgabe 2/11<br />
29 |
M e l d u n g e n<br />
Fetale Chirurgie wird in <strong>Halle</strong> etabliert<br />
»<br />
Seit mehr als 20 Jahren hautnah bei Geburten<br />
dabei, mehr als 30.000 Schwangerschaften<br />
begleitet und auch bei den eigenen<br />
sechs Kin<strong>der</strong>n Geburtshelfer gewesen: Mit<br />
Professor Dr. Michael Tchirikov hat ein erfahrener<br />
Mediziner seinen Dienst als Direktor<br />
<strong>der</strong> <strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für Geburtshilfe<br />
angetreten. Professor Tchirikov war<br />
zuvor leiten<strong>der</strong> Oberarzt an <strong>der</strong> Klinik für Geburtshilfe<br />
an <strong>der</strong> <strong>Universität</strong>smedizin Mainz.<br />
„Ich glaube an das Potenzial <strong>der</strong> Region <strong>Halle</strong>“,<br />
begründet er seinen Wechsel nach <strong>Halle</strong>.<br />
Professor Tchirikov etabliert in <strong>Halle</strong> die fetale<br />
Chirurgie (Eingriffe am Kind im Mutterleib)<br />
und setzt damit einen Schwerpunkt, <strong>der</strong><br />
bisher in deutschen Krankenhäusern nur wenig<br />
angeboten wird. „Sowohl in <strong>der</strong> Krankenversorgung<br />
als auch in <strong>der</strong> Forschung habe<br />
ich mir spezielle Kenntnisse in <strong>der</strong> Behandlung<br />
von Kin<strong>der</strong>n im Mutterleib angeeignet.“<br />
Der Geburtshelfer kann dabei auf vier Patente<br />
verweisen. Der 43-Jährige unterstreicht: „Ich<br />
habe in Kooperation mit Industrieunternehmen<br />
Instrumente wie beispielsweise ultradünne<br />
Nadeln und Katheter entwickelt, welche<br />
die Behandlung im Mutterleib erfolgversprechen<strong>der</strong><br />
und sicherer machen.“ Zahlreiche Publikationen<br />
seiner Behandlungsergebnisse in<br />
renommierten Fachzeitschriften führt er als<br />
Beleg für den erfolgreichen Einsatz dieser Instrumente<br />
an. Mit dem neuen Schwerpunkt<br />
<strong>der</strong> Behandlung im Mutterleib soll <strong>der</strong> Ruf<br />
des <strong>Universität</strong>sklinikums als Perinatalzentrum<br />
im südlichen Sachsen-Anhalt weiter ausgebaut<br />
werden. „Bei Risikoschwangerschaften<br />
sind die Mütter bei uns bestens aufgehoben.“<br />
Doch nicht nur bei generell mit Risiken behafteten<br />
Schwangerschaften o<strong>der</strong> schwierigen<br />
Schwangerschaftsverläufen soll seine Klinik<br />
führend sein. „Wir wollen im Team die Angebote<br />
<strong>der</strong> Klinik noch stärker auf die Wünsche<br />
<strong>der</strong> Eltern ausrichten“, betont <strong>der</strong> Geburtshelfer.<br />
„Alle medizinischen Angebote eines<br />
Maximalversorgers – von konservativen und<br />
operativen Eingriffen, Biopsien bis hin zu Sonografie<br />
– bietet die Klinik an.<br />
Zum Lebenslauf:<br />
Professor Tchirikov wurde 1967 in Torschok<br />
(Russland) geboren und studierte in Kalinin<br />
und St. Petersburg Medizin. An <strong>der</strong> Russischen<br />
Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften wurde<br />
er 1995 promoviert. Über den Deutschen<br />
Akademischen Austauschdienst kam <strong>der</strong> Geburtshelfer<br />
1995 als Hospitant an die <strong>Universität</strong>sfrauenklinik<br />
Hamburg-Eppendorf und<br />
war dort von 1996 bis 2003 wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter. 2002 legte <strong>der</strong> Arzt seine<br />
Facharztprüfung für Geburtshilfe und Gynäkologie<br />
ab und habilitierte sich zwei Jahre<br />
später. Von 2004 bis 2006 wirkte er als Oberarzt<br />
in Hamburg und wechselte als leiten<strong>der</strong><br />
Oberarzt an die Klinik für Geburtshilfe nach<br />
Mainz. Zuvor hatte er die Schwerpunktbezeichnung<br />
„Spezielle Geburtshilfe und Pränatalmedizin“.<br />
In Mainz leitete er die Arbeitsgruppe<br />
„minimal-invasive fetale Chirurgie“.<br />
Der Arzt ist verheiratet und sechsfacher Vater.<br />
Kontakt<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik für Geburtshilfe<br />
Direktor Prof. Dr. Michael Tchirikov<br />
Tel.: (0345) 557-3250<br />
Fax: (0345) 557-2448<br />
michael.tchirikov@uk-halle.de<br />
| 30
M e l d u n g e n<br />
Meldungen<br />
Mehr Humangenetiker ausbilden<br />
»<br />
Mit dem Erbgut des Menschen beschäftigt<br />
sich Professor Dr. Katrin Hoffmann, die<br />
von <strong>der</strong> <strong>Medizinische</strong>n <strong>Fakultät</strong> <strong>der</strong> <strong>Martin</strong>-<br />
<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Halle</strong>-Wittenberg zur Direktorin<br />
des Instituts für Humangenetik ernannt<br />
worden ist. Sie trat damit die Nachfolge<br />
von Professor Dr. Ingo Hansmann an, <strong>der</strong> altersbedingt<br />
in den Ruhestand gegangen ist.<br />
Die Professorin arbeite bisher im Institut für<br />
Humangenetik <strong>der</strong> Charité Berlin und als Koordinatorin<br />
des medizinisch-genetischen Teils<br />
<strong>der</strong> Berliner Altersstudie (Forschungsgruppe<br />
Geriatrie <strong>der</strong> Charité und Max-Planck-Institut<br />
für Bildungsforschung).<br />
Zu ihrem Arbeitsbereich gehört unter an<strong>der</strong>em<br />
die genetische Beratung, beispielsweise<br />
von angehenden Eltern, die Diagnose von<br />
Erbkrankheiten sowie <strong>der</strong>en Aufklärung und<br />
Erforschung. Sie sieht dabei auch eine beson<strong>der</strong>e<br />
Verantwortung des Humangenetikers<br />
„In unserer Beratungstätigkeit wollen<br />
wir über die Erkrankungen aufklären, nicht<br />
aber die Betroffenen in eine bestimmte Richtung<br />
o<strong>der</strong> Entscheidung drängen.“ Die immer<br />
größer werdenden diagnostischen Möglichkeiten<br />
in <strong>der</strong> Humangenetik seien differenziert<br />
zu betrachten und anzuwenden. Angesichts<br />
<strong>der</strong> größer werdenden Bedeutung ihres<br />
Fachgebietes, auch in <strong>der</strong> frühzeitigen Erkennung<br />
von Krankheiten, <strong>der</strong> Benennung von<br />
Risikofaktoren o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vermeidung von unerwünschten<br />
Arzneimittelnebenwirkungen<br />
(„Personalisierte Medizin“) möchte sie die Ausbildung<br />
von Fachärzten für Humangenetik intensivieren.<br />
„Bundesweit gibt es hier ein Nachholbedarf.“<br />
Die diagnostischen Möglichkeiten sowie die<br />
Forschungskapazitäten beispielsweise auf den<br />
Gebieten <strong>der</strong> Zytogenetik und Molekulargenetik<br />
in ihrem Institut sollen – unter an<strong>der</strong>em<br />
durch neue Gerätschaften – ausgebaut werden.<br />
Mit dem „Next-Generation-Sequencing“<br />
wolle sie eine mo<strong>der</strong>ne Methode <strong>der</strong> Genom-<br />
Analyse in <strong>der</strong> interdisziplinären Grundlagenforschung<br />
an <strong>der</strong> <strong>Medizinische</strong>n <strong>Fakultät</strong><br />
etablieren. Mit vielen medizinischen,<br />
aber auch naturwissenschaftlichen Fachgebieten<br />
sehe sie Kooperationsmöglichkeiten.<br />
So möchte die Professorin ihre Arbeiten auf<br />
dem Gebiet des Alterns fortsetzen. „Wichtig<br />
ist mir zudem, mein großes Netz an internationalen<br />
Kooperationspartnern für meine Arbeit<br />
in <strong>Halle</strong> zu nutzen und den Studenten<br />
zugänglich zu machen.“<br />
Zum Lebenslauf:<br />
Die 41-Jährige wurde in Schlema (Sachsen)<br />
geboren und studierte an <strong>der</strong> <strong>Universität</strong><br />
Leipzig Medizin (1989-1995), dort promovierte<br />
sie auch 1997. Ihre Facharzt-Anerkennung<br />
für Humangenetik erhielt Professor<br />
Hoffmann 2008, ein Jahr darauf habilitierte<br />
sie. Die Facharztausbildung absolvierte die<br />
Ärztin an <strong>der</strong> Charité Berlin. An <strong>der</strong> Charité<br />
habilitierte sie sich und erlangte damit die<br />
Lehrbefugnis auf dem Gebiet <strong>der</strong> Humangenetik.<br />
Professor Hoffmann wurde mehrfach<br />
ausgezeichnet und ist als Gutachterin für<br />
verschiedene wissenschaftliche Zeitschriften<br />
tätig. Sie lebt in fester Partnerschaft und ist<br />
Mutter eines kleinen Sohnes.<br />
Kontakt:<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Institut für Humangenetik<br />
Direktorin Professor Dr. Katrin Hoffmann<br />
Tel.: (0345) 557-4292<br />
Fax: (0345) 557-4293<br />
katrin.hoffmann@medizin.uni-halle.de<br />
Hotline für Einweiser<br />
»<br />
Um einen schnellen Kontakt zu<br />
den verantwortlichen Oberärztinnen und<br />
Oberärzten Ihrer Patienten im <strong>Universität</strong>sklinikum<br />
<strong>Halle</strong> (Saale) herstellen zu<br />
können, schalten wir ab 6. Oktober <strong>2011</strong><br />
eine zentrale Hotline für Nie<strong>der</strong>gelassene<br />
und Einweiser.<br />
Unter <strong>der</strong> Telefonnummer<br />
(0345) 557-1122<br />
erreichen Sie rund um die Uhr an allen<br />
Tagen des Jahres eine Zentrale, die Sie direkt<br />
zu den gewünschten Oberärzten weiterleitet,<br />
damit kurzfristig Ihre Fragen<br />
und Anliegen beantwortet werden können.<br />
Wir würden uns freuen, wenn Sie rege<br />
von diesem Serviceangebot gebrauch machen<br />
würden.<br />
Ausgabe 2/11<br />
31 |
I m p r e s s u m<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Ernst-Grube-Str. 40<br />
06097 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
www.medizin.uni-halle.de<br />
medialog@medizin.uni-halle.de<br />
Redakteur:<br />
Pressesprecher Jens Müller<br />
Fotos:<br />
Daniel Gandyra (außer Grafik Seite 24: Firma DFine)<br />
Layout:<br />
konzeptundform, <strong>Halle</strong><br />
Alle Rechte liegen beim <strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale) bzw.<br />
den Autoren. Nachdruck nur mit Genehmigung.